Forum Smart Home: Wie sicher ist die vernetzte Wohnung?
Smart Homes sollen Komfort und Sicherheit bieten. Wenn plötzlich eine unbekannte Stimme aus dem Überwachungssystem ertönt, wird das moderne Wohnerlebnis aber schnell ungemütlich. Wie das «Forum Smart Home» in Basel zeigte, können einfache Massnahmen viel bewirken, doch oft fehlt das Risikobewusstsein.
«Einen Knopf zu drücken und ‹Licht an› zu befehlen, ist kein bisschen effizienter als einen gewöhnlichen Lichtschalter zu betätigen», betonte Reiner Hoffmann, Verkaufsleiter bei der Feller AG, am diesjährigen «Forum Smart Home» von Electro Suisse. Eine Wohnung ist noch lange nicht intelligent, wenn das Licht oder die Storen per Sprachbefehl gesteuert werden können. «Die Lösungen müssen mehr können, sie müssen wirklich intelligent sein», so Hoffmann. Das tönt logisch, doch in der Faszination um moderne Haushaltstechnologien scheinen diese Überlegungen regelmässig in den Hintergrund zu treten. So wurde auch in Basel immer wieder die Frage aufgeworfen: Sind Smart-Home-Lösungen nur Spielereien?
Sind Alexa, Siri und Co wirklich intelligent?
Auf einem Markt mit etlichen Anbietern von Einzellösungen erstaunt es kaum, dass die heutigen Anwendungen eher Spielerei-Charakter haben. In den meisten Wohnungen, die mit irgendeiner Form von intelligentem System ausgestattet sind, wird dieses derzeit vor allem für die Beleuchtung oder die Musiksteuerung per Sprachbefehl genutzt. «Amazon Echo oder Google Home haben für den Endbenutzer sicherlich ihre Berechtigung», ist Hoffmann überzeugt. Doch die Skepsis überwiegt: «Sind das wirklich smarte Systeme? Oder sind sie bloss nebeneinander existierende Lösungen für Teilprobleme?»
Kunden ins Zentrum rücken
Hoffmanns Fragen werfen vor allem mehr Fragen auf: Was soll das Smart Home überhaupt können? Welche Probleme haben diese «Lösungen» denn zu «lösen»? Einigkeit besteht darüber, wem ein intelligentes Zuhause dienen soll: Dem Menschen, der darin wohnt. Es geht um Komfort bei gleichzeitiger Ressourcenschonung. Noch etwas, das eigentlich logisch tönt. Selbstverständlich ist es aber nicht: «Unternehmen arbeiten stets an der Optimierung ihres Produkts. Doch erst am Ende stellen sie sich die Frage, was denn der Kunde überhaupt will», bedauert Markus Kramer, Associate Professor in Brand Management an der Cass Business School in London.
Er plädiert für die umgekehrte Denkweise: Nicht die Technologie solle im Vordergrund stehen, sondern der Mensch und seine Bedürfnisse. Ist die Steuerung der Storen über modernste Technologien für den Anwender etwa zu kompliziert, wird er seineFenster weiterhin manuell abdunkeln. Für Kramer bedeutet das: Die Technologie soll für den Benutzer quasi unsichtbar sein. Die Geräte müssten lediglich intuitiv bedient werden können.
Einfachheit als oberstes Gebot
«Wenn man sich nach einem Unfall oder einer Operation nicht bewegen kann, ist es optimal, das Licht und die Storen per Smartphone vom Sofa
aus steuern zu können. Aber auch ein 80-Jähriger muss diese Funktionen in seiner Wohnung bedienen können», betont Ivo Bracher, Geschäftsführer und Verwaltungsratspräsident der Solothurner Immobilienanlagefirma Bonainvest Holding AG. Es braucht also einfach bedienbare Lichtschalter und Steuerungen. Das Tochterunternehmen Bonacasa AG hat in den letzten Jahren verschiedene Technologien im Smart-Home-Bereich in Musterwohnungen verbaut und getestet. Die Bedürfnisse älterer Menschen flossen dabei genauso in die Entscheidungen ein wie diejenigen jüngerer Generationen. Bracher ist überzeugt: «Wenn wir für die nächsten 50 bis 100 Jahre bauen, können wir uns nicht nur auf eine bestimmte Zielgruppe ausrichten.» (...)
So wird das Smart Home sicherer
Smart-Home-Systeme bieten auch Angriffsflächen für Hackerangriffe. Hier orten Experten grossen Handlungsbedarf: «Das Thema wird heute leider noch etwas stiefmütterlich behandelt», bedauert Daniel Berchtold, Mitgründer der Walliser Hooc AG, die sich auf Fernzugriff-Lösungen spezialisiert hat. Ein Grund, weshalb Smart-Home-Systeme häufig einfacher zu hacken sind, als viele Nutzer denken, sind sie selbst. Doch Berchtold ist überzeugt: Mit wenigen Massnahmen könne man schon viel bewirken.
- Sichere Passwörter: «Es tönt lachhaft, aber das ist tatsächlich wichtig.» Es gebe immer noch Geräte, die vor der ersten Nutzung keine zwingende Passwortänderung verlangen. Die Devise lautet: «Standardpasswörter immer ändern.»
- Aktualisierte Systeme: Sicherheits-Updates und Patches müssen eingespielt werden. «Als Integrator könnte man auch über ein Abo für den Kunden nachdenken, wie man es von Virenscanner-Abos für den PC kennt», so Berchtold.
- Vertraute Hardware: Mit dem Einsatz von bekannter Hardware, fahre man besser, ist Berchtold überzeugt. «Vielleicht ist der Staubsaugerroboter mit der Kamera aus China nicht das ideale Produkt, um es zuhause am WLAN anzuhängen.» Bei vertrauten Hardware-Anbietern könne man eher davon ausgehen, dass deren Produkte von vielen anderen ebenfalls geprüft wurden und Probleme allenfalls bereits ans Tageslicht gekommen wären.
- Getrennte Netzwerke: Geräte können auch in einem separaten, von anderen Systemen abgekoppelten Netzwerk zusammengeschlossen werden. «Das ist in der Gebäudeautomation mittlerweile schon fast zu einem Standard geworden», sagt Berchtold. Möglich wäre, zwei Netzwerke einzurichten. Eines für Geräte, bei denen ein Zugriff nicht ganz so dramatisch wäre. Und ein sichereres für all jene Systeme, in denen sich Daten befinden, die definitiv nicht gestohlen werden oder abhandenkommen sollen. Je mehr IT-Kenntnisse vorhanden sind, desto mehr Möglichkeiten gibt es dafür.
- Verschlüsselung: «Wenn man von aussen auf Systeme zugreifen möchte, sollte dieser Zugriff verschlüsselt sein», betont Berchtold. Ein virtuelles privates Netzwerk, kurz VPN, sei ein sehr gutes Mittel dazu.
(nsi)