Immobilien-Summit: Keine Angst vor der Blase
Am Immobilien-Summit des Vereins Flughafenregion Zürich waren die Coronazahlen noch tief und die Fachleute aus Wirtschaft und Wissenschaft optimistisch: Ein Ausweg aus der Krise sei in Sicht, die Angst vor einer Immobilienblase unbegründet.
Quelle: Archiv Kantonsspital St. Gallen
Bautätigkeiten im Innenareal des Kantonsspitals St. Gallen: Eine Immobilienkrise wird allgemein nicht erwartet. Zu tief sind die Zinsen und zu unterschiedlich die Ausgangslage gegenüber 1990.
Der Immobilien-Summit des Vereins Flughafenregion Zürich – Motto «Change, Change, Change» – musste sich angesichts der aktuellen Situation mit hoch brisanten Themen und Fragen befassen. Wie geht es mit der Schweizer Wirtschaft weiter in Zeiten der Coronakrise? Wie weit reichen die Folgen der anhaltenden Einschränkung des öffentlichen Lebens? Und vor allem: Droht uns in diesen ökonomisch diffizilen Zeit gar eine neue Immobilienblase?
Die Aktualität hat den Event teilweise bereits überholt. Der Summit fand zu einem Zeitpunkt im September statt, als sich die täglichen Ansteckungen im tiefen dreistelligen Bereich bewegten. Die explosionsartige Zunahme der Fälle im Oktober war nicht vorauszusehen, was in den folgenden Ausführungen zu berücksichtigen ist.
Vergleich mit 1990
Der Wirtschaftshistoriker Tobias Straumann zog die Schweizer Immobilienkrise von 1990 heran, um durch einen Vergleich die Gefahr einer drohenden Immobilienblase abzuschätzen. Vorab aber unterstrich er, wie gefährlich eine Krise auf dem Immobilienmarkt ist: «Es sind die schlimmsten Wirtschaftskrisen, da sie den grössten Kreditmarkt betreffen und deshalb rasch auch eine Bankenkrise und einen wirtschaftlichen Einbruch nach sich ziehen.»
Die Schweizer Immobilienkrise von 1990 wurde durch einen Zinsschock ausgelöst und durch massive Verdrängungseffekte im Kreditmarkt, wo gemäss Straumann eine miserable Regulierung geherrscht habe. «Damals war der Präsident des Turnvereins im Dorf auch Präsident der Lokalbank. Entsprechend professionell wurden Kredite und Hypotheken vergeben.» Das ging solange gut, wie die Marktgebiete klar abgegrenzt waren und kaum Wettbewerb bestand.
«In den 1980er Jahren entdeckten aber die Grossbanken den Inlandmarkt.» Zuvor hatten sich eine Kreditanstalt oder ein Bankverein ausschliesslich um Investmentgeschäfte gekümmert und waren keine Kundenbanken. Doch diese grossen Player drängten nun in den Markt der lokalen und regionalen Banken. «Zugleich wurde gebaut wie verrückt, die Preise für Einfamilienhäuser verdoppelten sich innert zehn Jahren, und die Kreditvergabe erfolgte äusserst sorglos.» Als die Nationalbank schliesslich Ende der 80erJahre die Geldmenge verknappte, um die ausgelöste Inflation zu bekämpfen, kam es zum wirtschaftlichen Zusammenbruch. Zahlreiche Hypotheken konnten nicht mehr bedient werden, und die Banken mussten geschätzte 40 Milliarden Franken abschreiben.
«Verglichen mit damals haben wir aber eine ganz andere Situation», führte Straumann aus. «Es gab keinen Zinsschock und es ist auch keiner in Aussicht. Wir haben keinen Verdrängungswettbewerb der Banken und eine viel bessere Regulierung als vor 30 Jahren.» Auch seien die Grossbanken ganz anders organisiert als vor 30 Jahren. «Nun ist der Verlauf der Covid-Krise schwer zu prophezeien, doch der gefährliche Teil scheint vorbei. Die Gefahr einer Immobilienblase sehe ich deshalb in absehbarer Zeit nicht.»
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