Gemeinderat von Thun erklärt Wohn-Initiative als teilweise ungültig
Der Gemeinderat hat die Thuner Wohn-Initiative teilweise für ungültig erklärt. Die Umsetzung der Initiative bis 2035 ist laut der Stadtregierung praktisch ausgeschlossen. Der Gemeinderat möchte den Initiativtext nun ohne Jahrzahl dem Stadtrat unterbreiten.
Quelle: Daniel Reust - Own work wikimedia CC BY-SA 4.0 DEED
Blick auf die Stadt Thun. (Symbolbild)
Die Wohn-Initiative verlangt, dass sich im Jahr 2035 mindestens 15 Prozent der Wohnungen in der Gemeinde Thun im Eigentum von gemeinnützigen Wohnbauträgern befinden sollen, wie das Initiativkomitee «Wohnen für alle» auf seiner Webseite schreibt. Diese Forderung ist aus Sicht des Gemeinderats nicht umsetzbar, wie dieser am Freitag mitteilte.
Damit eine Initiative für gültig erklärt wird, darf sie unter anderem nicht undurchführbar sein, wie der Thuner Stadtverfassung zu entnehmen ist. Dieser Grundsatz sah der Gemeinderat in seiner Prüfung als verletzt.
Rund 10,4 Prozent gemeinnützige Wohnungen
Im achtseitigen Begründungsschreiben hält der Gemeinderat fest, dass Thun im Jahr 2022 über 22'477 Wohnungen verfügte. 10,4 Prozent davon seien gemeinnützig. Um die 15 Prozent zu erreichen, müssten in den nächsten zwölf Jahren bei gleichbleibender Bautätigkeit knapp 1600 gemeinnützige Wohnungen neu erstellt werden.
Bis ins Jahr 2035 würde sich jedoch nach aktueller Planung der Anteil an gemeinnützigen Wohnungen auf rund 11,1 bis 11,7 Prozent steigern. Dies würde zeigen, dass ein Anteil von 15 Prozent bis ins Jahr 2035 völlig unrealistisch sei. Der Gemeinderat zieht in seiner Prüfung auch andere Szenarien mit ein, aber auch damit könne das Ziel nicht erreicht werden.
Text soll ohne Frist unterbreitet werden
Die Initiative könne jedoch als teilungültig erklärt werden und müsse nicht vollständig verworfen werden. Dies sei möglich, wenn der Kern der Initiative unangetastet bleibe. Werde im vorliegenden Fall der Betrachtungszeitraum ausgedehnt, so sei nicht ausgeschlossen, dass das Ziel dereinst erreicht werden könnte.
Gestützt auf diese Überlegungen entschied die Stadtregierung den Text ohne die Jahrzahl dem Stadtrat vorzulegen. Auch weil davon ausgegangen werde könnte, dass die Unterzeichnenden den Text auch ohne die Frist unterschrieben hätten.
Möglicher Gegenvorschlag im Parlament
Gegen den Beschluss des Gemeinderats kann innert 30 Tagen nach der Publikation im Amtsblatt beim Regierungsstatthalteramt Thun Beschwerde erhoben werden. Das Initiativkomitee werde davon nicht Gebrauch machen, sagte Adrian Christen, Co-Präsident des Komitees, auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.
Ein Ziel ohne Frist sei jedoch nutzlos, meinte Christen. Deshalb werde er sich in der Parlamentsdebatte als SP-Stadtrat dafür einsetzen, dass ein Gegenvorschlag erarbeitet werde. Dieser solle eine Jahrzahl, zum Beispiel 2050, beinhalten.
Das Geschäft wird voraussichtlich im kommenden Juni im Stadtrat behandelt. Bei einer Annahme durch den Stadtrat gilt die Initiative als angenommen und muss nicht noch vors Stimmvolk. Bei einer Ablehnung kommt es zu einer Urnenabstimmung.