Kanton Bern muss Abbau- und Deponiewesen besser kontrollieren
Nach einem Umweltskandal in Zusammenhang mit dem Blausee im Kandertal hat der Kanton Bern für seine Aufsicht über das Abbau- und Deponiewesen von der grossrätlichen Geschäftsprüfungskommission miserable Noten erhalten.
Quelle: Barbara Steinemann wikimedia CC BY-SA 4.0
Die GPK wurde tätig, nachdem 2020 über eine mutmasslich unsachgemässe Entsorgung von Schotter aus dem Lötschberg-Scheiteltunnel im Kandertal berichtet wurde, die für Fischsterben am Blausee verantwortlich sein sollte.
Zu viele Akteure, unklare Kompetenzen, jeder sieht den
anderen in der Verantwortung und niemand hat einen Gesamtüberblick, so das
Fazit der Kommission in ihrem am Freitag publizierten Bericht. Sie sieht «dringenden
Handlungsbedarf», wie aus einer Mitteilung vom Freitag hervorgeht.
Fischsterben am Blausee
Aktiv wurde die Kommission, nachdem Medien 2020 über nicht
regelkonforme Entsorgung von Materialien in einem Steinbruch bei Mitholz berichtet
hatten. Es geht unter anderem um Bahnschotter aus dem nahen Lötschbergtunnel.
Ausgeschwemmtes Material aus der Deponie soll für mehrere Fischsterben in der
nahen Fischzuchtanlage am Blausee verantwortlich sein.
Dies jedenfalls behaupten die Besitzer um Swiss Economic
Forum-Gründer Stefan Linder, Globetrotter-Chef André Lüthi und alt
Nationalbankpräsident Philipp Hildebrand so.
Die grossrätliche Geschäftsprüfungskommission untersuchte
nun aber nicht die Gründe des Fischsterbens; dies ist Sache der Strafverfolgungsbehörden.
Ein entsprechendes Verfahren dort ist hängig. Die GPK untersuchte vielmehr,
welche Aufgaben und Kompetenzen der Kanton hat und ob er diese korrekt
wahrgenommen hat.
Dringender Reformbedarf
Wenn über eine lange Zeit nicht regelkonformes Material
deponiert werden kann und dies von der Kontrolle unentdeckt bleibt, so sei dies
«nicht akzeptabel», stellt die GPK in ihrem Bericht fest.
Die GPK habe bei ihren Untersuchungen den Eindruck erhalten,
dass jedes Kontrollorgan sich auf das andere verlässt, keines jedoch einen
Gesamtüberblick besitzt, «geschweige denn eine Gesamtverantwortung wahrnimmt»,
heisst es in der Mitteilung der GPK.
Die grossrätliche Kommission hält denn Reformen für
«zwingend notwendig». Kompetenzen, Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten der
verschiedenen Akteure sollen entflochten werden. Nach Auffassung der GPK
braucht es zudem regelmässigere Kontrollen, wobei zwingend auch unangemeldete
Kontrollen möglich sein sollten.
Auch andere in der Verantwortung
Der bernische Baudirektor Christoph Neuhaus (SVP) räumte am
Freitag zwar Schnittstellenprobleme ein, betonte aber, dass die Kontrollen so
durchgeführt würden, wie das Kantonsparlament dies 1998 beschlossen habe. Die
Aufsicht im Kiesbereich hat der Kanton vor Jahren ausgelagert, grösstenteils an
die Branche selber.
Neuhaus sieht aber nicht nur seine Direktion in der
Verantwortung, sondern auch die Wirtschafts- und die Justizdirektion. Auch die
Gemeinde Kandergrund habe es versäumt, eine Kiesgrubenkommission zu gründen. «Wir
werden das anschauen und prüfen, was wir machen», sagte Neuhaus am Freitag
gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA zum Bericht der
Geschäftsprüfungskommission.
Beton- und Kieskartell gebüsst
Bereits 2016 hatte die GPK auf mangelnde Kontrolle und
Aufsicht durch den Kanton im Kies- und Deponiewesen aufmerksam gemacht. Dass
seither keine Reformen angestossen wurden, begründete Neuhaus am Freitag mit
hängigen Verfahren vor der Wettbewerbskommission. Er wolle nicht reformieren
und dann nach Vorliegen der Einschätzungen der Wettbewerbskommission schon
wieder reformieren, sagte der Baudirektor.
Das Kies- und Deponiewesen sorgt im Kanton Bern seit Jahren
für negative Schlagzeilen. So büsste etwa die Wettbewerbskommission 2019 ein
Beton- und Kieskartell mit 22 Millionen Franken. Im selben Jahr leitete die
Kommission Untersuchungen gegen Belagswerke ein. Auch hier besteht der Verdacht
auf ein Kartell. (sda/pb)