Lohnrunde: Sozialpartner im Bau stehen vor schwierigen GAV-Verhandlungen
Nach der ersten Verhandlungsrunde über einen neuen Gesamtarbeitsvertrag (GAV) im Bauhauptgewerbe haben die Sozialpartner am Dienstag ihre Forderungen präsentiert. Gewerkschaften und Baumeister berufen sich dabei auf je eigene Umfragen.
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Bauarbeiter, Symbolbild.
Der aktuelle Landesmantelvertrag (LMV) im Bauhauptgewerbe
läuft Ende 2022 aus. Am gestrigen Montag hat die erste Verhandlungsrunde über
den neuen Gesamtarbeitsvertrag (GAV) stattgefunden. Bis November haben die
Sozialpartner sieben LMV-Verhandlungsrunden vereinbart.
Bauarbeiter fordern besseren Schutz und kürzere Arbeitstage
Die Gewerkschaften Syna und Unia forderten am Dienstag an
einer Medienkonferenz in Bern «mehr Schutz für die Gesundheit der Bauarbeiter
und ein Ende des Stundenklaus». Über 17'500 Bauarbeiter hätten sich im Herbst
in einer Abstimmung für entsprechende Forderungen ausgesprochen.
Als Hauptforderungen der Bauarbeiter werden ein besserer
Schutz bei Schlechtwetter, kürzere Arbeitstage, bezahlte Pausen und mehr Ferien
genannt. Dem steigenden Termin- und Zeitdruck müsse zudem entgegengewirkt
werden. Um zu verhindern, dass immer mehr ältere Bauarbeiter einfach auf die
Strasse gestellt würden, brauche es für diese einen besseren
Kündigungsschutz.
Ausserdem fordern die Bauarbeiter, dass die Reisezeit vom Betrieb
zur Baustelle in Zukunft gänzlich bezahlt sein soll. Und um die
Hygiene-Situation auf Baustellen zu verbessern, müssten mehr Toiletten
aufgestellt und diese regelmässig gereinigt werden.
Dringender Handlungsbedarf bei Fachkräftemangel
Die Arbeitgeber müssten in der markant guten Konjunkturlage
in eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen investieren, stellte Johann
Tscherrig, Branchenverantwortlicher Bau der Gewerkschaft Syna, laut
Medienmitteilung fest. Aber die Bauarbeiter spürten von den guten
konjunkturellen Aussichten nicht viel. Im Gegenteil: Mit dem Bauboom steige der
Personalmangel und der schon bestehende Fachkräftemangel werde sich kurzfristig
noch akzentuieren.
Auch angesichts des Fachkräftemangels bestehe dringender
Handelsbedarf, die Arbeitsbedingungen attraktiver zu machen. Die Zahl der
Lehrlinge habe sich in den letzten zehn Jahren faktisch halbiert. Jeder zweite
Bauarbeiter steige über kurz oder lang aus dem Beruf aus und wechsle die
Branche. Und, wenn in den kommenden Jahren die Babyboomer-Generation ins
Pensionsalter komme, müsse rund jede zweite Polier-Stelle neu besetzt
werden.
Die Bauarbeiter könnten und würden keine Verschlechterungen
im Vertrag akzeptieren, stellte Nico Lutz, Leiter Sektor Bau bei der
Gewerkschaft Unia, fest. Es handle sich um berechtigte Forderungen und die
Bauarbeiter seien bereit für einen besseren Vertrag zu kämpfen.
Baumeister verweisen auf eigene Umfrage
Der Schweizerische Baumeisterverband (SBV) teilte am
Dienstag seinerseits mit, man nehme die Forderungen der Gewerkschaften zur
Kenntnis, ohne sie im Detail öffentlich kommentieren zu wollen.
Bei einer schweizweiten Befragung von Polieren im Herbst 2021 hätten drei von fünf erklärt, dass sie
ihren Berufsalltag gerne zeitlich flexibler gestalten wollten. Abhilfe könnte
laut SBV ein Jahresarbeitszeitkonto schaffen. «Wer im Sommer mehr arbeitet,
kann im Winter die Zeit kompensieren und auf eine Reise oder die Skipiste
gehen», schreibt der SBV.
Die Baumeister sehen sich durch die Umfrage bei den Polieren
auch darin bestätigt, dass im Bauhauptgewerbe gute Löhne bezahlt
werden. 68 Prozent der Poliere seien mit ihrem Lohn zufrieden bis sehr
zufrieden. Poliere übernehmen allerdings als Vorgesetzte von Bauarbeitern Fach-
und Führungsaufgaben auf Baustellen.
92 Prozent der befragten Poliere beklagten den Zeitdruck auf dem Bau. Laut dem SBV sind unrealistische Zeitvorgaben bei öffentlichen Ausschreibungen der Grund dafür. (sda/pb)