Konjunktur und Corona-Pandemie: Sonder- und Nachholeffekte im Bauhauptgewerbe
Mit 6.4 Milliarden Franken erwirtschafteten die Baumeister im dritten Quartal aussergewöhnlich viel Umsatz. Dies zeigen aktuelle Zahlen des Schweizerischen Baumeisterverbandes (SBV). Die Ursache hierfür liegt laut SBV in Nachholeffekten aus dem Corona-Jahr, die zu einem hohen Arbeitsvorrat zu Jahresbeginn geführt hatten. Zudem sind seit Jahresbeginn 6500 Arbeitsplätze geschaffen worden. Frühindikatoren deuten darauf hin, dass sich die Situation im nächsten Jahr wieder normalisieren dürfte.
Das dritte Quartal sei das umsatzstärkste Quartal seit mindestens drei Jahrzehnten gewesen, schreibt der SBV in seiner Medienmitteilung. Er führt einen Teil des Umsatzwachstums auf höhere Baupreise statt einer gesteigerten Produktion zurück. So haben gemäss den Erhebungen des Verbandes alle fünf Sparten – vom Wohnungsbau bis hin zum öffentlichen Tiefbau – einen positiven Wachstumsbeitrag geleistet. Die Beschäftigung ist auf rund 91 500 Festangestellte per Ende September 2021 gestiegen, der höchste Wert seit beinahe 20 Jahren.
Was auf dem Papier wie eine Boom-Phase aussehe, müsse aber wegen starker Sonder- und Nachholeffekte relativiert werden, schränkt der SBV in seiner Medienmitteilung ein und verweist darauf, dass das Bauhauptgewerbe anderthalb schwache Jahre hinter sich hat, die von der Corona-Pandemie und massiven Preissteigerungen beim Baumaterial geprägt gewesen sind.
Können die Baumeister ihre ambitionierten Pläne umsetzen, dürfte sie auch im Schlussquartal einen beachtlichen Umsatz erwirtschaften: Der Bauindex, das Prognoseinstrument der Credit Suisse und des SBV, sagt eine Bautätigkeit von rund 6 Milliarden Franken für das letzte Vierteljahr voraus. Damit könnte der Umsatz dieses Jahr wieder an das Niveau von 2019 – das bisherige Rekordjahr – heranreichen, und es gemäss SBV gar überschreiten.
Bauaktivität mittelfristig auf tieferem Niveau
Der Schweizerische Baumeisterverband betrachtet die derzeitige Erholung als eine vorübergehende Erscheinung, die von den Sonder- und Nachholeffekten der Corona-Pandemie ausgelöst worden ist. Damit dürfte sich die Bauaktivität mittelfristig wieder auf einem tieferen Niveau einpendeln.
Zunächst war der Auftragseingang im 2020 wegen der Corona-Krise stark rückläufig. Dann kam es vor allem zu Beginn des ersten Quartals 2021 zu einem starken Aufholeffekt: Es wurden rekordmässige 7.2 Milliarden Franken an neuen Aufträgen gesprochen. Anschliessend liess die Dynamik wieder deutlich nach: Wurden im zweiten Quartal noch 5.8 Milliarden Franken an Aufträgen erteilt, waren es nun noch 5.3 Milliarden Franken. Der Arbeitsvorrat werde emsig abgearbeitet, von 17 Milliarden Franken Ende März dieses Jahres auf 15.4 Milliarden Franken Ende September, schreibt der SBV in seiner Medienmitteilung.
Anzahl und Volumen neuer Baugesuche Höhepunkt überschritten?
Mit der prognostizierten Bautätigkeit im Schlussquartal
dürfte der Arbeitsvorrat noch weiter sinken. Damit könnten Anzahl und Volumen
neuer Baugesuche bereits ihren Zenit wieder überschritten haben; Die
öffentlichen Ausschreibungen und Zuschläge verlieren ebenfalls an Dynamik. Aus
diesen Gründen sei es nicht garantiert, dass die derzeit hohe Beschäftigung
auch dauerhaft gehalten werden könne, heisst es weiter. Üblicherweise erreiche
die Beschäftigung im Bauhauptgewerbe Ende September ihren Höhepunkt im Jahr,
danach sinke sie um mehrere Prozent aufgrund der Winterwitterung.
Beim SBV
erachtet man es als eher unwahrscheinlich, dass die Beschäftigung im nächsten
Jahr wieder so stark ansteigt wie 2019 oder 2021. (mai/mgt)