Im Sommer mit der Schlittenbahn aufs Jungfraujoch
Am Rande des Aletschgletschers wechseln die Fahrgäste auf die Sommer-Schlittenbahn. In gut anderthalb Stunden geht’s damit zum Jungfraujoch. Rund acht Stunden dauert insgesamt die Fahrt von Mailand da hinauf, wie die Promotoren im Jahre 1907 mit Blick auf den internationalen Markt und die mondäne Klientel vorrechnen.
Bei der Fahrt durch die schroffe Berg- und Eislandschaft etwas Abenteuerlust verspüren und sich vor spektakulärer Alpenkulisse verpflegen lassen. Das war damals die Geschäftsidee für den Transport der Gäste auf dieser eigenwilligen Route. Das Projekt sieht dazu eine Schmalspurbahn von Brig über Fiesch bis zur Station Marjelensee vor, von wo die Reisenden mit der Sommer-Schlittenbahn, mitten auf dem Aletschgletscher verkehrend, zum Jungfraujoch gelangen. Es ist eine Zeit des Aufbruchs. Erfindungen auf dem Gebiet der Elektrizität befeuern den technischen Fortschritt, englische Touristen entdecken die Schweizer Alpen. Fast alles scheint möglich damals. Eine Bahn aufs Matterhorn, mit dem Aufzug aufs 3700 Meter hohe Wetterhorn.
DochGeldgeber beginnen an der technischen Machbarkeit der "Aletsch-Jungfrau-Bahn“ zu zweifeln. Zudem ist1905 auf der Berner Seiteder Bau der Jungfraubahn ohnehin schon weit fortgeschritten. Es folgen Auseinandersetzungen über die Streckenführung und Einsprachen. Neue Projektvarianten werden lanciert, der Baubeginn immer weiter hinausgeschoben. Schliesslich erhält die Sommer-Schlittenbahn definitivkeine Konzession.
Beim Ausbruch des 1. Weltkriegs werden dann zahlreiche Bahnprojekte sistiert oder endgültig aufgegeben. Wie die Schweizer Bergwelt in der vorletzten Jahrhundertwende für den Tourismus erschlossen wird, zeigt das minuziös recherchierte und mit vielen Bildern illustrierte Buch. (sts)
Visionäre Bahnprojekte – Die Schweiz im Aufbruch, AS Verlag (Zürich), Heinz Schild, 256 Seiten mit 272 Abb., ISBN 978-3-906055-13-8, Erscheinungsjahr 2013, Hardcover, 98 Franken