Ferien im Baudenkmal: Wohnen im Geist der 70er-Jahre in Bümpliz
Zeitreise in die 1970er-Jahre oder wohnen wie W. Nuss von Bümpliz? - Seit Kurzem vermietet die Stiftung Ferien im Baudenkmal eine Ferienwohnung im Fellergut in Bümpliz. Sie befindet sich nahezu im Originalzustand und ist mit Kunst und Objekten aus ihrer Bauzeit versehen.
Quelle: Studio Gataric
Die Maisonette-Wohnung befindet sich im 14. respektive im 15. Stockwerk des Hochhauses H10.
Einst war Bümpliz ein Bauerndorf vor den Toren Berns. Als der Ort 1919 kurz vor dem Bankrott stand, gemeindete ihn die Stadt Bern ein. Dass hier in einigen Jahren ein regelrechter Bauboom ausbrechen sollte, dürfte man damals kaum geahnt haben. Doch nach 1945 oder vielmehr nach dem Zweiten Weltkrieg war die Einwohnerzahl Berns auf über 100’000 angestiegen.
Weil in den Kriegsjahren kaum gebaut worden war,
herrschte in Bern wie vielerorts in der Schweiz Wohnungsnot. Und so
entstanden in Bümpliz nach Kriegsende zahlreiche Grossüberbauungen. Die
bekannteste dürfte das seinerzeit grösste Wohnbauprojekt das Landes sein,
das in von 1958 bis 1965 errichtete Tscharnergut. Die für damalige Verhältnisse megalomanen Bauvorhaben polarisierten, ihre
Kritiker betrachteten Bümpliz zunehmend als Betonwüste.
Entworfen
hatte das Tscharnergut eine eigens gegründete Architektengemeinschaft,
mit von der Partie war damals auch das Architektenpaar Gret und Hans
Reinhard gewesen, das Bümpliz mit seinen Bauten massgeblich geprägt hat.
Dies gilt unter anderem für die Überbauungen Betlehemacker I und II,
das Schwabgut und das Fellergut. Letzteres entstand zwischen 1971 und
1975, eine Überbauung aus Hochhäusern, Scheibenhäusern und
Reihenhäusern. Zwar steht das Fellergut nicht wie das „Tscharni“ unter
Denkmalschutz, ist aber als „beachtenswert“ im Bauinventar der
Stadtberner Denkmalpflege gelistet.
Ein Stück Nachkriegsarchitektur erleben
Seit kurzem vermietet die Stiftung Ferien im Baudenkmal im zur Überbauung gehörenden, 20 Geschosse umfassenden Hochhaus H10 eine Ferienwohnung - und macht damit ein Stück Schweizer Nachkriegsarchitektur erlebbar. In Systembauweise erstellt folgt das Gebäude dem Konzept der sogenannten «Rue Intérieure» von Le Corbusier: Es geht von internen, horizontalen Verbindungen zwischen mehreren vertikalen Zugängen eines Gebäudes aus, damit sollen die Kontakte zwischen den Bewohnern in verdichteten Gebäudestrukturen gefördert und damit eine lebendige soziale Atmosphäre geschaffen werden.
Die Maisonette-Wohnung ist laut der Stiftung eine der letzten, die sich nahezu im Originalzustand befindet. Die Immobilie war seit 1972 im Besitz der Erstbezüger und ist lediglich einmal, vor rund fünf Jahren, renoviert worden. Anstelle des ursprünglichen Nadelfilzes verlegte man neu einen Plattenboden. Auch sowohl Küche als auch Nasszellen befinden sich bis auf den Boden im Originalzustand, wie auf der Website der Stiftung zu erfahren ist. Vergangenes Jahr ging die Wohnung schliesslich an ihren heutigen Besitzer, einen bildenden Künstler über, der sie mit verschiedensten Fundstücken und kleinen Schätzen aus den 70er-Jahre einrichtete. Wer mehr über die einzelnen Objekte erfahren will, kann ihre Geschichte in einer kleinen Dokumentation nachlesen, die ebenfalls in der Wohnung bereit liegt. (mai)
Weitere Informationen auf www.ferienimbaudenkmal.ch
Buchtipp zur Architektur in Bümpliz: Architektur der Betonwüste in Bümpliz-Betlehem
Quelle: Studio Gataric
Der Eingangsbereich des Hochhauses H10.
Quelle: Studio Gataric
Wohnzimmer.
Quelle: Studio Gataric
Objekte aus der Zeit ergänzen die Einrichtung.
Quelle: Studio Gataric
Ein Balkon bietet nicht nur Sicht auf die Bauten der Umgebung.
Quelle: Studio Gataric
Die Küche der Wohnung.
Quelle: Studio Gataric
Die Wohnung befindet sich im 14. und 15. Stock.
Quelle: Studio Gataric
Die Betten bestehen aus dem Verbindungssystem «Klem», es ist in der Berliner Akademie der Künste für Ausstellungen verwendet worden.
Quelle: Studio Gataric
Das Badezimmer ist praktisch in seinem ursprünglichen Zustand erhalten geblieben.
Quelle: Studio Gataric
Gut erhalten ist laut Stiftung Ferien im Baudenkmal auch die gemeinsame Dachterrasse im 20. Stock.
Quelle: Studio Gataric
Von der Wohnung aus sieht man bis in die Berner Alpen.