Lohndumping: Baufirmen sind vorsichtig geworden
Seit der Einführung der Solidarhaftung vor fünf Jahren prüfen Bauunternehmen vermehrt, ob bei ihren Subunternehmern die Lohn- und Arbeitsbedingungen eingehalten werden. In seinem Bericht kommt der Bundesrat zum Schluss, dass die Regelung eine präventive Wirkung entfaltet. Der Schweizerische Baumeisterverband lehnt daher weitere Regulierungen ab.
Die Solidarhaftung gehört zu den flankierenden Massnahmen der Personenfreizügigkeit mit der EU. Für das Baugewerbe wurde die Regelung 2012 verschärft und trat 2013 in Kraft. Seither können Erstunternehmer zivilrechtlich haftbar gemacht werden, wenn ein Subunternehmer innerhalb einer Vergabekette die in der Schweiz geltenden minimalen Lohn- und Arbeitsbedingungen nicht einhält. Von der Haftung befreien kann sich ein Unternehmen, wenn es sich bei der Vergabe von Arbeiten vom Subunternehmen glaubhaft darlegen lässt, dass dieses die Bedingungen einhält.
Der Bundesrat zieht nach fünf Jahren eine positive Bilanz. Zwar wurden noch keine Gerichtsurteile gefällt, die zu einer Haftung des Erstunternehmers führten, aber gemäss dem Bericht entfaltet die verschärfte Regelung eine präventive Wirkung: Erstunternehmer sind bei der Auswahl von Subunternehmern vorsichtiger geworden. 87 Prozent überprüfen die Einhaltung der Lohn- und Arbeitsbedingungen.
Kritiker der verstärkten Haftung äusserten in der parlamentarischen Beratung die Befürchtung, dass sich die erhöhte Sorgfaltsflicht negativ auf die Baubranche auswirken könnte, namentlich beim administrativen Aufwand. Gemäss einer repräsentativen Umfrage bei Bauunternehmern veränderte sich der Aufwand bei 42 Prozent nicht. 29 Prozent verzeichneten eher eine Zunahme und 19 Prozent eine deutliche Zunahme. Dabei waren es vor allem die grossen Unternehmen, die eine Zunahme des administrativen Aufwands feststellten.
Der Bericht kommt zum Schluss, dass die Ziele erreicht wurden, weshalb der Bundesrat dem Parlament die Weiterführung der Solidarhaftung vorschlägt.
SBV will keine weiteren Regulierungen
In einer Mitteilung nimmt der Schweizerische Baumeisterverband (SBV) zum Bericht Stellung. Darin heisst es: «Die Schweizer Lohn- und Arbeitsvorschriften müssen eingehalten werden. Das ist sehr wichtig.» Doch dazu brauche es keine staatliche Regulierung, sondern eine «effiziente Kontrolle, wie sie auf sozialpartnerschaftlicher Ebene» stattfinde. Mit dem Projekt «Informationssystem Allianz Bau» (ISAB) und dem Badge auf der Baustelle investiere die Baubranche in die wirkungsvolle Verbesserung der Kontrollen. Der SBV ist der Meinung, dass staatliche Regulierungen ab- statt aufgebaut werden müssen. Damit zielt er laut Mitteilung insbesondere auf eine kürzlich von SP-Nationalrat Carlo Sommaruga eingereichte Parlamentarische Initiative ab, die die bestehende Regelung umgestalten will. Neu sollen Arbeitnehmer von Subunternehmen den Erstunternehmer direkt haftbar machen können, wenn ihr Arbeitgeber die Lohn- und Arbeitsbedingungen nicht vollumfänglich eingehalten hat. «Ein solch beispielloses allumfassendes Haftungsmodell wäre ein massiver Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit und würde heute funktionierende Kontrollen untergraben», moniert der Verband. (sda/mt)