Holz im Labor züchten: MIT-Forscher entwickeln Alternative für Abholzung
Forscher des MIT haben ein Verfahren entwickelt, dass es ermöglichen könnte, künftig Holz mit im Labor gezüchtetem Pflanzenmaterial direkt in die Form von Möbeln zu drucken oder wachsen zu lassen. Das Team sieht darin eine Alternative für die Abholzung von Wäldern.
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Holz im Labor züchten, als Alternative zur Abholzung? MIT-Forscher haben ein Verfahren entwickelt, mit dem sich Pflanzenmaterial im Labor mit Hilfe von 3D-Bioprinting-Techniken in individuellen Formen und Grössen züchten lässt.
Jedes Jahr werden laut dem Massachusetts Institute of
Technology (MIT) weltweit rund 10 Millionen Hektar Wald abgeholzt und gehen verloren. Forscher des Instituts haben dafür nun eine Alternative entwickelt: ein Verfahren zur Erzeugung von holzähnlichem Pflanzenmaterial im
Labor. Mit diesem könnte es dereinst möglich sein, ein Holzprodukt
wie zum Beispiel einen Tisch zu «züchten», ohne dass dafür Bäume gefällt oder Holz
verarbeitet werden muss.
Möglich wird dies gemäss einer Mitteilung des MIT durch die Anpassung bestimmter Chemikalien, die Teil des Wachstumsprozesses von Holz sind. In einer vor Kurzem im Fachmagazin «Materials Today» publizierten Studie demonstrierten die Forscher, dass sich auf diese Weise im Labor die physikalischen und mechanischen Eigenschaften des entstehenden Pflanzenmaterials – etwa seine Steifigkeit oder Dichte – genau steuern lassen.
Holz mit 3D-Bioprinting in Formen züchten
Auf diese Weise soll es laut den Wissenschaftlern auch möglich sein, Pflanzenmaterial mit Hilfe von 3D-Bioprinting-Techniken in Formen und Grössen zu züchten, die in der Natur weder vorkommen noch mit landwirtschaftlichen Methoden hergestellt werden können. «Die Idee ist, dass man diese Pflanzenmaterialien in genau der Form züchten kann, die man braucht», erklärt Ashley Beckwith, Hauptautorin der Studie. Da es hierbei im Nachgang keine weitere Herstellung oder Verarbeitung brauche, werde die Menge an Energie und Abfall reduziert.
Laut MIT steckt die Forschung noch in den Kinderschuhen. Sie zeige aber bereits auf, dass im Labor gezüchtete, pflanzliche Materialien auf bestimmte Eigenschaften abgestimmt werden könnten, um Holzprodukte mit genau den Merkmalen züchten zu können, die für eine bestimmte Anwendung benötigt werden. Beispielsweise lasse sich damit eine hohe Festigkeit erzielen, für tragende Wände. Möglich seien aber auch thermische Eigenschaften, um einen Raum effizienter zu beheizen, erklärt Hauptautor Luis Fernando Velásquez-García in der Mitteilung.
Quelle: MIT
Forscher des MIT haben im Bemühen, eine umweltfreundliche und abfallarme Alternative zur Abholzung zu schaffen, ein Verfahren entwickelt, um holzähnliches Pflanzenmaterial im Labor zu erzeugen.
Hormone für verschiedene Holzeigenschaften
Für den Anbau von Pflanzenmaterial im Labor isolieren die Forscher zunächst Zellen aus den Blättern junger Zinnien-Pflanzen (Zinnia elegans). Die Zellen werden darauf zwei Tage lang in einer Flüssigkeit kultiviert und dann in einen Stoff auf Gelbasis überführt, der Nährstoffe und zwei verschiedene Hormone enthält. Durch die Anpassung dieses Hormonspiegels lassen sich laut Mitteilung dann die physikalischen und mechanischen Eigenschaften der in der Brühe wachsenden Pflanzenzellen einstellen.
Beckwith zieht dafür den Vergleich zu den Hormonen im menschlichen Körper. Diese würden bestimmen, wie sich die Zellen entwickeln und wie sich bestimmte Eigenschaften ausprägen. «Wenn man also die Hormonkonzentration in der Nährstoffbrühe verändert, reagieren die Pflanzenzellen auch anders.» Allein durch die Manipulation dieser winzigen chemischen Mengen könnten drastische Veränderungen bei den physikalischen Ergebnissen erreicht werden.
Die Zellkulturgel-Lösung wird mit Hilfe eines 3D-Druckers in eine bestimmte Struktur in einer Petrischale extrudiert. Danach lassen sie die Forscher drei Monate lang im Dunkeln wachsen und gedeihen. Selbst mit dieser langen Inkubationszeit sei das Verfahren etwa zwei Grössenordnungen schneller als die Zeit, die ein Baum braucht, um zur Reife zu gelangen, heisst es in der Mitteilung. Nach der Inkubationszeit wird das zellbasierte Material entwässert und auf seine Eigenschaften bewertet.
Quelle: MIT
Mittels 3D-Bioprinting-Verfahren lassen sich individuelle Formen erstellen. Beispiele: (a) gedruckte baumförmige Kultur in einer Petrischale, (b) Zweikanal-Autofluoreszenzmikroskopie-Aufnahme des baumförmigen Drucks, bei der das Zusammentreffen von grünen und blauen Kanälen möglicherweise auf Lignin hinweist, (c) Hundeknochen-Strukturen nach dem Transfer auf eine Trockenplatte, (d) biologisch gedruckte, kultivierte und getrocknete Proben ohne Wachstum (obere Proben) und mit Wachstum (untere Proben).
Winziger Baum im Labor gezüchtet
Niedrigere Hormonspiegel führten laut Mitteilung des MIT zu Pflanzenmaterial mit runderen, offenen Zellen mit geringerer Dichte. Höhere Hormonspiegel bewirkten hingegen das Wachstum von steiferem Pflanzenmaterial oder einem mit kleineren, dichteren Zellstrukturen.
Ein weiterer Bestandteil im Forschungsprojekt ist laut MIT die Untersuchung der sogenannten «Lignifizierung» der Pflanzenmaterialien. Lignin ist ein Polymer, das sich in den Zellwänden von Pflanzen ablagert und sie steif und holzig macht. Das Team fand in diesem Zusammenhang heraus, dass ein höherer Hormongehalt im Wachstumsmedium auch eine stärkere Verholzung bewirkt, was zu einem Pflanzenmaterial mit holzähnlichen Eigenschaften führen würde.
Für die Holz-Züchtung im Labor mittels 3D-Bioprinting-Verfahren verwendeten die Forscher laut Mitteilung eine anpassbare, computergestützte Designdatei, die sie an einen 3D-Biodrucker weiterleiteten. Dieser wiederum brachte die Zellgelkultur in eine bestimmte Form. Auf diese Weise züchtete das Team ein Pflanzenmaterial in Form eines winzigen, grünen Baums.
Entwaldung reduzieren
Wie das Forschungsteam in der Studie weiter festhält, können die Zellkulturen im Labor selbst nach dem Druck monatelang überleben und weiter wachsen. Die Wissenschaftler wollen nun weiter experimentieren, um die zelluläre Entwicklung noch besser verstehen und steuern zu können. Auch soll das Verfahren mit anderen Pflanzenarten getestet werden. Dies, um die Methode dereinst für kommerziell wichtige Baumarten wie zum Beispiel die Kiefer nutzen zu können.
Letztendlich solle die Arbeit der MIT-Forscher andere Gruppen dazu motivieren, sich mit dem Forschungsgebiet zu befassen, um die Abholzung zu reduzieren, schreibt das MIT. Bäume und Wälder seien ein grossartiges Instrument zur Bewältigung des Klimawandels, so Beckwith. Daher sei ein möglichst strategischer Umgang mit diesen Ressourcen eine Notwendigkeit für die Zukunft. (mgt/pb)
Zur Studie im Fachmagazin «Materials Today»: www.sciencedirect.com