Geophysik macht römische Siedlung in Lenzburg sichtbar
Auf dem Lindfeld in Lenzburg kamen immer wieder römische Funde zum Vorschein. Mittels Geophysik konnten nun die gesamten im Boden steckenden Überreste der römischen Siedlung sichtbar gemacht werden. Dabei wurde auch ein vermuteter Tempel entdeckt.
Quelle: Kantonsarchäologie, Kanton Aargau
Gesamtplan der geoelektrischen Untersuchungen: Die Überreste der im Boden steckenden Siedlung im Lindfeld zeichnen sich hervorragend ab. Links im Bild die Überreste des Tempels.
Seit über 100 Jahren werden auf dem Lindfeld, etwas ausserhalb der Altstadt von Lenzburg, immer wieder römische Funde verzeichnet. Aus früheren Ausgrabungen wurden bereits Gebäudegrundrisse, eine Strasse, ein Gräberfeld sowie ein Theater entdeckt. Im Zuge eines mehrjährigen Projekts widmet sich die Aargauer Kantonsarchäologie derzeit gemeinsam mit der Vindonissa-Professur der Universität Basel und dem Museum Burghalde in Lenzburg der römischen Siedlung im Lindfeld.
Die Kantonsarchäologie untersuchte so in den letzten zwei Jahren in Absprache mit dem Eigentümer das rund 12 Hektar grosse Landwirtschaftsareal mit geophysikalischen Methoden. Die Messresultate würden die römische Siedlung nun erstmals in ihrer ganzen Ausdehnung zeigen, wie das kantonale Departement Bildung, Kultur und Sport am Montag mitteilte. Zu den Funden zählen ein bisher erst vermuteter, grosser Tempel sowie kleine Sakralbauten.
Vermuteter Tempel im Untergrund gefunden
Forscher vermuteten gemäss Mitteilung schon lange, dass zum römischen Theater, das 1964 gefunden wurde, auch ein Tempel gehören muss. Dies haben die geophysikalischen Messungen nun bestätigt. Ähnlich einem Röntgenblick brachten diese das Tempelareal mit einer Grundfläche von rund 60 x 70 Metern im Untergrund zum Vorschein. Sein Aussehen bleibe zwar weitgehend Spekulation, könne aber im Vergleich zu anderen Tempelanlagen erschlossen werden, heisst es.
Quelle: Kantonsarchäologie, Kanton Aargau
Das römische Theater wurde 1964 überraschend entdeckt. Es diente in römischer Zeit nicht nur zur Aufführung von Dramen und Komödien, hier wurden auch religiöse Zeremonien abgehalten.
Im Inneren der Anlage lag das Heiligtum, das von einer Umfassungsmauer umgeben war. Zusammen mit zwei weiteren, kleineren Sakralbauten im Umfeld des Theaters und dem Theater selbst gehöre der Tempel zu einem heiligen Bezirk, wie das Departement festhält. Dies wiederum mache wahrscheinlich, dass in Lenzburg in römischer Zeit ein religiöses Zentrum lag, zu dem eine Siedlung gehörte. Hierhin pilgerten früher vermutlich Menschen aus der Umgebung für religiöse Feste.
Röntgenblick in den Boden mit Geophysik
Die angewandten geophysikalischen Messungen wie Geomagnetik und Geoelektrik erlauben einen zerstörungsfreien Einblick in den Boden – ähnlich einem Röntgenblick. Bei der Geoelektrik wird der elektrische Widerstand gemessen, bei der Geomagnetik das Erdmagnetfeld. Dabei entsteht ein Bild der im Boden steckenden Strukturen. Beide Methoden werden in der Kantonsarchäologie gemäss Mitteilung seit rund drei Jahren systematisch angewendet.
Quelle: Kantonsarchäologie, Kanton Aargau
Die Geomagnetik misst Unterschiede im Erdmagnetfeld. Dadurch lassen sich im Boden steckende Überreste visualisieren.
Geophysik wird laut dem Departement zur genaueren Abklärung bekannter archäologischer Fundstellen verwendet. Aber auch im Vorfeld von Bauprojekten kommt diese zum Einsatz, um eine bessere Planungssicherheit zu erhalten. Die zerstörungsfreie Methode entspreche im Gegensatz zu invasiven Methoden wie etwa einer Baggersondierung dem Schutzgedanken, wonach archäologische Hinterlassenschaften wann immer möglich im Boden erhalten bleiben sollen.
Suche nach der verlorenen Stadt
Im Fall des Lindfelds soll die Untersuchung den Zustand und die Ausdehnung der römischen Siedlung erfassen, um künftig den bestmöglichen Schutz gewährleisten zu können. In Zusammenarbeit mit dem Landeigentümer wurde laut Mitteilung ausserdem das gesamte Areal von einem Freiwilligen der Kantonsarchäologie mit dem Metalldetektor abgesucht, um oberflächennahe Funde zu bergen und sie damit vor dem Pflug und vor illegalen Sondengängern zu schützen.
Im Rahmen des Projekts mit dem Arbeitstitel «Auf der Suche nach der verlorenen Stadt» sollen neben dem Erkenntnisgewinn zur Ausdehnung der Siedlung auch die Funde analysiert und die bisher bekannten Quellen aufgearbeitet werden. Als Abschluss des Projekts soll 2025 ausserdem eine Sonderausstellung im Museum Burghalde in Lenzburg zu sehen sein. (mgt/pb)
Quelle: Kantonsarchäologie, Kanton Aargau
Die geoelektrische Untersuchungsmethode misst den Widerstand des Bodens. Dadurch zeichnen sich unterschiedliche Strukturen ab.