Grösster Raupenkran der Schweiz hebt 170-Tonnen-Brücke
Eine 80-jährige Dame erhält ein neues Kleid: Die Stahlkonstruktion der Schönenwerdbrücke in Dietikon ZH wurde in der Nacht von Sonntag auf Montag mit dem grössten Raupenkran der Schweiz herausgehoben.
Derzeit müssen die Anwohner rund um die Schönenwerdbrücke zwischen Dietikon und Schlieren im Kanton Zürich mit nächtlichem Baustellenlärm klarkommen. Seit Mitte Januar laufen die Arbeiten für den Neubau der alten Brücke auf Hochtouren. Er ist aufgrund einer im Jahr 2011 durchgeführten Überprüfung nötig, die ergab, dass die Tragfähigkeit der Haupt- und Querträger ungenügend war. Im Projekt vorgesehen ist der Rückbau der zweispurigen Brücke und darauffolgend der Neubau einer vierspurigen Brücke inklusive eines Rad- und Gehwegs. Regierungs- und Kantonsrat haben für das Projekt insgesamt 17 Millionen Franken bewilligt.
Grösster Raupenkran der Schweiz im Einsatz
Da sich beim Abbau der alten Brücke die gesamte Konstruktion nicht in einem Stück herausheben liess, wurde im Januar die dicke Beton-Brückenplatte in Teile geschnitten und mithilfe eines Pneukrans herausgehoben. Zurück blieb die 170 Tonnen schwere Stahlkonstruktion auf den Widerlagern. In einem beeindruckenden Manöver konnte in der Nacht von Sonntag auf Montag der Abbau beobachtet werden. Bewerkstelligt wurde das Ganze vom grössten Raupenkran der Schweiz, dem LR 1750 von Liebherr. Mit einer maximalen Traglast von 750 Tonnen und einer Höhe von rund 140 Metern, wird der Koloss seinem Namen gerecht. «Für seine Anlieferung waren insgesamt 40 Schwertransporte nötig», erklärte Projektleiter Markus Bissig. Die rund zweistündige Heraushebung der Konstruktion wurde von Fachkräften begleitet, die den Anwohnern und Interessierten jeden Schritt erklärten.
Die Vorbereitungen dauerten zwei Mal länger als die eigentliche Heraushebung. Denn als alle vier Spannseile befestigt waren, galt es erst einmal, die Balance zu finden. Die Gegengewichte hinter dem Kran mussten mit dem Gewicht der Brücke übereinstimmen. Der Kranführer manövrierte und suchte rund 15 Minuten lang die Balance, bevor mit dem Zug begonnen werden konnte. Hierbei waren wohl Arbeiten im Gange, die sich den Blicken der Zuschauer entzogen. Denn zehn Minuten lang geschah scheinbar nichts, bis ein lautes Knirschen die Lockerung der Brücke ankündigte.
Danach ging es sehr schnell: Die perfekte Balance war gefunden, und die Heraushebung konnte erfolgen. In weniger als 15 Minuten schwebte die Stahlkonstruktion über den Köpfen der Zuschauer und wurde in der Luft einmal gedreht, bevor sie auf einem vorbereiteten Platz hinter dem Kran abgesetzt wurde. Dort wird sie nun in Teile geschnitten und Stück für Stück abtransportiert.
Totalsperrung der Gleise ein Jahr im Voraus beantragt
Da unter der Schönenwerdbrücke die SBB-Linie Zürich-Bern hindurchführt, musste für den Nachteinsatz eine Totalsperre der Gleise beantragt werden. Eindrücklich ist dabei die Zeit, die dafür miteingerechnet werden musste, denn: Die Totalsperrung musste ein Jahr im Voraus beantragt werden. Dies aus einem einfachen Grund: «Die SBB vertragen nur eine bestimmte Anzahl Baustellen auf einer Strecke, sie brauchen diese Zeit zur Koordination», erklärt Markus Bissig.
Die Arbeiten für den Aushub liefen fehlerfrei ab und waren zeitlich perfekt abgestimmt, so dass die Totalsperrung der Gleise um 3.30 Uhr wieder aufgehoben werden konnte. Jedoch verlief in dieser Nacht nicht alles einwandfrei: So landete eine Drohne, die eigentlich spektakuläre Luftaufnahmen der Aushebung machen sollte, sehr unglücklich in einem Baum. (pb)