Erneuerung des LMV auf dem Bau: Flexiblere Arbeitszeit für Bauarbeiter?
Zurzeit laufen die Verhandlungen über den neuen Landesmantelvertrag. Die Baumeister wollen mehr Flexibilität bei der Arbeitszeit und für Unternehmen. Die Unia wirft ihnen vor, die Gesundheit der Bauarbeiter anzugreifen.
Ende Jahr läuft er der aktuelle Landesmantelvertrag (LMV) aus. Seit Februar wird über den neuen diskutiert, vergangenen Freitag fand die fünfte Verhandlungsrunde statt: Der Schweizerische Baumeisterverband (SBV) will mehr Handlungsspielraum für die Unternehmen und mehr Flexibilität bei der Arbeitszeit, die Jahresarbeitszeit von 2‘112 Stunden ändert sich allerdings nicht. Damit könnte ein zu hundert Prozent angestellter Mitarbeiter seine Arbeitszeit auf vier Tage verteilen oder aber pro Tag weniger, dafür anstelle von fünf während sechs Tagen arbeiten. Die Baumeister sehen darin eine Möglichkeit, angesichts des Fachkräftemangels die Attraktivität der Baubranche zu steigern.
Das Marktumfeld und gesellschaftliche Entwicklungen verlangten flexiblere Lösungen als die starren Regelungen des geltenden LMV, hiess es dazu auf der Website des SBV im Vorfeld der jüngsten Runde. Dabei geht es auch darum, die Arbeit auf der Baustelle besser organisieren zu können. Zum Beispiel auf schlechtes Wetter zu reagieren, ohne dass es Termineinbussen gibt. - Mit dem Arbeitszeitmodell „23+“ habe man einen Vorschlag erarbeitet, der diese Veränderungen aufnehme und so den Bedürfnissen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern besser entspreche. Gleichzeitig soll der neue LMV für weniger Bürokratie sorgen.
Unia: „Ein Angriff auf die Gesundheit der Bauarbeiter“
Dies sieht man bei der Unia anders, die Gewerkschaft fordert kürzere Arbeitstage. Mit zunehmender Arbeitsdauer, hohem Arbeitsdruck und grosser Hitze steige die Gefahr von schweren Unfällen.
Die Vorstellungen der Baumeister seien „verantwortungslos“, schreibt die Gewerkschaft in ihrer aktuellen Medienmitteilung. Es gebe keine verlässliche Arbeitszeit mehr. „Der Chef würde kurzfristig bestimmen dürfen, ob, wann und wie lange gearbeitet wird, und es sollen 12-Stunden-Arbeitstage und bis zu 58 Stunden Arbeits- inklusive Reisezeit normal sein“, prophezeit die Unia. Das wäre „eine eklatante Verletzung arbeitsgesetzlicher Bestimmungen“ und „ein Angriff auf die Gesundheit der Bauarbeiter“. Im Gegensatz zum SBV ist die Gewerkschaft der Meinung, dass eine solche vom SBV geforderte Flexibilisierung ein geregeltes Familien- oder Sozialleben beinahe verunmöglicht.
Zudem moniert die Unia, dass die Baumeister eine Reallohnerhöhung für das kommende Jahr an die Bedingung knüpfen, „dass die Bauarbeiter die Verschlechterung schlucken“ – trotz Teuerung, bester Baukonjunktur, vollen Auftragsbüchern und Spitzenleistungen der Bauarbeiter. Die Gewerkschaft verlangt einen Teuerungsausgleich von 260 Franken, was einem Teuerungsausgleich von plus 1 Prozent Reallohnerhöhung entspricht.
Drohen Streiks auf den Baustellen?
Die Unia hält fest, dass man nicht tatenlos zuschauen werde. Sie führt an, dass zurzeit auf Baustellen in der ganzen Schweiz eine grosse Streikabstimmung läuft. Die Bauarbeiter würden sich wehren und den Baumeistern klar machen, dass es nicht noch mehr Druck und Stress brauche, sondern faire Lösungen für eine Baubranche mit Zukunft.
Derweil wirft der SBV der Gewerkschaft vor, dass sie mit ihren Streikaufrufen, wie sie in den letzten Tagen verstärkt in der Sektion Genf, aber auch auf nationaler Ebene gemacht worden seien, das Vertrauen in die Sozialpartnerschaft schädige und die LMV-Verhandlungen torpediere. Der Verband ruft die nationalen Sozialpartner auf, die Einhaltung der Friedenspflicht sicherzustellen. (mai)