Kantonale Abstimmungen: Nein zu Wil West, Ja zu Psychiatrie-Neubau in Sarnen
Am Wochenende wurde auf Kantonsebene über baurelevante Vorlagen abgestimmt: Appenzell AR erhält ein neues Energiegesetz, Obwalden sagte Ja zu einem Psychiatrie-Neubau und in St. Gallen wurde der Kredit für die Arealentwicklung Wil West abgelehnt.
Quelle: LID, Jonas Ingold, flickr CC BY-SA 2.0
Die Teilrevision des neuen Energiegesetzes war im Ausserrhoder Kantonsrat unbestritten. Im Bild: Haus im Kanton Appenzell Ausserrhoden.
Appenzell Ausserrhoden: Kanton erhält neues Energiegesetz
Appenzell Ausserrhoden erhält ein fortschrittliches Energiegesetz. Das Stimmvolk hat der Vorlage klar zugestimmt. Zur Abstimmung war es gekommen, weil der Ostschweizer Regionalverband der Brennstoffhändler das Referendum gegen das Gesetz ergriffen hatte.
12'407 Stimmberechtigte waren für das neue Energiegesetz, 7854 stimmten dagegen. Die Stimmbeteiligung betrug 54,8 Prozent. Das vorliegende Gesetz geht in vielen Punkten weiter, als der Regierungsrat ursprünglich geplant hatte. Bei einem Heizungsersatz muss künftig ein Mindestanteil von 20 Prozent an erneuerbaren Energien zum Einsatz kommen.
Der Ausserrhoder Kantonsrat verabschiedete die Teilrevision des Energiegesetzes an seiner Sitzung vom 28. März 2022 mit 58 zu 2 Stimmen fast einstimmig. Auch in der Volksdiskussion fand es eine überwältigende Zustimmung.
Der Ostschweizer Regionalverband der Brennstoffhändler ergriff das Referendum. Im Referendumskomitee sassen auch einige SVP-Kantonsräte. Das revidierte Energiegesetz bringe ein faktisches Verbot von Öl- und Gasheizungen, argumentieren sie. Angesichts der relativ alten Bausubstanz in Appenzell Ausserrhoden drohten viele Härtefälle.
Im Lager der Befürworter waren alle Parteien, Umwelt- und
Wirtschaftsverbände vertreten. Das neue Energiegesetz decke nicht nur die
energetischen Bauvorschriften ab, sondern habe auch den Ausbau von erneuerbaren
Energien mit klaren Zielvorgaben zum Gegenstand. Gleichzeitig profitierten
Hauseigentümerinnen und Hauseigentümer von massiv erhöhten Fördergeldern.
Quelle: lorenzogallo / pixabay.com
Die Schweizergardisten im Vatikan brauchen eine zeitgemässe Unterkunft. (Symbolbild)
Luzern: Kein Geld für neue Kaserne der Schweizergarde
Der Kanton Luzern unterstützt den Bau der neuen Kaserne der Schweizergarde im Vatikan nicht. Die Stimmberechtigten lehnen den von Freidenkern, SP, Grünen und Grünliberalen bekämpften Kredit von 400'000 Franken überraschend deutlich ab.
Nur 28,5 Prozent der Luzernerinnen und Luzerner waren
bereit, den Neubau im Vatikan finanziell zu unterstützen. 108'263 legten ein
Nein ein, 43'195 ein Ja. Keine einzige Gemeinde unterstützte die «Vatikan-Spende»,
dies trotz der angeblich engen Verbundenheit des katholisch geprägten Kantons
Luzern mit der Schweizergarde in Rom. Die Stimmbeteiligung betrug 55,9 Prozent.
Die Freidenker-Vereinigung wertete in einer Stellungnahme ihren Sieg als Signal, Kirche und Staat stärker zu trennen. Sie forderte, dass nun auch die anderen Kantone, die Geld für die Kaserne gesprochen hätten, nochmals über die Bücher gehen.
SP-Kantonalpräsident David Roth bezeichnete das Abstimmungsresultat in einem Tweet als «Niederlage für den Konservatismus». Nun müsse die bürgerliche Finanzpolitik mit all ihren Mängeln korrigiert werden, forderten die Grünen in einer Mitteilung.
50 Millionen Franken teurer Bau
Die Schweizergarde im Vatikan soll eine neue Kaserne erhalten. Der Neubau, der rund 50 Millionen Franken kosten dürfte, wird indes nicht vom Kirchenstaat gebaut, sondern von einer privaten Schweizer Stiftung. Der Vatikan leistet, wie auch die Eidgenossenschaft und verschiedene Kantone, einen finanziellen Beitrag an das Projekt.
Im Kanton Luzern, wo seit Jahrhunderten enge Bindungen zur Garde bestehen, wurde die vom Kantonsrat genehmigte Spende von 400'000 Franken zum politischen Thema. Freidenker sowie Mitglieder der SP, der Grünen und der Grünliberalen ergriffen das Referendum.
Die Argumente der grossen bürgerlichen Parteien und des Regierungsrats überzeugten die Stimmberechtigten nicht. Die Befürworter hatten erklärt, es gehe bei der Unterstützung des Kasernenneubaus nicht um Religion, sondern Tradition. Die Schweizer Garde trage zum Ansehen der Schweiz bei und stehe für Schweizer Tugenden wie Sicherheit, Loyalität und Verlässlichkeit.
Entsprechend enttäuscht zeigten sich die Befürworter. Die
Abstimmung über den «symbolischen Solidaritätsbeitrag» sei zu einem Votum gegen
den Vatikan umgedeutet worden, teilte das Pro-Komitee mit. Dabei sei kein
Kanton so eng mit der Schweizergarde verbunden wie Luzern.
Quelle: PD
Visualisierung: Sanierung und Erweiterung der Psychiatrie in Sarnen.
Obwalden: 20,5 Millionen für Psychiatrie-Neubau in Sarnen
Das denkmalgeschützte Psychiatriegebäude in Sarnen OW erhält ein neues Kleid: Die Stimmberechtigten haben einen Objektkredit von 20,5 Millionen Franken für die Sanierung und Erweiterung klar gutgeheissen. Die SVP hatte das Referendum dagegen ergriffen.
Das Stimmvolk sprach sich mit einem Ja-Stimmenanteil von 69 Prozent (10'460 zu 4700 Stimmen) dafür aus, das 160 Jahre alte markante Haus beim Ortseingang umzubauen, wie die Staatskanzlei mitteilte. Die Stimmbeteiligung betrug 58,4 Prozent.
Das in die Jahre gekommene Gebäude wird erneuert, den geltenden Vorschriften angepasst und erweitert. Somit steht der Luzerner Psychiatrie, die seit 2017 die psychiatrische Versorgung in Obwalden sicherstellt, dereinst eine bedarfsgerechte Einrichtung zur Verfügung.
Höhere Kosten wegen Statik-Mängel
Ursprünglich lag die Kostenschätzung für das Projekt bei 15,2 Millionen Franken. Weil bei den Abklärungen Mängel bei Statik und Haustechnik sowie denkmalpflegerische Aspekte zum Vorschein kamen, stiegen die Kosten. Bereits bei der Beratung im Kantonsparlament forderte die SVP daher, die «Übung» abzubrechen, unterlag aber.
Die Partei lancierte daraufhin das Referendum gegen den
Objektkredit. Stattdessen wollte sie das alte Gebäude aus dem Denkmalschutz
entlassen und damit den Weg frei für einen Neubau machen. Mit dem Ja zur
Vorlage kann nun die Baueingabe erfolgen. Der Baustart ist 2023 vorgesehen,
Mitte 2025 soll das neue Gebäude stehen. Ursprünglich war ein Bezug im Juli
2024 vorgesehen gewesen.
Quelle: wilwest.ch
Arealentwicklung «Wil West»: In den nächsten 30 bis 40 Jahren soll hier ein attraktiver Standort für Gewerbe- und Industriebetriebe mit bis zu 3000 neuen Arbeitsplätzen geschaffen werden.
St. Gallen: Nein zu Kredit für Arealentwicklung Wil West
Im Kanton St. Gallen haben die Stimmberechtigten einen 35-Millionen-Franken-Kredit für die Entwicklung im Gebiet Wil West abgelehnt. Die Pläne der Regierung und des Kantonsrats, dort neue Unternehmen anzusiedeln, scheiterten am Widerstand von SP, Grünen und SVP.
Die Vorlage wurde mit 65'741 Ja gegen 72'898 Nein abgelehnt. Die Stimmbeteiligung lag bei 45,5 Prozent, wie der Kanton am Sonntag bekanntgab.
Auf dem Areal zwischen Wil SG und Münchwilen TG, das grösstenteils auf Thurgauer Boden liegt, hätte in den nächsten 30 bis 40 Jahren ein attraktiver Standort für Gewerbe- und Industriebetriebe mit bis zu 3000 neuen Arbeitsplätzen entstehen sollen.
Mit dem Sonderkredit wollte der Kanton St. Gallen als grösster Grundeigentümer die Erschliessung, die Entwicklung, die Vermarktung und den Betrieb des Areals finanzieren. Später hätten dann die Grundstücke oder Baufelder marktgerecht veräussert werden sollen.
Grüne, SP und SVP dagegen
Die Regierung hatte das Projekt Wil West als «zukunftsgerichtetes Vorhaben» angepriesen. Der Kantonsrat hiess die Vorlage mit 80 zu 27 Stimmen gut. Gegen Wil West wehrten sich Vertreter der Landwirtschaft, die Grünen und ein Teil der SP. Sie kritisierten hauptsächlich den Kulturlandverschleiss.
Eher überraschend beschlossen Anfang September auch die Delegierten der SVP die Nein-Parole für den Kredit für die Arealentwicklung Wil West. Das Projekt auf der grünen Wiese, dem eine grosse Fläche Agrarland geopfert werde, sei ein Verlust für die Landwirtschaft, argumentierten die Gegner.
Thurgau plant Einzonung
Das Gesamtprojekt Wil West sei durch das Nein des Volks nicht in Frage gestellt, teilte die St. Galler Regierung am Sonntag mit. Klar sei aber, dass das geplante Wirtschaftsgebiet nicht durch den Kanton St. Gallen erschlossen, entwickelt und vermarktet werde.
Der Kanton Thurgau plane das Gebiet gemäss dem
Agglomerationsprogramm Wil und dem kantonalen Richtplan einzuzonen. Die
Projektpartner – die Kantone St. Gallen und Thurgau, die Stadt und Region Wil
und die Gemeinden Münchwilen TG und Sirnach TG – müssten jetzt klären, wie es
mit dem Projekt weitergehen soll.
Uri: Ja zur Revision des Gebäudeversicherungsgesetzes
Die Urner Gemeinden haben am Sonntag die Revision des Gebäudeversicherungsgesetzes klar angenommen. Unbestritten waren auch zwei Kreditvorlagen.
Die Totalrevision des Gebäudeversicherungsgesetzes wurde mit 79,2 Prozent Ja-Stimmen (9411 zu 2473) genehmigt. Somit können Hauseigentümer die obligatorische Gebäudeversicherung auch künftig bei einem privaten Anbieter abschliessen.
Uri bleibt damit ein «Gustavo-Kanton», zählt also zu den sieben Kantonen Genf, Schwyz, Tessin, Appenzell Innerrhoden, Wallis und Obwalden in der Schweiz, die keine kantonale Elementarschadenversicherung kennen.
Auf dem Abstimmungsprogramm der Urner standen ausserdem noch zwei Kredite. Mit einem Ja-Stimmenanteil von 74,3 Prozent sprachen sie 1,9 Millionen Franken für eine Einstellhalle für Rettungsfahrzeuge und weitere Bauten auf dem Kantonsspitalareal. Der 1,7-Millionen-Franken-Kredit für Hochwasserschutzmassnahmen in Erstfeld UR passierte mit 85 Prozent Ja-Stimmen.
(pb mit Material der sda)