Geotechnik: Passgenaue Ausführung von Baugruben und Fundationen
Geologisch–geotechnische Untersuchungen geben Auskunft über das Verhalten eines Baugrunds. Neuere Kenntnisse des Bodenverhaltens und Fortschritte in der Verfahrenstechnik ermöglichen die passgenaue Ausführung von Baugruben und Fundationen.
Baugrund wird immer knapper und ist entsprechend teuer. Deshalb werden heute Bauwerke auch auf Parzellen errichtet, die zu früheren Zeiten wegen der schwierigen Bodenverhältnisse oder ungünstigen Lagen nicht genutzt worden wären. Probleme der Tragfähigkeit, starke Verformungen, Grundwasser, Kriech- oder Rutschbewegungen und nicht zuletzt belastete Standorte stellen die Planer und ausführenden Firmen vor grosse Herausforderungen.
Was bei der Vorbereitung, Planung und Ausführung von Bauvorhaben zu beachten ist, und wie man sich für mögliche Schadensfälle mit Beweisen absichert, stand im Mittelpunkt des Burgdorfer Geotechniktags 2020. Zudem wurden neue Möglichkeiten der Fundation und Bodenverbesserung aus deraktuellen Praxis betrachtet.
Ein Risiko besteht immer
Der Baugrund ist ein spezieller Baustoff. Es ist natürlich gewachsen, standortabhängig und lässt sich nicht normieren. Die Besonderheit der Projektierung von Fundationen sowie von geotechnischen Tragwerken besteht allgemein darin, dass die Baugrundwerte durch ortsspezifische Baugrunduntersuchungen ermittelt werden müssen. Deshalb ist vor jedem geplanten Bauvorhaben, ein umfassendes Baugrundgutachten zu erstellen.
Doch selbst dann bestehen Risiken. Untersuchungen erfolgen nur stichprobenartig. Selbst wenn ausreichend Untersuchungen vorgenommen wurden, besteht immer die Möglichkeit, dass beispielsweise eine wasserführende Schicht nicht erkannt wurde, welche die anstehenden Tiefbauarbeiten entscheidend beeinflussen kann.
«Bei der Ausführung kommt es meistens schlechter heraus, als man es erwartet hat. Deshalb sollte der Bauherr bezüglich Projekt- und Kostensicherheit immer ein grosses Interesse daran haben, den Baugrund möglichst gut zu untersuchen und zutreffend beschreiben zu lassen», betont Matthias Ryser, leitender Ingenieur Geotechnik bei der Dr. Vollenweiler AG, Zürich. Ein Bauvorhaben sei auch bei guter Beschreibung und Beurteilung des Baugrunds immer mit gewissen Unsicherheiten verbunden.
Arbeitsteilung empfohlen
Da Boden keine Einheitsnorm aufweise, sei ein breites Spektrum von Kenntnissen nötig, um die richtigen Massnahmen einzuleiten.Deshalb wird auch die Baugrunduntersuchung in der Regel von einem anderen Büro als die Projektierung des Tragwerks ausgeführt. «Es braucht eine Aufgabenteilung für Spezialgebiete, wenn es sich nicht um ein sehr einfaches Projekt handelt. Baugrunduntersuchungen erfordern ein vertieftes Fachwissen und Erfahrungen in Geologie und Geotechnik», meint Ryser.Es sei kaum möglich, dass ein Bauingenieur alle Aufgaben abdecken könne.
Die SIA-Norm 267regelt alsGrundlage, welche technischen Aufgaben zur Baugrunduntersuchung, Baugrundlagenbeschaffung oder Projektierung gehören. Sie legt aber nicht fest, wer diese Aufgaben zu erfüllen hat. Die SIA-Ordnung für Leistungen und Honorare der Bauingenieure (LHO 103) besagt, dass Untersuchungen im Rahmen der Grundlagenbeschaffung nicht in den Grundleistungen des Bauingenieurs enthalten sind. Es besteht aber die Möglichkeit, sie als Zusatzleistung zu vereinbaren.
«In der Praxis ist man ziemlich frei, wie man sich vertraglich organisiert und wie die Aufgabenverteilung erfolgt. Dies ist sozusagen liberale Schweizer Tradition. Auch in derinterdisziplinärenSIA-Arbeitsgruppe war man sich darüber einig, dass man sich dabei nach den Anforderungen des Projekts und der Kompetenz der Beteiligten und nicht stur nach Normanforderungen richtet», sagt Ryser.
Aufgaben präzisieren
Auch wenn zwischen Grundlagenbeschaffung und Projektierung gegenseitige Abhängigkeiten bestehen, sind die Aufgabengebiete zu unterscheiden. Zu den Aufgaben der Grundlagenbeschaffung gehört ein geologisch-geotechnischer Bericht mit einem exakten Beschrieb und einer Modelldarstellung vom Schichtaufbau des Baugrunds. Dieser beruht auf den Ergebnissen der stichprobenartigen Sondierungen und auf Kenntnissen zur Entstehungsgeschichte der betreffenden Formation.
Zudem sind die geschätzten Erwartungs- und Extremwerte des Baugrunds anzugeben. Des Weiteren sind Angaben zu den Grundwasserverhältnissen zu machen, unter anderem über den gemessenen Grundwasserspiegel und dessen Schwankungsbereich zwischen den geschätzten Niedrig- und Hochwasserständen. Dem Bericht sind zudem Hinweise zu geologisch-geotechnischen Risiken, Versickerungsmöglichkeiten und den Aushubverhältnissen zu entnehmen.
Auf Basis der gewonnenen Erkenntnisse zu den Baugrundverhältnissen und der bestehenden Unsicherheiten wird das Tragwerks- und Fundationskonzept festgelegt und in Absprache mit dem Bauherrn das zweckmässigste Bauverfahren gewählt. Dieser Entscheid unterliege allerdings der Projektierung und könne nicht an die Grundlagenbeschaffung delegiert werden, so Ryser. Zur Grundlagenbeschaffung gehört während der kompletten Ausführung aber die Überprüfung der angetroffenen geologischen Verhältnisse und der Vergleich mit der Prognose.
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