Luzern reicht gegen Soldatenstube-Bewohner Strafanzeige ein
Eigentlich hätte die Gruppe "Familie Eichwäldli" heute Donnerstag die Soldatenstube räumen müssen. Sie hat aber die letzte, von der Stadt Luzern gesetzte Frist verstreichen lassen. Nun hat die Stadt gegen die Bewohner Strafanzeige eingereicht.
Die Gruppe wohnt seit 2018 in der 1935 erbauten
Soldatenstube am Murmattweg. Die Stadt will das Haus abreissen, weil es in
baulich schlechtem Zustand sei. Sie hat sich daher entschlossen, einen auf zwei
Jahre befristeten Gebrauchsleihvertrag mit der Gruppe nicht mehr zu verlängern.
Den Schlüssel zum Gebäude hätten die Bewohnerinnen und
Bewohner ursprünglich bereits am Montag zurückgeben sollen. Die Stadt gab ihnen
drei weitere Tage Zeit und stellte ein letztes Ultimatum. Sie würden sich aber
weiterhin weigern, das Haus zu verlassen, teilte die Stadt am Donnerstag mit.
Deshalb habe man wie angekündigt bei der Staatsanwaltschaft
des Kantons Luzern eine Strafanzeige gegen die Gruppe eingereicht. Die Stadt,
die 150'000 Franken für Sicherungs- und Messungsmassnahmen investiert hatte,
betonte, es wären weitere Sofortmassnahmen am Bau nötig. Daher komme auch ein
befristeter Erhalt der Soldatenstube nicht in Frage.
Familie Eichwäldli wehrt sich gegen Abbruch
Die Bewohnerinnen und Bewohner wehren sich gegen einen drohenden
Abriss. Sie hatten zuletzt eine Neubeurteilung des Gebäudes gefordert und
angeboten, sämtliche Kosten zu übernehmen, die durch Messungen und
Sofortmassnahmen anfallen. Der Stadtrat war darauf aber nicht eingegangen.
In der Folge veröffentlichte die Gruppe Stellungnahmen von
Experten bezüglich Zustand, Statik und Erhaltungswürdigkeit der Liegenschaft,
die vom bekannten Luzerner Architekten Armin Meili geplant worden war. Zuletzt
legte sie gestützt auf ein Bundesgerichtsurteil auch juristische Einschätzungen
vor, wonach die Stadt gar keine Strafanzeige wegen Hausfriedensbruchs
einreichen könne.
Vielmehr müsste sie ihre Interessen auf dem Zivilweg
verfolgen mit einer gerichtlichen Ausweisung. Dabei müsste aber auch geprüft
werden, ob die Kündigung gültig sei. Diese habe die Gruppe überdies bei der
Schlichtungsbehörde angefochten. Falls sie gültig wäre, ersuche man um eine
Erstreckung aufgrund eines Härtefalles.
Knappe Mehrheit der Parlamentarier wollte Rückbau überprüfen
Die erste Frist für den Auszug war auf Ende Januar gesetzt.
Weil es in der Sache aber Vorstösse im Stadtparlament gab, verschob der
Stadtrat diese auf letzten Montag. Obwohl eine knappe Mehrheit der
Parlamentarier die Stadtregierung beauftragte, den Abriss zu überprüfen, hielt
der Stadtrat schliesslich daran fest. Auch im Quartier stiess das Vorgehen der
Stadt auf Kritik. Ein Abbruch käme einer Vernichtung von Volksvermögen gleich,
hiess es. Ende Januar demonstrierten mehrere hundert Personen gegen den Abriss.
In der Stadt Luzern hatten in der Vergangenheit besonders die Besetzungen zweier privater Villen an der Obergrundstrasse für Schlagzeilen gesorgt. 2018 hatte sich zudem eine Gruppe in der städtischen Remise Auf Musegg breitgemacht. Nach Verhandlungen mit der Stadt zog diese freiwillig aus und durfte sich im Gegenzug im ehemaligen Stellwerk der Zentralbahn an der Horwerstrasse in Luzern einrichten. (sda/mai)