Kanton Bern entschlackt Raumplanungsverfahren
Der Kanton und die bernischen Gemeinden wollen künftig in Raumplanungsverfahren effizienter zusammenarbeiten. Dazu erhalten die Gemeinden mehr Handlungsspielraum. Mehr Gewicht erhält auch der Dialog zwischen Kanton und Gemeinden.
Quelle: convegni, pixabay.com, gemeinfrei
Kran mit Plan, Symbolbild.
Die Gemeinden forderten seit längerem eine Vereinfachung
der Zusammenarbeit, denn mit den Verschärfungen des Raumplanungsrechts der
letzten Jahre wurden Planungsverfahren zunehmend komplexer und aufwändiger.
Dies schaffte auch Reibungsflächen zwischen dem Kanton und den Gemeinden.
Beim kantonalen Amt für Gemeinden und Raumordnung (AGR) wuchs die Geschäftslast derart an, dass Vorprüfungen von Raumplanungsvorhaben oft nicht innert der dreimonatigen Frist durchgeführt werden konnten. Die Gemeinden wiederum monierten die zähen Verfahren und hatten das Gefühl, das AGR fahre ihnen mit seinen umfangreichen und detaillierten Vorprüfungsberichten mit vielen Genehmigungsvorbehalten in die Parade.
Mehr Dialog zwischen Kanton und Gemeinde
Ein gemeinsames Kontaktgremium sollte Abhilfe schaffen. Es hat nun acht Massnahmen erarbeitet, damit die Planungsverfahren «speditiver und partnerschaftlicher» abgewickelt werden können, wie Regierungsrätin Evi Alleman (SP) am Freitag vor den Medien in Bern bekannt gab.
Konkret wird es in Zukunft am Anfang eines jeden kommunalen Raumplanungsverfahrens ein Startgespräch mit dem Kanton geben. Damit können mögliche Stolpersteine schon früh erkannt und beseitigt werden.
Das AGR wird den Gemeinden auf Wunsch Themenlisten mit zu klärenden Fragen zur Verfügung stellen. Zudem will der Kanton das Instrument der Voranfrage bekannter machen.
Mehr Handlungsspielraum für Gemeinden
Eine wesentliche Änderung betrifft die Gemeinden: sie können künftig selber wählen, ob sie den ersten Teil des Vorprüfungsverfahrens selbst durchführen wollen. Dabei geht es beispielsweise um das Einholen von Amts- und Fachberichten sowie eine Bereinigung des Planungsvorhabens. Dem AGR obliegt dann noch die formelle Rechtskontrolle.
Dies setze allerdings voraus, dass die Gemeinden auch über das notwendige Fachwissen und genügend Ressourcen verfügten, betonte Daniel Bichsel vom Verband bernischer Gemeinden am Freitag vor den Medien. Die Regelung dürfte sich daher vor allem für grössere Gemeinden mit eigenen Planungsabteilungen anbieten.
Gemeinden, die von dieser Wahlfreiheit keinen Gebrauch machen, sollen künftig Amts- und Fachberichte so früh wie möglich erhalten, damit sie mit der Weiterarbeit am Projekt nicht zuwarten müssen, bis die Vorprüfung durch den Kanton abgeschlossen ist.
Klare Rollenverteilung
Weiter haben sich Gemeinden und Kanton auch auf ihre jeweiligen Rollen geeinigt. Die Interessenabwägung und die Beurteilung der Zweckmässigkeit einer kommunalen Planung obliegt den Gemeinden. Das AGR prüft die Entscheide einzig auf ihre Rechtmässigkeit und die Übereinstimmung mit übergeordneten Planungsvorgaben.
Von den acht erarbeiteten Massnahmen kann die Mehrheit sofort umgesetzt werden. Für andere braucht es jedoch Änderungen in Gesetzen und Verordnungen. Allemann hoffte am Freitag, dass diese 2023 in Kraft treten können.
Vorprüfung bleibt bestehen
Allemann und Bichsel zeigten sich am Freitag im Berner Rathaus beide zuversichtlich, dass mit den nun getroffenen Massnahmen die Raumplanungsverfahren flüssiger und partnerschaftlicher ablaufen werden. «Es ist vieles gegangen, aber es bleibt noch viel zu tun», sagte Bichsel. Es brauche weiterhin ein gutes Monitoring. Aus diesem Grund bleibt die Kontaktgruppe auch weiterhin bestehen.
Keine Option war in der Kontaktgruppe die Aufweichung oder Abschaffung der obligatorischen Vorprüfung eines Raumplanungsvorhabens durch den Kanton. Hinter dieses Verfahren stellte sich am Freitag explizit auch Bichsel namens der Berner Gemeinden.
Raumplanungsverfahren wie etwa Ortsplanungsrevisionen gehen im Kanton Bern zunächst zu einer Vorprüfung ans AGR. Dieses stellt sicher, dass die Gemeinde dem Souverän eine Vorlage unterbreitet, die später auch genehmigt werden kann.
Nach der Vorprüfung geht das Geschäft zurück an die
Gemeinde, die es gegebenenfalls überarbeitet und öffentlich auflegt. Dann
erfolgt die Beschlussfassung durch den Souverän. Im Anschluss daran geht das
Vorhaben zur Genehmigung an den Kanton. (sda/pb)