Energiewende: Nutzungspotenzial von Holz noch nicht ausgeschöpft
Würde es effizienter genutzt, liesse sich aus Holz bis zu einem Drittel mehr Energie gewinnen als dies heute der Fall ist. Nicht nur in Form von Wärme, sondern auch in Form von Elektrizität und Treibstoffen. Dies geht es aus dem „White Paper Wood“ hervor, das die Resultate des mehrjährigen Schweizer Energieforschungsprogramms „Biomass for Swiss Energy Future“ des Bundes zusammenfasst.
Quelle: Sebastian Pociecha, Unsplash
Das Forschungsteam rät dazu, Holz wenn möglich nicht direkt aus dem Wald im Ofen zu verheizen, sondern zuerst zum Beispiel zu verbauen.
„Energieholz ist von grösserer Bedeutung, als es sein vergleichsweise geringes Potenzial vermuten lässt“, heisst es in dem Bericht, an dem sich Experten der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL), des Paul Scherrer Instituts (PSI) und weiteren Institutionen beteiligt haben. Dazu berechneten sie das im Schweizer Holz schlummernde Energiepotenzial und entwickelten Technologien für die Verbrennung und Umwandlung in Elektrizität und Treibstoffe weiter. Daneben untersuchten sie, wie sich Bioenergie am besten in das Schweizer Energiesystem einbetten lässt.
Wenn Holz aus dem Wald verheizt wird
Aktuell macht die Holzenergie etwa fünf Prozent des gesamten Energie-Endverbrauchs in der Schweiz aus, nämlich etwa 40 Petajoule (PJ) pro Jahr. Das ist etwas mehr Energie, als die Stadt Zürich in einem Jahr benötigt. Dieser Anteil könnte um bis zu einem Drittel oder um14 Petajoule wachsen, laut dem Wissenschaftsteam der WSL sowohl wirtschaftlich als auch ökologisch nachhaltig.
Holz für die Energieproduktion kann direkt aus dem Wald stammen, aus den Abfällen von Schreinereien und Sägereien oder zum Beispiel aus den Überresten eines rückgebauten Haus. Am meisten unerschlossenes Potenzial – das heisst 5 bis 10 PJ – steckt noch im Waldholz. „Holz als wertvolle, aber begrenzte Energiequelle erfordert eine effiziente Nutzung“, bemerkt Oliver Thees von der WSL dazu, der federführend an dem Bericht beteiligt war.
Damit Holz effizienter verwendet werden kann, schlägt das Forschungsteam vor, auf die sogenannte Kaskadennutzung zu setzen. Das heisst, Holz sollte wenn möglich nicht direkt aus dem Wald im Ofen landen, sondern davor für den Bau von Häusern oder für die Herstellung von Möbeln, Spanplatten oder Dämmstoffen gebraucht werden. – Noch ist dem laut den Autorinnen und Autoren mehrheitlich nicht so: Das wertvolle Energieholz werde jedoch zu 95 Prozent zur Erzeugung von Wärme verwendet.
Treibstoff für Flugzeuge aus Holz
Für eine maximale Energiegewinnung und CO2-Einsparung lässt sich zum Beispiel in der Industrie mit Holz Hochtemperatur-Prozesswärme in Form von Wasserdampf erzeugen. Oder man kann daraus gasförmige und flüssige Treibstoffe – auch für Flugzeuge – herstellen. Die Abwärme und das CO2, die bei der Umwandlung entstehen, sollten laut den Fachleuten ebenfalls aufgefangen und genutzt werden. Das helfe der CO2-Bilanz und kompensiere andere Emissionen wie jene aus der Landwirtschaft, die unvermeidlich seien. Die im Forschungsprogramm entwickelten Umwandlungstechnologien verbessern die Effizienz und CO2-Bilanz solcher Anwendungen, sie sind jedoch nicht alle marktreif.
Aus Energieholz kann in Wärme-Kraft-Kopplungsanlagen auch Strom gewonnen werden, was vor allem im Winter die nächstbeste Verwendung wäre, um die Winterstromlücke zu überbrücken. Um Räume zu heizen, sollte raten die Forscher, auf grosse Anlagen mit Anschluss an das Fernwärmenetz zu setzen. Diese können schadstoffärmer und effizienter betrieben werden als eine Vielzahl von Kleinanlagen. „Wir haben Verfahren zur Umwandlung von Holz in Treibstoffe und Energie neu entwickelt respektive ein Stück näher zur Marktreife gebracht“, sagt Oliver Kröcher vom Paul Scherrer Institut PSI, Mitautor des Berichts.
Energieholz, ein „Joker“ für die Energiewende
Weil Energieholz so vielfältig verwendet werden kann, wird es von den Autorinnen und Autoren des Berichts als „Joker für die Gestaltung der Energiewende“ bezeichnet. Denn ihre Berechnungen zeigen auch, dass Energieholz die Energieversorgung und das Stromnetz stabilisieren kann. Dies, weil sich Holz lagern und bei Bedarf umwandeln lässt, um Spitzenbelastungen im Netz auzugleichen.
Eine effizientere Holznutzung kommt nicht auf technologischem Weg allein zustande: Die Nutzungsketten von Holz müssen laut dem Bericht durchleuchtet und optimiert werden. (mai/mgt)
„White Paper Wood“
Ziel dieses White Papers ist es, Entscheidungsträgern die aktuellen Forschungsergebnisse zur Verfügung zu stellen, um die optimale Nutzung der Bioenergie aus Holz sowie einiger anderer fester Biomassearten in der Schweizer Energiewende zu fördern. Zu diesem Zweck werden die Ergebnisse des durch Innosuisse finanzierten Schweizerischen Kompetenzzentrums für Bioenergieforschung – (SCCER BIOSWEET, Leiter Oliver Kröcher) zusammengefasst und in einen breiten Kontext zum Stand der Forschung und deren Umsetzung in der Praxis gestellt. Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die Ergebnisse auf die Schweiz und auf das inländische Biomassepotenzial.
Die Arbeiten wurden von sechs Schweizer Forschungsinstitutionen in enger Zusammenarbeit mit der Industrie und unter der Federführung des Paul Scherrer Instituts PSI durchgeführt. Das „White Paper Wood“ fasst die wichtigsten Ergebnisse zusammen und ordnet sie ein in den Stand des Wissens. Es ist in deutscher, französischer und englischer Sprache (Original) verfügbar. (mgt)
Die deutschsprachige Version des White Paper kann über diesen Link heruntergeladen werden: https://www.wsl.ch/