KOF-Baublatt-Ausblick: Kehrtwende im Bausektor bei Preiserwartungen
Aufgrund der kürzlich erteilten Baubewilligungen prognostiziert der KOF-Baublatt-Ausblick eine moderate Zunahme der nominalen Bauinvestitionen in allen vier Quartalen des Jahres 2023. Zudem deutet die Entwicklung der Preiserwartungen im Bausektor darauf hin, dass der Aufwärtsdruck in den Baupreisen aktuell leicht nachlässt.
Quelle: zvg
Nachdem sich seit Mitte letzten Jahres die Preise vieler Rohstoffe und Baumaterialien in Richtung Normalisierung entwickelt haben, wird für Baufirmen der Arbeitskräftemangel zum Leistungshemmnis.
Im vierten Quartal 2023 haben die nominalen Bauinvestitionen in der Schweiz um 2,8 Prozent gegenüber dem Vorquartal zugelegt. Das zeigt die jüngste Veröffentlichung des Staatssekretariats für Wirtschaft Seco. Die Quartalsumme der Bauinvestitionen (2022-Q4: 16,96 Milliarden Franken) liegt somit wieder deutlich über dem Niveau der Investitionen, die im ersten Quartal 2020 vor dem Ausbruch der Pandemie, getätigt wurden.
In der Summe der vier Quartale 2022 haben sich die nominalen Bauinvestitionen somit um 2,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr erhöht. Zieht man auch die Baupreisteuerung der jüngsten Vergangenheit in Betracht, verlieren die Bauinvestitionen als reale Grösse – die getätigten Investitionen bereinigt um diesen Preiseffekt – gemäss Seco jedoch zusehend an Dynamik.
Der aktuelle KOF-Baublatt-Ausblick schätzt auf Basis der vom Baublatt erhobenen Baubewilligungsdaten, dass sich die nominalen Bauinvestitionen im ersten Quartal dieses Jahres gegenüber dem vierten Quartal 2022 weiter erhöht haben (2023-Q1: 1,5%). Der vorliegende Ausblick prognostiziert zudem eine moderate Ausdehnung der nominalen Bauinvestitionen für die verbleibenden drei Quartale in diesem Jahr: Im zweiten und dritten Quartal 2023 dürften die Bauinvestitionen je 0,9 Prozent und im vierten Quartal 0,5 Prozent zunehmen (jeweils gegenüber dem Vorquartal und saisonbereinigt).
Quelle: Baublatt / KOF / Seco
Ertragslage verbessert sich
Die April-Ergebnisse der KOF Konjunkturumfragen untermauern das Bild einer günstigen Geschäftslage im Bausektor, von der seit Monaten immer mehr Bauunternehmen berichten. Deren Einschätzung hinsichtlich der Entwicklung der Bautätigkeit und der Ertragslage in der jüngsten Vergangenheit hat sich ebenfalls aufgehellt. Die Einschätzung der Ertragslageentwicklung wurde kürzlich nach oben revidiert, sodass der Saldo nun erstmals seit 2011 wieder über null liegt. Das bedeutet, dass in den vergangenen drei Monaten mehr Firmen eine Verbesserung ihrer Ertragslage verbuchten als eine Verschlechterung.
16 Prozent der Bauunternehmen von einer positiven Entwicklung der Ertragslage, 71 Prozent von einer gleichbleibenden und knapp 14 Prozent von einer Verschlechterung. Im Vergleich zu vorangehenden Monaten haben sich hingegen weder die Nachfrage noch die Auftragsbestände erhöht. Der Ausblick der Unternehmen für die bevorstehenden Monate verändert sich in den letzten Monaten nur minim. Ihre Erwartungen für die Entwicklung der Geschäftslage, Bautätigkeit, Nachfrage und Ertragslage in den kommenden Monaten sind ausgeglichen: Jeweils ungefähr gleich viele Firmen erwarten eine Verbesserung wie eine Verschlechterung.
Seit Frühjahr 2021 häufen sich in ungewohntem Masse Berichte von Baufirmen über die mangelnde Verfügbarkeit von Arbeitskräften. Der Anteil der Firmen, die den Arbeitskräftemangel als Leistungshemmnis beklagen, vergrösserte sich stetig und ist mittlerweile weitaus höher als der Anteil, der vor dem Ausbruch der Krise beobachtet wurde (März 2020: 30% der Firmen). Seit Anfang Jahr scheint sich die Lage zumindest nicht noch mehr zuzuspitzen. Jeweils 57 Prozent der Firmen melden in den ersten vier Monaten 2023, dass der Mangel an Arbeitskräften ein Leistungshemmnis für sie darstellt.
Jahre hoher Preise bei Materialien
Der KOF-Baublatt-Ausblick bezieht sich auf die nominalen Bauinvestitionen. Somit muss die Preisentwicklung mitberücksichtigt werden, um das damit verbundene reale Bauvolumen abschätzen zu können. In der Grafik «Baupreise» ist daher die vom Bundesamt für Statistik (BfS) halbjährlich erhobene Preisentwicklung für das Baugewerbe im Vergleich zum Vorjahr sowie der von der KOF im Rahmen ihrer regelmässigen Konjunkturumfrage in der Bauwirtschaft erhobene Saldo der Preiserwartungen für das laufende Quartal abgetragen. Mithilfe dieser Zusatzinformationen lässt sich das zu erwartende Bauinvestitionsvolumen ableiten.
Quelle: Baublatt / KOF / Seco
Im Zuge der Krisen und der globalen Preissteigerungen bei Rohstoffen, Energieträgern, Vorprodukten und (Bau-)Materialien wie Stahl, Kunststoffe und Holz kam es ab Mitte 2021 auch in der Schweiz zu kräftigen Preisanstiegen im Bausektor. Die vom BfS Baupreisindex erhobenen Preise für Bauleistungen erhöhten sich im zweiten Halbjahr 2021 (Oktober 2021 bis April 2022) um 2,7 Prozent, im ersten Halbjahr 2022 um 4,9 Prozent und im zweiten Halbjahr 2022 um weitere 3,2 Prozent. Diese Teuerungsrate bewegte sich in den Jahren davor im Bereich um null Prozent.
Weniger Firmen sehen Preisanstieg
Seit Mitte des vergangenen Jahres normalisieren sich die Preise vieler Rohstoffe und Baumaterialien wieder. Zudem stellt sich erstmals seit Frühjahr 2020, nach einem kurzlebigen Tauchgang bei Ausbruch der Krise, eine Abkühlung bei den Preiserwartungen der Bauunternehmen ein. Gemäss den Ergebnissen der KOF Konjunkturumfragen stieg der Saldo der erwarteten Preisänderungen bis Anfang 2023 schnell und ungebrochen an.
Seither stellt sich nun eine Kehrtwende ein und die Zahl der Firmen, die in den nächsten drei Monaten mit einer Erhöhung ihrer Preise rechnen, sinkt wieder deutlich. Stattdessen verschieben sich die Erwartungen hin zu einer Stabilisierung der Preise. Bislang sind es jedoch noch immer mehr Firmen, die erwarten, dass die Preise in den nächsten drei Monaten steigen werden (18%) als Firmen, die erwarten, dass sie sinken werden (9%). Sollten die Baupreise im betrachteten Prognosezeitraum insgesamt weiter ansteigen, werden die realen Bauinvestitionen unter den hier dargestellten nominalen Werten des KOF-Baublatt-Ausblicks liegen. (KOF)
Hintergrund Methode
Die meisten Bauvorhaben hängen von einer staatlichen Bewilligung ab. Deshalb nutzt die KOF für den vorliegenden Ausblick Informationen über Baugesuche und -bewilligungen, die das Baublatt erhoben hat. Die angewendete Analysemethode erlaubt eine Voraussage über die zu erwartenden nominalen Bauinvestitionen der nächsten vier Quartale.
Der KOF-Baublatt-Ausblick bezieht sich auf die nominalen Bauinvestitionen, da im Baubewilligungsverfahren alle Angaben zu den geplanten Baukosten zu laufenden Preisen erfolgen. Alle Niveauangaben werden saisonbereinigt. (KOF)
www.kof.ethz.ch/prognosen-indikatoren/indikatoren/kof-baublatt-ausblick.html