12:03 BAUBRANCHE

Heimatschutz wehrt sich gegen Schwächung der St. Galler Denkmalpflege

Teaserbild-Quelle: janmaybach, Pixabay-Lizenz

Mit einer Änderung im St. Galler Planungs- und Baugesetz soll die kantonale Denkmalpflege an Kompetenzen verlieren, wenn es um kommunale Schutzobjekte geht. Dagegen wehrt sich unter anderem der Heimatschutz. Am Dienstag wurden die Argumente vorgestellt. 

Multergasse in der Altstadt St. Gallen

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Fassaden in der Multergasse in der St. Galler Altstadt. (Symbolbild)

Im vier Jahre alten St. Galler Planungs- und Baugesetz (PBG) ist festgelegt, wie mit Schutzobjekten in Gemeinden umgegangen wird, wenn sie verändert oder abgerissen werden sollen. Danach braucht es dafür die Zustimmung der kantonalen Denkmalpflege. 

Im Oktober hat die St. Galler Regierung zu diesem Punkt eine Gesetzesänderung vorgeschlagen. Die bisher verlangte Einwilligung durch die Denkmalpflege sei von verschiedenen Gemeinden sowie von den Wirtschaftsverbänden nicht akzeptiert worden, so die Regierung. Deshalb habe sie nun zusammen mit den Gemeinden einen Kompromiss ausgearbeitet.

 Nach dem nun vorliegenden Vorschlag würde die Denkmalpflege an Kompetenzen verlieren. Die Gemeinden müssten ihr die Projekte für kommunal geschützte Gebäude nicht mehr für eine Einwilligung vorlegen. Die Stelle hätte nur noch ein Klagerecht. Das würde bedeuten, dass die Denkmalpflege eine Abbruchbewilligung einer Gemeinde vor Gericht anfechten müsste, wenn sie damit nicht einverstanden wäre. 

Kantonaler Denkmalpflege drohe Kahlschlag 

Damit drohe der kantonalen Denkmalpflege «der Kahlschlag», kritisierte der Heimatschutz St. Gallen/Appenzell Innerrhoden am Dienstag vor den Medien. Zusammen mit anderen Verbänden werde man sich «mit Nachdruck» gegen diesen Kompetenzabbau wehren. 

«Wir sind kampfbereit», sagte Heimatschutz-Präsidentin Kathrin Hilber. Die neue Regelung sei ein Schnellschuss. Der Vorschlag komme vom Vorstand der Vereinigung der St. Galler Gemeindepräsidentinnen und Gemeindepräsidenten (VSGP) und repräsentiere nicht alle Mitglieder. «Bund und Kantone zahlen Beiträge an den Erhalt von Schutzobjekten, entscheiden sollen aber die Gemeinden.» 

Der St. Galler Kantonsrat hat das Geschäft noch nicht behandelt. Traktandiert ist es für die kommende Februarsession. Das Paket müsse vom Parlament zurück an den Absender geschickt werden, so Hilber. Mitte Januar tagt die vorberatende Kommission. «Wir wollen im Dialog eine Lösung finden», sagte die ehemalige SP-Regierungsrätin. Im schlimmsten Fall brauche es ein Referendum. 

Kantone bei Denkmalpflege in der Pflicht 

«Die Kantone sind bei der Denkmalpflege in der Pflicht, und es erscheint einfach undenkbar, dass sie diese nach unten an die Gemeinden delegieren können,» betonte Martin Killias, Präsident des Schweizer Heimatschutzes. Der Kanton Zug, der den Schutz von Baudenkmälern und Ortsbildern beschneiden wollte, sei im April 2021 vom Bundesgericht gestoppt worden. 

An der Medienkonferenz waren neben dem Heimatschutz auch Vertreter des Schweizerischen Ingenieur- und Architektenvereins (SIA), des Bundes Schweizer Architektinnen und Architekten (BSA), des Schweizer Werkbundes (SWB), von Pro Natura, WWF und der Stiftung Landschaftsschutz Schweiz dabei. 

Die Gemeindebehörden könnten die Aufgabe gar nicht wahrnehmen, weil ihnen die Fachkompetenz und die personelle Ressourcen fehlten, hiess es weiter. Einzig die Stadt St. Gallen habe bisher eine Fachstelle für Denkmalpflege. Viele Gemeinden arbeiteten stattdessen mit teuren Bauberatern zusammen. 

Baukulturelles Erbe schützen 

Es gebe viele Beispiele von Schutzobjekten, die ohne Zustimmung der kantonalen Denkmalpflege zerstört worden seien. In Niederbüren wurden Teile der Textilfabrik abgebrochen, in Oberriet das Bad Kobelwies, der letzte Zeuge der Rheintaler Bäderkultur. Auch ein international bekanntes Bauwerk des Ingenieurs Robert Maillart existiert nicht mehr. Historiker waren empört über den Abbruch der Filterhalle des Wasserwerks Riet in Goldach, doch die Anlage stand nicht unter Denkmalschutz. 

Es gehe um das baukulturelle Erbe des Kantons St. Gallen. «Es besteht eine Lücke von über 100 Jahren, weil die lokalen Schutzinventare seit 1920 nicht nachgeführt wurden», sagte Joshua Loher vom SWB. Das wäre Aufgabe der Gemeinden. Er verglich die Schutzobjekte mit einer zum Abschuss freigegebenen Tierart. 

Lukas Indermaur vom WWF St. Gallen sprach von einem Freipass für die Abrissbirne. «Wir kennen die Situation im Naturschutz.» Seit der Kanton St. Gallen 2007 das kantonale Verbandsbeschwerderecht abgeschafft habe, könnten Verbände gegen Behördenentscheide in Angelegenheiten des Natur- und Heimatschutzes keine Rechtsmittel mehr einlegen. Die Gemeindebehörden wagten es nur selten, sich mit Grundeigentümer anzulegen. (sda/pb)

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