Gammelhäuser-Kauf: Zürcher Stadtrat legt Kredit nachträglich vor
Der Stadtrat von Zürich will sich nachträglich den Kauf zweier Liegenschaften bewilligen lassen, die als Gammelhäuser bekannt geworden sind: Er beantragt dem Parlament zwei Objektkredite über 18 und 14 Millionen Franken. Hier sollen insgesamt 74 Wohnungen für bedürftige Personen entstehen.
Der Stadtrat war der Ansicht, dass er die beiden Häuser an der Neufrankengasse in Aussersihl in eigener Kompetenz erwerben könnte, weil es sich um dringliche Käufe handelte. Er sei nach wie vor der Meinung, dass es richtig war – vor allem aus sozialpolitischen Gründen, sagte Finanzvorsteher Daniel Leupi (Grüne) vor den Medien. Das kantonale Verwaltungsgericht hiess jedoch in der vergangenen Woche eine Stimmrechtsbeschwerde von SVP, FDP und CVP gut und hob die Käufe wieder auf. Mit diesem Entscheid werde die langjährige und erfolgreiche Praxis in Bezug auf unaufschiebbare Käufe in Frage gestellt und die Stadt bei ihrer Arbeit behindert, hielt der Stadtrat damals in einer ersten Reaktion fest.
Keine Beschwerde beim Bundesgericht
Er verzichtet nun aber darauf, Beschwerde einzulegen: Er teile die Meinung des Gerichts zwar nicht, doch akzeptiere er den Urteilsspruch. Ein Gang ans Bundesgericht würde die vorgesehene Nutzung der Häuser stark verzögern, und ausserdem habe das Bundesgericht nur eine eingeschränkte Beurteilungsmöglichkeit, sagte Leupi.
Der Stadtrat legt die beiden Objektkredite für den Liegenschaftenerwerb dem Parlament nun nachträglich vor. Für die Neufrankengasse 6 sind es knapp 18 Millionen Franken, davon 14,6 Millionen für den Kauf ins Verwaltungsvermögen und 3,4 Millionen für die Instandhaltung und Nutzbarmachung.
Kostendeckende Mieten
Hier soll ein Pilotprojekt entstehen mit einem Angebot für sogenannte "betreuungsresistente Einzelpersonen". Das sind häufig psychisch Erkrankte und/oder Menschen aus dem Suchtbereich, die bisher zwischen verschiedenen bestehenden Angeboten hin- und herpendeln. Das Quartier soll nicht übermässig belastet werden. Vorgesehen ist beispielsweise ein kontrollierter Zugang zum Haus. "Wir betreten damit Neuland", sagte Sozialvorsteher Raphael Golta (SP). Man müsse sehen, ob es funktioniert. Eine Kleinwohnung mit einfacher Ausstattung soll 720 Franken kosten.
Für das Haus Nr. 14 beträgt der Objektkredit 14,2 Millionen Franken, davon 11,5 Millionen für den Kauf und 2,7 Millionen für Instandhaltung und Nutzbarmachung. Hier sind Wohnungen für Einzelpersonen und Paare geplant, die zwar wenig Betreuung benötigen, aber von Obdachlosigkeit bedroht sind. Hier wird der Netto-Mietzins 780 Franken betragen. In beiden Häusern sind die Mieten kostendeckend.
In die beiden Häuser, die in einem sehr vernachlässigten Zustand waren, wurden bereits 650'000 Franken investiert, unter anderem für Sicherungs- und Reinigungsarbeiten sowie Schädlingsbekämpfung. Ausserdem wurden dringende Arbeiten an Gebäudehülle und -technik ausgeführt. Bis zum Beschluss des Parlaments werden nur noch begonnene Arbeiten ausgeführt.
Sagt das Parlament Nein, werden die Häuser verkauft
Nun muss nach den Herbstferien die zuständige Kommission des Gemeinderats über das Geschäft beraten. Ziel für die Neunutzung sei der 1. Januar 2019, sagte Golta. Wenn der Gemeinderat die Objektkredite ablehnt, werden die Häuser wieder verkauft. Dann bestehe allerdings die Gefahr, dass derselbe Effekt auftritt wie bisher, warnte Leupi vor einem erneuten Entstehen von "Gammelhäusern".
Der Kauf einer dritten Liegenschaft an der Magnusstrasse, die das Verwaltungsgericht ebenfalls aufgehoben hatte, will der Stadtrat in naher Zukunft mit einer weiteren Vorlage ebenfalls nachträglich dem Parlament vorlegen. Zurzeit wird noch daran gearbeitet, die definitive Nutzung festzulegen.
Der Kaufpreis für die drei Liegenschaften betrug insgesamt 32,3 Millionen Franken. Kaufgeschäfte von mehr als 2 Millionen Franken muss normalerweise der Gemeinderat bewilligen. (sda)
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