12:42 BAUBRANCHE

Marktpreise für Strom liegen weiter über jenen vor der Energiekrise

Teaserbild-Quelle: DeSa81, Pixabay-Lizenz

Auch wenn die Marktpreise im Vergleich zu den Höchstständen der Jahre 2022 und 2023 deutlich gesunken sind, bleiben die Strompreise überraschend teuer: Sie liegen weiterhin über dem Niveau von vor Beginn des Ukraine-Krieges. Einen grossen Einfluss haben die Gaspreise.

Die Grosshandelspreise für Strom seien derzeit erstaunlich hoch, erklärt ZKB-Analyst Armin Rechberger gegenüber Nachrichtenagentur AWP. Dies trotz laufender Atomkraftwerke in Frankreich und ergiebiger Niederschläge. Zudem sei die Stromnachfrage eigentlich weniger stark angestiegen als erwartet, wegen geringerer Nachfrage nach Elektrofahrzeugen und einem nur moderaten Anstieg des Verbrauchs durch neue Wärmepumpen. Die Preise für eine Stromlieferung im Folgejahr (Jahreskontrakt) bewegten sich an den europäischen Strommärkten im laufenden Jahr bisher in einer Spanne von 68 bis 100 Euro, zuletzt wurden 90,70 Euro bezahlt. Zu Beginn des Jahres 2021 - respektive vor der Krise - waren es noch Preise um die 50 Euro die Megawattstunde. Allerdings bezahlten Stromabnehmer im Rekordhoch während der Energiekrise im August 2022 bis zu 1000 Euro die Megawattstunde. 2023 sah der Markt dann Preise bis zu 200 Euro.

Gas prägt den Strompreis…

Haupttreiber für den europäischen Strompreis ist der Gaspreis. Müssen Gaskraftwerke laufen, um den Strombedarf zu decken, steigen die Strompreise entsprechend den Gaspreisen an, weil die Gaskraftwerksbetreiber ihre Kosten decken müssen. Laut BKW hatten die Strommärkte Italien und Frankreich schon immer eine enge Bindung zum Gaspreis. Mit dem Ausstieg aus der Kernenergie und dem fortschreitenden Ausstieg aus der Kohlekraft habe sich jedoch auch die Korrelation für den deutschen Markt weiter verstärkt, heisst es bei dem Stromanbieter. Während der Energiekrise sei Frankreich der «Panikmarkt» gewesen und habe höhere Marktpreise als Deutschland, die Schweiz und Italien gesehen. Mittlerweile sind die französischen Preise laut dem Berner Stromversorger wegen der hohen Verfügbarkeit der Atomkraftwerke wieder tiefer, wobei sich auch die Schweiz zunehmend an Frankreich orientiere.

Der Benchmark-Kontrakt für Gas, der Frontmonat, steht aktuell bei rund 32 Euro die Megawattstunde. Im Hoch im August 2022 kostete eine Megawattstunde das Zehnfache, Anfang 2021 - vor der Krise - mit rund 16 Euro allerding nur halb so viel.

… und auch das Wetter wirkt sich aus

Angesichts zahlreicher Einflussfaktoren ist eine Prognose für die weitere Entwicklung der Preise schwierig. In den nächsten Monaten spielt die globale Wetterlage eine wichtige Rolle, wie Andy Sommer von Axpo erklärt. «Sorgt die Sturmsaison im Atlantik für LNG-Lieferschwierigkeiten?» Oder: «Wie kalt wird der Winter 2024/25 in Europa und in Asien?» LNG steht für «liquefied natural gas», respektive Flüssigerdgas auf Englisch. In diesem Fall aus Amerika.

Auch die künftigen russischen Gaslieferungen durch die Ukraine seien entscheidend für die europäische Versorgungslage. «Da die Aussicht besteht, dass die verbleibenden russischen Gastransporte durch die Ukraine nach Europa spätestens Ende dieses Jahres auslaufen, wird Europa noch stärker auf LNG angewiesen sein, um den Markt für den kommenden Winter auszugleichen», heisst es bei der Alpiq.

Neue LNG-Terminals in den USA und Katar

International sollten sich die Gasmärkte jedoch entspannen, wenn ab kommendem Jahr neue LNG-Terminals in den USA und Katar in Betrieb gehen, so Axpo-Experte Sommer. Darüber hinaus dürfte das Wachstum erneuerbarer Stromerzeugungsquellen in Europa anhalten. - Allerdings sollte die Stromnachfrage mittelfristig ansteigen mit einer weiteren Elektrifizierung vieler Industriesektoren. Zudem gibt es noch einen weiteren wichtigen Faktor, der den Strom verteuern kann: der Preis für CO2-Emmissionen.

Über das EU-Emissionshandelssystem werden CO2-Zertifikate ausgegeben und gehandelt. Das Angebot wird sich politisch gewollt immer weiter verknappen. Damit und wegen einer allmählichen Inklusion des Schifffahrtsektors und einem stärkeren Augenmerk auf industrielle Emittenten dürften die Kosten für CO2-Emissionszertifikate in den nächsten Jahren zulegen, sagt Sommer. (Young-Sim Song, AWP)

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