Graubünden, St. Gallen und Glarus: Rote Zahlen, sprudelnde Gesuche
St. Gallen schreibt erstmals seit 2016 ein Defizit von 200 Millionen Franken. Dasselbe in Glarus, der mit 5,7 Millionen sein erstes Minus seit 20 Jahren erwirtschaftet. Wenigstens die Bündner erzielen einen Gewinn von 120 Millionen. Und was die Baubranche freut: In der Region ist die Zahl der Neubaugesuche angestiegen.
Quelle: Spital St. Gallen
Nicht schutzwürdig: Das St. Galler Spitalhochhaus kann in ein paar Jahren rückgebaut werden.
Die Zahlen sind bekannt: Die Schweizer Bevölkerung wächst,
doch die Bautätigkeit verlangsamt sich. «Die Folge sind knappe Wohnungen und
steigende Mieten», wie es im neuesten Immo-Monitoring von Wüest Partner heisst.
So sind die Angebotsmieten in einem Jahr um satte sechs Prozent gestiegen.
Doch das Immobilienberatungsbüro sieht Anzeichen für eine Wende: Erstmals seit
Jahren ist die Zahl der Neubaugesuche wieder gestiegen. Dies, da die Nachfrage
nach Wohnungen angesichts der knappen Leerstände noch lange hoch bleibt wird.
Dazu scheint die Inflation aktuell unter Kontrolle, was die jüngste Zinssenkung
der Nationalbank bestätigt, und die unter Corona explodierten Baupreise steigen
nicht weiter.
Vor allem in der Ostschweiz sprudeln die Gesuche: Laut
Immo-Monitoring ist eine Zunahme von 52 Prozent zu verzeichnen. Hierbei weisen
Pendlergemeinden ausserhalb von Agglomerationen, industrielle Gemeinden,
Mittelzentren und Tourismusgemeinden die grössten Zuwächse auf, und zwar
Bauprojekte in allen Grössen. «Im Gegensatz zur Region Zürich oder der
Zentralschweiz ist in vielen Regionen der Ostschweiz noch etwas mehr Bauland
vorhanden», so der Expertenbericht.
Mehr Verdichtung erwünscht
Das bedeutet aber auch, dass die neuen Projekte oft auf
ungenutztem Boden entstehen, was das Bauland verknappt. «Erwünscht wäre mehr
Verdichtung, der Bau neuer Wohnungen in bestehenden Siedlungsflächen.» Doch
diese stockt weiterhin. Wüest Partner zweifelt deshalb insgesamt daran, das
der positive Trend bei den Neubaugesuchen nachhaltig ist.
Und die Bautätigkeit reicht nach wie vor nicht, um dem
wachsenden Bedarf an Wohnungen zu decken. Gesamtschweizerisch beträgt der
Bestand an Leerwohnungen per Mitte Jahre noch knapp über 1 Prozent, was
gegenüber dem Vorjahr eine Abnahme von fünf Prozent bedeutet. Auch in der
Ostschweiz bleiben freie Wohnobjekte und auch Einfamilienhäuser ein gesuchtes
Gut, vor allem im Glarus, dessen Bestand auf 0,85 Prozent zurückging, während
der Wert im Graubünden und in St. Gallen
fast unverändert blieb.
Quelle: www.neuebibliothek.ch
Die St. Galler Kantonsbibliothek heute (links) und der geplante Anbau, gegen den sich Widerstand formiert hat.
Sonderfall St. Gallen
Wobei die Stadt St. Gallen
und ihr Umland einen Sonderfall darstellen, wie das Immo-Monitoring weiss: «St. Gallen
hatte schon immer einen liquideren Wohnungsmarkt als vergleichbare Städte.» Dies habe mit dem recht hohen
Bestand an Altbauten zu tun und mit dem Umstand, dass in den
Agglomerationsgemeinden immer wieder attraktive neue Wohnungen entstehen.
Die Stadt St. Gallen
hat also noch Wohnraum und blickt auf ein finanziell erfreuliches Jahr zurück: So schloss man die Erfolgsrechnung mit einer Schwarzen Null
ab, während ein Minus von gegen 15 Millionen
erwartet worden war. Die Stadt konnte sogar 24 Millionen Franken in die
Reserven einlegen, womit das Ergebnis rund 39 Millionen über dem
Budget lag. Auch hier ein Wermutstropfen: Die guten Zahlen kamen nur auf dem
Papier zustande. Die kantonale Gebäudeversicherung
hat den Verkehrswert der städtischen Liegenschaften neu und
deutlich höher eingeschätzt, so dass ein trügerischer Buchgewinn von 26
Millionen resultierte. Und da sind immer noch die Bruttoschulden von über einer
Milliarde Franken.
Städte finanziell gefordert
Die Lage der anderen St. Galler
Städte ist ebenfalls mehrheitlich «herausfordernd», wie es
Finanzdirektorinnen und -direktoren gerne umschreiben. So erwirtschaftet Wil
dieses Jahr rund zwei und nächstes sogar 7,8 Millionen Franken
Defizit. Hintergrund: Letztes Jahr war noch eine Erhöhung des
Steuerfusses von 118 auf 123 Prozent diskutiert worden; stattdessen senkte das
Stimmvolk den Satz auf 115. In der Bodenseegemeinde Rorschach liegt der
Steuerfuss unverändert bei hohen 129 Prozent; immerhin
hat man fürs laufende Jahr ein ausgeglichenes Budget
hingekriegt. Gossau, seit Jahren mit 116 Prozent Steuern, weist im Budget fürs
2024 sogar ein kleines Ertragsplus aus.
Weiter auf dem Weg der Besserung ist Sargans, das mit seinem
Finanzplan auf Kurs ist: Dank diesem konnte in den letzten Jahren der
Steuerfuss schrittweise gesenkt werden, der 2020 noch bei astronomischen 142
Prozent lag. Inzwischen ist man auf dem Niveau von Rorschach angekommen. Keine
Probleme mit Defiziten hat Rapperswil-Jona am oberen Zürichsee: Zwar schreibt
man seit Jahren rote Zahlen, doch die Stadt hat ausgesprochen gute Jahre hinter
sich und volle Kassen. Also bleibt der Steuerfuss bei idyllischen 74 Prozent.
Quelle: indievisual AG
So wird das neue St. Galler Staatsarchiv aussehen, dessen Realisierung ab 2026 nichts mehr im Weg steht.
Kanton mit grossem Defizit
Nicht nur die Gemeinden, auch der Kanton St. Gallen kämpft mit
den Finanzen: Letztes Jahr resultierte ein Verlust von rund 200 Millionen
Franken, womit man erstmals seit 2016 in die Roten Zahlen rutschte. Erwartet
worden war ein Minus von 160 Millionen, wobei dem Kanton vor allem das Geld der
Schweizerischen Nationalbank fehlt, zuletzt 150 Millionen. Doch dank einem
Eigenkapital von 1,2 Milliarden sind weder eine Neuverschuldung noch zusätzliche Sparmassnahmen nötig. Ab 2027
sollen die Defizite gemäss Finanzdepartement wieder sinken.
Ein Risiko für die Staatskasse stellen die St. Galler
Spitäler dar. Die vier kantonalen Spitalverbunde
schrieben rund 59 Millionen Franken Verlust. Eine Geldspritze vom Kanton benötigten die Spitäler indes
nicht. Nach Einschätzung der Regierung haben sie sogar
gute Chancen, ihre Finanzlage zu stabilisieren.
Einen wichtigen Schritt weiter ist die Stadt St. Gallen beim Neubau des Kantonsspitals. Nach jahrelangem Hin und Her entschied der Stadtrat, das Spitalhochhaus «Haus 04» nicht unter Schutz zu stellen. Das 78 Meter hohe Gebäude aus dem Jahr 1975 war zuvor in einem externen Gutachten als Schutzobjekt von kantonaler Bedeutung qualifiziert worden. Doch nun entschied der Stadtrat, dass das Interesse an der öffentlichen Gesundheitsversorgung höher zu gewichten ist als der Schutz des Hochhauses. Die Unterschutzstellung würde «eine betrieblich und betriebswirtschaftlich nachhaltige und langfristige bauliche Entwicklung in Frage stellen», so das Communiqué.
Erleichtert sind darüber die Spitalverantwortlichen. Sie hatten
stets betont, dass die Gebäudestruktur des Spitalhochhauses eine weitere
Nutzung als Spitalgebäude unmöglich macht. Eine alternative Nutzung als
Bürogebäude wäre teuer und betrieblich nicht sinnvoll. Indes: Die nächsten zehn
Jahre wird das nicht schützenswerte Hochhaus weiterhin als Spitalgebäude
genutzt. Zunächst steht der Abschluss des Generationenbauwerks «come together»
im Vordergrund, das 2029 bezugsbereit sein soll.
Probleme mit neuer Bibliothek
Einen Rückschritt gab es beim Neubau-Projekt für eine
Kantons- und Stadtbibliothek in St. Gallen.
Vor drei Jahren war ein Siegerprojekt vorgestellt worden, das rund 140
Millionen Franken kosten soll. Doch die FDP-Fraktion im Kantonsrat fordert eine
Überarbeitung des Vorhabens und befürchtet, dass das Projekt auch wegen nicht berücksichtigter, höhere
Betriebskosten in einer Volksabstimmung scheitern würde.
Bevor es aber soweit ist, müssen zuerst das Kantons- und auch das
Stadtparlament zustimmen.
Besser sieht es aus beim neuen Staatsarchiv: Das
Studienzentrum Waldau in der Stadt St. Gallen
wird umgebaut und mit einem fünfstöckigen Gebäudetrakt unter der Erde erweitert.
Voraussichtlich 2026 beginnen gemäss Kanton die
Bauarbeiten, für die das Stimmvolk einen Kredit von
36 Millionen bewilligt hat. Der Bund schiesst weitere drei Millionen für Kulturgüterschutzräume zu.
Quelle: Kantonsschule Wattwil
In zwei Jahren soll das neue Schulhaus der Kantonsschule Wattwil fertiggestellt sein.
Baubeginn bei Schulhäusern
Mit einer Verzögerung von sieben Jahren konnte diesen Sommer
der Grundstein für die Erweiterung der Kantonsschule Sargans gelegt werden. Das
50 Millionen Franken teure Projekt war durch diverse Einsprachen blockiert
worden. Doch nun soll der Neubau innert einer Bauzeit von gerade mal zwei
Jahren realisiert werden.
Noch etwas schneller soll der Neubau der Kantonsschule
Wattwil fertig sein, der ebenfalls diesen September begann. Das neue Schulhaus
wird 720 Schulkindern Platz bieten, wofür der Kanton 73,5 Millionen Franken
ausgibt. Der bestehende Altbau der Kantonsschule wird
ab Sommer 2026 instandgesetzt und danach vom Berufs- und Weiterbildungszentrum
Toggenburg (BWZT) genutzt, das in dieser Zeit selbst für 34,5 Millionen Franken
erneuert und erweitert wird.
Zusatzkredit für Altlastensanierung
Baubeginn war auch beim Regionalgefängnis in Altstätten,
dessen Kapazität von 46 auf 126 Plätze erweitert wird. Mitte 2027 soll der
Erweiterungsbau fertig sein und dann die Schliessung der kleineren Gefängnisse
in Flums und Gossau möglich machen. Vor Baubeginn hatte man noch 6000 Tonnen
belastetes Erdreich entsorgen müssen, die durch jahrelange Übungen der
Feuerwehr mit Rückständen von Löschschaum verunreinigt waren. Hierfür hatte der
Kantonsrat einen Nachtragskredit von weiteren 17,3 Millionen sprechen müssen.
Für das Bauprojekt selbst wurde vom Volk ein Kredit von 60,2 Millionen
bewilligt.
In Rorschach konnten die letzten Rekurse gegen die
Bauprojekte Feldmühle und Stadtbahnhof Süd beigelegt werden. Auf der
Feldmühle-Brache werden nun 300 Wohnungen entstehen, und beim Bahnhof ein
neungeschossiges Hochhaus. Diese Projekte sind wichtig für die mit 1,8
Quadratkilometern flächenmässig kleinste Gemeinde des Kantons, die zudem
schweizweit eine der dichtbesiedeltsten ist. Wenn nun während der Bauauflage
keine Einsprachen mehr eingehen, könnte bereits nächstes Jahr der Spatenstich
erfolgen und Rorschach bald die Marke von 10'000
Einwohnern knacken.
Quelle: DBU/Architekturbüro Diagonal
Die Erweiterung der Berufsfachschule wurde von der Landsgemeinde genehmigt, samt Zusatzkredit für ein höheres Turnhallendach.
Auch Glarus in den roten Zahlen
Wie dem Kanton St. Gallen
ging es finanziell auch Glarus: Erstmals seit zwanzig Jahren, schrieb man
wieder rote Zahlen, genauer minus 5,7 Millionen Franken. Doch das kam nicht
unerwartet. Das Ergebnis fiel immer noch 8,8 Millionen besser aus als geplant,
dank hoher Steuereinnahmen. Andererseits gab man im Gesundheitsbereich zehn
Millionen mehr aus als im Budget stand. Am Ende wird ein Griff ins Kässeli, oder die finanzpolitische Reserve von 15,75 Millionen nötig, womit sich das Vermögen des Kantons
innert vier Jahren fast halbiert hat.
Fürs laufende Jahr sieht das Glarner Budget ein Minus von
6,7 Millionen Franken und einen neuerlichen Griff in die Sparkasse von 8,8
Millionen vor. Der Regierungsrat hat deshalb soeben ein Paket beschlossen, mit
dem der Haushalt um 8 Millionen entlastet werden soll, durch Sparmassnahmen und
Mehreinnahmen. Einige dieser Massnahmen hat die Regierung kraft ihrer Kompetenz
selber beschlossen; über Entlastungen von rund 3 Millionen wird nächstes Jahr
noch die Landsgemeinde zu befinden haben.
Dach wird höher
Zuletzt war die Landsgemeinde bei Sparbemühungen keine
Hilfe. So beschloss sie letzten Mai nicht nur, rund 35 Millionen Franken für
den Neubau und die Erweiterung der Berufsfachschule Ziegelbrücke zu bewilligen.
Entgegen dem ausdrücklichen Willen der Regierung legte das Volk auch noch 1,7
Millionen drauf, um das Dach der Turnhalle um 10 Meter anzuheben. Damit erhält
der Kanton wieder eine wettkampftaugliche Turnhalle.
Die drei Glarner Grossgemeinden haben 2022 zwar weniger
Schulden gemacht als in den Jahren zuvor – zusammen waren es 5,6 Millionen
Franken. Trotzdem erreicht die Verschuldung insgesamt einen neuen Höchststand.
So belief sich die Nettoschuld der Gemeinden Ende 2022 auf rund 16 Millionen,
die Bruttoschuld gar auf 230 Millionen. Der Regierungsrat macht Glarus Nord und
Glarus Süd nun finanzpolitische Vorgaben. Glarus Süd muss Finanzierungslücken
schliessen und den Haushalt wieder ins Gleichgewicht bringen und darf kein
Defizit mehr machen. Glarus Nord wird verpflichtet, die Zunahme ihrer
Investitionsschulden zu begrenzen, da die Nettoschuld das Doppelte der
Steuereinnahmen zu überschreiten droht.
Quelle: Gemeinde Glarus Süd
Alle Bewohner von Schwanden konnten nach dem Erdrutsch in ihre Häuser zurückkehren, da die Arbeiten am Schutzdamm rascher als geplant vorankommen.
Good News für Schwanden
Gute Nachricht für Glarus Nord an anderer Stelle: Früher als
geplant konnten die letzten Bewohner von Schwanden in ihre Häuser zurückkehren,
die sie nach den Erdrutschen letztes Jahr hatten verlassen müssen. Die Arbeiten
am Schutzdamm, der im Rutschgebiet errichtet wird, kamen rascher voran als
erwartet. Bis der 6,5 Meter hohe Damm fertig wird, dauert es indes noch bis
Ende nächsten Jahres.
Einen Schritt nach vorne will Glarus bei den Baugesuchen
machen: Der Kanton hat die entsprechenden Abläufe im Projekt «Analyse und
Weiterentwicklung Baugesuchsprozess im Kanton Glarus» analysiert und ein Paket
von 33 konkreten Massnahmen erarbeitet. Dies wurde nötig, weil nicht nur immer
mehr, sondern auch immer komplexere Baugesuche zu bearbeiten sind. In einem
ersten Schritt werden nun eine Checkliste für Gemeinden und Kanton erarbeitet,
eine Prozess- und Rollenbeschreibung erstellt und die Abläufe vereinheitlicht.
Bereits Ende Jahr sollen diese Sofortmassnahmen umgesetzt sein und nachhaltigen
Nutzen bringen.
Quartier «Kartoni» rückt näher
Eins der grössten Bauprojekte ist das «Kartoni» in Glarus.
Es rückte im Mai seiner Realisierung einen wichtigen Schritt näher, indem die
Glarner Gemeindeversammlung deutlich Ja sagte zu zwei Geschäften: einem
Renaturierungsprojekt, das die geplante Überbauung gegen Hochwasser des
Dorfbachs schützt, und einem Steg über die Linth, der den direkten Anschluss
zum Bahnhof herstellt. Beide Vorhaben schaffen die rechtlichen Grundlagen für
das bedeutende Projekt.
Denn nicht weniger als ein neues Quartier soll auf auf einem
ehemaligen Industrieareal aus dem Boden gestampft werden. Für rund 150
Millionen Franken sind auf 20'000
Quadratmetern 13 Häuser mit 146 neuen Wohnungen geplant.
Dazu gibts ein kulturelles Begegnungszentrum, und auch der um 1860 erbaute Hänggiturm ist ins Projekt integriert, worin das Anna Göldi Museum beheimatet ist. Die Verantwortlichen hoffen auf
einen Baubeginn 2026, womit das Kartoni-Quartier Anfang 2029 bezugsbereit wäre.
Quelle: Dimitri Feitknecht
Das ehemalige Industrieareal in Ennenda, im Vordergrund direkt am Ufer der Linth der Hänggiturm: Hier soll ein komplettes neues Quartier entstehen
Grossprojekt in Linthal
In Linthal, Gemeinde Glarus Süd, ist ein weiteres
Grossprojekt in der Pipeline. Zuhinterst im Tal soll für 60 Millionen Franken
eine Überbauung mit 70 neuen Wohnungen entstehen, auch hier auf einem früheren
Industrieareal. Wo bis 2005 die Spinnerei Linthal beheimatet war, wurde zuerst
mit dem «Linthpark Glarus Süd» ein Gesundheits-, Dienstleistungs- und
Gewerbezentrum geschaffen. Das neue Projekt auf dem Areal bedeutet nun den
nächsten Meilenstein in der Umnutzung. Nachdem letztes Jahr die Baubewilligung
erteilt wurde, sollen die Arbeiten bereits 2025 beginnen und 18 bis 24 Monate
dauern.
Bewegung bei den Baugesuchen herrscht auch im Graubünden: In
Kürze sollen alle Gesuche und Bewilligungen elektronisch über die Plattform
«eBau» abgewickelt werden können. Nach einer Testphase wird das elektronische
Baubewilligungsverfahren in drei Etappen eingeführt, wobei jeweils 20 bis 30
zusätzliche Gemeinden aufgeschaltet werden. Die Benutzung der Plattform ist
kostenlos, und die Benutzer werden schrittweise durch den Prozess geführt,
wobei die Grundstücksdaten automatisch vom Geoinformationssystem hinzugefügt
werden. Gemäss Amt für Raumentwicklung stehen zudem alle benötigten Unterlagen
digital zur Verfügung. Das alles soll das Verfahren beschleunigen.
Graubünden erneut mit Gewinn
Anders als seine Ostschweizer Nachbarn hat der Kanton
Graubünden letztes Jahr einen Gewinn erwirtschaftet, in Zahlen rund 120
Millionen Franken. Das ist zwar weniger als im Rekordjahr 2022, als 216
Millionen übrig blieben, doch konnte immer noch das Eigenkapital erhöht werden,
das nun bei 858 Millionen liegt. Fürs 2024 wird indes mit einem Minus von 50
Millionen gerechnet, und bis 2028 gar mit Defiziten zwischen 124 und 167
Millionen. Diese resultieren aus den bereits beschlossenen Steuersenkungen, dem
Wegfall der Nationalbank-Gelder und geringeren Bezügen aus dem Nationalen
Finanzausgleich.
Seit Längerem schon im Minus ist die Kantonshauptstadt Chur:
Sie hat zuletzt ein Defizit von 12 Millionen erwirtschaftet. Folglich
erarbeitete sie auf Wunsch des Gemeinderats, des Parlaments, ein
«Massnahmenpaket zum Erhalt der Investitionsfähigkeit», das sowohl Einsparungen
als auch Mehreinnahmen von je acht Millionen vorsah. Das wiederum stiess auf
massiven Widerstand der Bevölkerung, die sogar Demos vor dem Rathaus
durchführte. Am Ende wurde die Vorlage versenkt. Und die Stadt wird heuer
gemäss Budget 2,5 Millionen Franken Minus erwirtschaften.
Quelle: Adrian Michael - Own work wikimedia CC BY-SA 3.0
In Chur West soll diesen zwei Hochhäusern ein drittes hinzugesellt werden. Doch gegen die entsprechende Volksabstimmung ist eine Beschwerde eingegangen; Ausgang offen.
Grösstes Projekt des Kantons
In Chur har der Kanton auch sein grösstes Neubau-Projekt
gestartet: die Fachhochschule. Stadt und Kanton konnten das Baugesuch innert
nur drei Monaten zur Genehmigung bringen, so dass demnächst der Spatenstich
erfolgt. Für rund 180 Millionen Franken entsteht auf dem Areal Pulvermühle das
neue Hochschulzentrum, dass 2028 seinen Betrieb aufnehmen soll.
Ganz anders ist die Lage bei einem privaten Grossprojekt: In
Chur West ist neben den zwei markanten Hochhäusern ein drittes geplant, und die
Churerinnen und Churer sagten kürzlich mit hauchdünnen 156 Stimmen Mehrheit Ja
zum entsprechenden Baurechtsvertrag, der ein 21-stöckiges Hochhaus umfasst.
Doch sogleich ging eine Stimmrechtsbeschwerde ein, da die Abstimmungsbotschaft
unverständlich und intransparent gewesen sei. Eine Ansicht, die unabhängige
Rechtsexperten teilen.
Angespannter Wohnungsmarkt
Immer angespannter ist die Lage auf dem Bündner
Wohnungsmarkt: Der Leerbestand hat sich im letzten Jahr wieder deutlich
verringert, und daneben steigen die Preise. Das Problem ist laut einer Analyse
des Volkswirtschaftsdepartements die Grösse der Haushalte: Heute leben fast
drei Viertel in Ein- oder Zweipersonenhaushalten.
Ein weiterer Faktor ist die geringe Bautätigkeit, die aber im Vergleich zur Restschweiz wieder etwas Fahrt aufnimmt. Trotzdem will der Kanton in der Boden- und Wohnraumpolitik aktiv werden und erarbeitet zurzeit die nötigen rechtlich Grundlagen, um die Wohnraumförderung auszubauen. Denn: «Die Baupipeline ist immer noch zu wenig gefüllt für eine klare kurz- bis mittelfristige Entspannung.»
Quelle: Kanton Appenzell-Innerrhoden
Der Internationale Bodenseeraum, inklusive Kantons- und Landesgrenzen.
Prosperierende Region
Im Moment entwickelt die Schweiz zum allerersten Mal ein
Strategiepapier zur Raumentwicklung, das von Gemeinden, Kantonen und Bund
gemeinsam erarbeitet wird. Konkret sind es der Gemeindeverband, der
Städteverband, die Konferenzen der Kantonsregierungen und der Bau-, Planungs-
und Umweltdirektoren sowie das Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und
Kommunikation (UVEK) und das Bundesamt für Raumentwickung: Sie wollen bis 2025
«einen Orientierungsrahmen und eine Entscheidungshilfe für die künftige Raumentwicklung
der Schweiz» erarbeiten.
Diese Übung hat nun die Ostschweizer Kantone zum geeinten
Handeln angestachelt: Thurgau, St. Gallen,
Appenzell Innerrhoden und Ausserrhoden wehren sich dagegen, dass die
Nordostschweiz im Konzept «als klein- und mittelstädtisch geprägter Handlungsraum» gilt. Die Kantone lehnen auch die Bezeichnung «Nordostschweiz» ab: Man müsste den «internationalen Bodenseeraum» mit seinen grenzübergreifenden
Verflechtungen mit einschliessen. Um dieser Forderung Nachdruck zu verleihen,
haben sich die vier Kantone auf ein gemeinsames Vorgehen in raumplanerischen
Grundsatzfragen geeinigt, nachdem schon zuvor die Zusammenarbeit mit den
Behörden in Deutschland und Österreich verstärkt worden war. Auf diese Weise
will man der Region grösseres Gewicht im nationalen Raumkonzept verschaffen.
Immerhin zählt die Region eine dreiviertel Million Einwohner und rund 400'000 Arbeitsplätze, was den Ausserrhoder Baudirektor Dölf
Biasotto zum Fazit führt: «Der
Bodenseeraum ist eine der prosperierendsten Regionen Europas.» (bk)