08:22 BAUBRANCHE

Kolumne zum Donnerstag: Zu viele Eigentore in heikler Situation

Geschrieben von: Nico Lutz
Teaserbild-Quelle: libertyslens, Flickr, CC

In der Kolumne zum Donnerstag berichten Exponenten der Branche über das, was sie bewegt. Heute beschäftigt sich Nico Lutz, Sektorleiter Bau bei der Gewerkschaft Unia, mit den aktuellen Lohnverhandlungen.

Schreibmaschine Kolumne Symbolbild

Quelle: libertyslens, Flickr, CC

Schreibmaschine, Schmuckbild.

Die Bauarbeiter hatten in den vergangenen Monaten keinen einfachen Job. Die meisten von ihnen haben trotz Covid-Krise unter schwierigen Bedingungen weitergearbeitet. Wo es nicht mehr ging, haben sie die Arbeit vorübergehend eingestellt. Und seit Juli läuft auf fast allen Baustellen der Betrieb wieder unter Hochdruck. Mehr noch: Die Bauarbeiter leisten zigtausende Überstunden, um die Rückstände aufzuholen.

Die Bauwirtschaft leistet einen wichtigen Beitrag, dass die Konjunktur in der Schweiz nicht einbricht. Doch für die Zukunft gibt es verschiedene Risiken. Die Exportwirtschaft hat eine unsichere Perspektive. Die Hotellerie, die Gastronomie und der gesamte Kulturbereich leiden nach wie vor stark. Wenn nun auch die Bauwirtschaft und in der Folge das Ausbaugewerbe tauchen, dann laufen wir definitiv in eine Rezession. Die langfristigen Kosten wären enorm.

Ein nicht unerhebliches Risiko geht von der öffentlichen Hand aus. Noch sind die Auftragsbücher der Baufirmen voll. Grosse Infrastrukturvorhaben – Bahn, Strasse, öffentliche Bauten – sind geplant. Wenn aber die Gemeinden, die Kantone, der Bund oder die SBB die einmaligen und ausserordentlichen Ausgaben während der Covid-Krise nun zum Anlass nehmen, Investitionen zu kappen und geplante Bauvorhaben aufzuschieben, dann könnten sie die Schweizer Volkswirtschaft voll gegen die Wand fahren. Es ist zu hoffen, dass die öffentliche Hand sich dieser Verantwortung bewusst ist und eine Strategie findet, um trotz Schuldenbremsen die notwendigen geplanten Investitionen zu tätigen.

Ein grosses Risiko geht aber vom Baumeisterverband selbst aus. In der ersten Runde der aktuellen Lohnverhandlungen forderten die Arbeitgeber eine Nullrunde. Die Gewerkschaften forderten eine Lohnerhöhung für alle: Weil die Bauarbeiter einen Riesenjob gemacht haben, es der Bauwirtschaft vergleichsweise gut geht und die Konjunktur durch Lohnerhöhungen in Branchen gestützt wird, die es sich leisten können. In der zweiten Verhandlungsrunde haben die Gewerkschaften ihre Forderung auf 60 Franken gesenkt – dies, um eine Lösung zu ermöglichen.

Und was war die Antwort des Baumeisterverbands? Die Löhne der Bauarbeiter müssten flächendeckend gesenkt werden! Eine solche Verhandlungsposition ist schwerlich ernst zu nehmen. Zudem ist die dreiste Forderung aus drei Gründen unverantwortlich. Erstens ist es ein Affront gegenüber den hart arbeitenden Bauarbeitern. Während der Covid-Krise werden sie von den Verantwortlichen des Baumeisterverbands beklatscht und gelobt, weil sie unter schwierigen Rahmenbedingungen weiterarbeiten – um dann zum Dank mit einer Lohnsenkung abgestraft zu werden.

Zweitens führen Lohnsenkungen direkt in eine Rezession. Und drittens untergräbt der Baumeisterverband mit seiner Haltung sämtliche Bestrebungen, mehr junge Menschen für die spannenden Bauberufe zu motivieren. In der Summe gleich drei krasse Eigentore des Baumeisterverbands!

Geschrieben von

Sektorleiter Bau bei der Gewerkschaft Unia.

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