Mehr Wohnraum ausserhalb der Bauzonen?
Der Ständerat nimmt einen neuen Anlauf, die Hürden für das Bauen ausserhalb von Bauzonen zu senken: Nicht mehr bewirtschaftete Stadel, Ställe und andere Landwirtschaftsgebäude sollen künftig einfacher in Wohnungen umgebaut werden dürfen. In der Schweiz gibt es Hunderttausende solcher Bauten.
Eine Motion mit dieser Forderung hat der Rat am Dienstag mit 28 zu 12 Stimmen bei 3 Enthaltungen gutgeheissen. Das Anliegen soll in die laufende Revision des Raumplanungsrechts einfliessen. Gemäss Motion müsste über die kantonalen Richtpläne, die vom Bundesrat genehmigt werden, eine gewisse Einheitlichkeit hergestellt werden. Auch darf es durch die Umnutzung nicht zu intensiveren oder störenden Nutzungen kommen.
Hintergrund des Vorstosses sind Standesinitiativen der Kantone Graubünden und Wallis. Diese verlangen, dass nicht mehr genutzte landwirtschaftliche Bauten ausserhalb der Bauzone massvoll zu Wohnungen umgenutzt werden dürfen. Dabei soll auf die unterschiedliche Situation in den einzelnen Kantonen Rücksicht genommen werden.
Heute sei die Umnutzung von Stadeln, Ställen oder Maiensässen in Wohnungen nur unter sehr eingeschränkten Bedingungen möglich, sagte Kommissionssprecher Werner Luginbühl (BDP/BE). Diese könnten nur auf wenige Bauten angewendet werden. Würde die Forderung der Standesinitiativen umgesetzt, dürften allein im Kanton Graubünden 20'000 Bauten umgenutzt werden. In der ganzen Schweiz wären es Hunderttausende. Das würde den Grundsatz der Trennung von Bau- und Nichtbaugebiet und den Zweitwohnungsartikel verletzen, betonte Luginbühl.
Bedrohtes Kulturgut
Die Kommission anerkenne aber, dass es sich bei Stadeln, Ställen und Maiensässen um Kulturgut handle, das zu verschwinden drohe, wenn es nicht anderweitig genutzt werden könne. Daher sollen die Kantone eine Umnutzung zulassen können, sofern eine solche in ihrer Planung vorgesehen ist. Laut Luginbühl müssten darin Perimeter und Ziele festgelegt werden. Die Grundsätze der Raumplanung und der Zweitwohnungsartikel müssten gewährleistet werden. Entscheidend sei, dass die Motion nicht weiter zur Zersiedlung beitrage, sagte Beat Rieder (CVP/VS). Doch es müsse wieder den Kantonen überlassen werden, welche Umnutzungen sie zulassen wollten. "Ich bin überzeugt, dass die Kantone mit Vernunft schützen, was es zu schützen gibt", sagte Rieder. Seiner Meinung nach würde damit auch der Verfassungsauftrag verwirklicht, dass der Bund nur die Grundsätze der Raumplanung festlegt.
Vorschläge auf dem Tisch
Raumplanungsministerin Doris Leuthard erinnerte daran, dass auch der Bundesrat den Spielraum für das Bauen ausserhalb der Bauzone erweitern möchte. Die Regierung schlägt ebenfalls vor, dass die Ausnahmen im Richtplan vorgesehen sein müssen. Zusätzlich soll die zonenwidrige Nutzung anderweitig kompensiert werden, indem zum Beispiel eine nicht mehr genutzte Baute entfernt wird. Diese Vorschläge hat der Bundesrat im Juni in die Vernehmlassung geschickt. Angesichts der laufenden Arbeiten hatte der Bundesrat die Motion zur Ablehnung empfohlen. Der Ständerat hiess diese trotzdem gut. Die Standesinitiativen lehnte er stillschweigend ab. Die Vorstösse gehen nun an den Nationalrat. (sda)
Weiterer Artikel zum Thema: