17:34 BAUBRANCHE

Gesundheitsbefragung des BFS: Immer mehr Menschen fühlen sich bei der Arbeit gestresst

Teaserbild-Quelle: Christian Erfrut, Unsplash

Der Anteil der Personen, die sich bei der Arbeit als gestresst betrachten, hat sich innert zehn Jahren (2012-2022) um ein gutes Viertel oder von 18 auf 23 Prozent erhöht, davon fühlt sich über die Hälfte (53%) bei der Arbeit emotional erschöpft und hat ein höheres Burnout-Risiko. Eine der am überdurchschnittlichsten betroffenen Branchen ist das Baugewerbe, neben der Gastronomie sowie dem Gesundheits- und Sozialwesen. Dies zeigt die aktuelle Schweizerische Gesundheitsbefragung des Bundesamts für Statistik (BFS).

Bauarbeiter (Symbolbild)

Quelle: Mika Baumeister, Unsplash

Physische Risiken betreffen Männer in der Baubranche besonders stark.

Die Arbeitsbedingungen prägen die Gesundheit wesentlich. Wie sich diese im Laufe der letzten Jahre ausgewirkt haben, zeigen die aktuellen Resultate der Schweizerischen Gesundheitsbefragung (SGB) des BFS. Die Basis lieferten Daten aus Umfragen (mehr dazu am Ende des Textes) aus den Jahren zwischen 2012 und 2022; Sie umfassen zehn physische und neun psychosoziale Risiken. 

Das Risiko das am stärksten zugenommen hat: Stress. Der Anteil der Befragten, die darunter leiden, hat sich von 18 auf 23 Prozent oder ein knappes Viertel erhöht. Zudem fühlt sich rund jede zweite dieser Personen emotional erschöpft und hat somit ein höheres Risiko für ein Burnout.

Derweil sind die physischen Risiken mehr oder weniger gleichgeblieben. Das heisst: Im 2022 waren 47% der Männer und 43% der Frauen bei ihrer Arbeit mindestens dreien der zehn physischen Risiken ausgesetzt. Damit ist der Anteil bei den Männern leicht gesunken, im 2012 waren es noch 50%. Insbesondere die Exposition gegenüber giftigen oder schädlichen Stoffen habe sich bei den Männern im Jahr 2022 gegenüber 2012 deutlich von 28% auf 23% verringert, teilt das BFS mit. 

Die einzigen physischen Risiken, die von Frauen häufiger erwähnt wurden als von Männern, sind schmerzhafte, ermüdende Körperhaltungen (50% im 2012 gegenüber zu 45% im 2022) sowie das Tragen oder Bewegen von Personen (15% im 2012 gegenüber 8% im 2022). Derartige Belastungen kommen vor allem in der Pflege oder bei der Betreuung kleiner Kinder häufig vor.

Hohe Risiken in Baugewerbe, Gastronomie und Gesundheitswesen

Im Baugewerbe (mehr zum Baugewerbe in nachfolgender Box) und in der Landwirtschaft überwiegen physische Risiken gegenüber psychosozialen Risiken ganz klar. Über vier Fünftel der in diesen Branchen tätigen Personen sehen sich mit mindestens drei physischen Risiken konfrontiert.

Gesundheitliche Risiken im Baugewerbe

Wie stark Berufsleute physischen oder psychosozialen Risiken ausgesetzt sind, ist stark von der Branche abhängig. In der Umfrage werden sie in drei Gruppen gegliedert:

  • Branchen mit sehr hohen physischen Risiken
  • Branchen mit hohen physischen und psychosozialen Risiken
  • Branchen mit geringen physischen Risiken und moderaten

Die Beschäftigungen in dieser Gruppe entsprächen der traditionellen Auffassung von gesundheitsgefährdenden Arbeitsbedingungen, heisst es im Bericht zur Umfrage. Von derartigen Jobs sind Männer und Frauen in der Landwirtschaft (2% der im Rahmen der SGB befragten Erwerbstätigen) betroffen und Männer im Baugewerbe (9% der erwerbstätigen Männer). Die 2% Frauen im Baugewerbe hätten ein anderes Profil, ist weiter zu lesen.

Die Situation der Männer im Baugewerbe unterscheidet sich von jener der Personen in anderen Branchen mit hohen physischen Risiken. So gaben 50% der im Baugewerbe tätigen Männer an, dass sie mindestens drei psychosozialen Risikotypen ausgesetzt sind.

Hohes Arbeitstempo gefordert und hoher Zeitdruck

Sie sind demnach im Vergleich zu allen erwerbstätigen Männern nicht nur überdurchschnittlich häufig – abgesehen vom ausgenommen das Tragen und Bewegen von Personen – mit allen physischen Risiken konfrontiert, sondern auch mit zwei psychosozialen Risiken. So haben sie überdurchschnittlich häufig berichtet, dass sie unter hohem Zeitdruck stehen (62% gegenüber 51% im Durchschnitt), und dass sie während mindestens drei Viertel der Arbeitszeit ein hohes Arbeitstempo hinlegen müssen (57% gegenüber 45% im Durchschnitt). Zudem bemängeln sie häufiger als der Durchschnitt, dass sie bei der Arbeit nur wenig Gestaltungsspielraum haben (36% gegenüber 28%).

Der Anteil der unter Stress stehenden Personen liegt im Baugewerbe ebenfalls über dem Durchschnitt (28% gegenüber 21%), der Unterschied ist laut BFS aber statistisch nicht signifikant. (mai/mgt)


Im Gesundheitswesen, im Gastgewerbe, im Handel sowie im Verkehr treten psychosoziale Risiken ebenso häufig auf wie physische Risiken. In diesen Branchen sind knapp oder mehr als die Hälfte der Erwerbstätigen von mindestens drei physischen oder mindestens drei psychosozialen Risiken betroffen. - In den anderen Dienstleistungsbranchen sind gesundheitsgefährdende Arbeitsbedingungen weniger stark verbreitet und psychosoziale Risiken treten dort häufiger auf als physische Risiken.

Jüngste Altersklassen sind öfter physischen Risiken ausgesetzt

Es gibt allerdings nicht nur Unterschiede zwischen den einzelnen Branchen, sondern auch zwischen den Altersklassen. So sind unter 30-Jährige bei der Arbeit öfter mit physischen Risiken konfrontiert als ältere Altersklassen, vor allem Männer: 61%  geben mindestens drei physische Risiken an, gegenüber 46% der 30- bis 49-Jährigen und 41% der 50- bis 64-Jährigen. 

Zudem sind junge Frauen öfter mindestens drei psychosozialen Risiken ausgesetzt als ältere. Sie seien insbesondere vermehrt gestresst (32% gegenüber 26% bei den 30- bis 49-Jährigen respektive 19% bei den 50- bis 64-Jährigen) und geben häufiger an, Gewalt oder Diskriminierungen erlebt zu haben (32% gegenüber 20% respektive 16%). (mai/mgt)


Datenquelle und Umfrage

Mit der Schweizerischen Gesundheitsbefragung (SGB) wird unter anderem in Erfahrung gebracht, wie sich gesundheitsgefährdende Arbeitsbedingungen zwischen 2012 und 2022 entwickelt haben. Dazu wurden in den letzten drei Erhebungen (2012, 2017 und 2022) jeweils dieselben Fragen gestellt. Diese Erhebungen fanden bei einer repräsentativen Stichprobe der ständigen Wohnbevölkerung ab 15 Jahren in Privathaushalten statt. 

Hinsichtlich der Arbeitsbedingungen wurden erwerbstätige Personen (Arbeitnehmende und Selbstständigerwerbende) im Alter von 15 bis 64 Jahren mit einem Arbeitspensum von mindestens 20% untersucht, d. h. insgesamt 10 962 Personen im Jahr 2022 (5614 Frauen und 5348 Männer).

Zu den zehn in der SGB dokumentierten physischen Risiken gehören stets gleiche Arm- oder Handbewegungen, schmerzhafte oder ermüdende Körperhaltungen, das Tragen und Bewegen schwerer Lasten bzw. das Tragen und Bewegen von Personen, Stehen, hohe oder niedrige Temperaturen, starker Lärm, Vibrationen sowie die Exposition gegenüber giftigen oder schädlichen Stoffen.

Die neun in der SGB dokumentierten psychosozialen Risikotypen umfassen hohe psychologische Arbeitsanforderungen, hoher Zeitdruck, geringer Gestaltungsspielraum, Wertekonflikte, emotionale Beanspruchung, geringe Wertschätzung oder soziale Unterstützung, Diskriminierung oder Gewalt, Stress und die Angst um den Arbeitsplatz.

Werden pro Risikogruppe mindestens drei Risiken genannt, gilt dies als Indikator für eine übermässige Belastung. (mgt/mai)

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