Ein „Paravent“ für Chicagos „Spire“
„The Spire“ in Chicago ist ein unfreiwilliges Mahnmal für die Finanzkrise von 2008: In der seit acht Jahren stillgelegten Baugrube am Ufer des Michigansees hätte das Fundament für einen über 600 Meter hohen Wolkenkratzers entstehen sollen. Seit wenigen Tagen tut sich nun auf der Brache etwas. Das Loch soll aus den Augen der Anwohner verschwinden.
Er wäre einer von Santjago Calatravas spektakuläreren Bauten geworden und damals mit rund 610 Metern das höchste Gebäude der Vereinigten Staaten geworden und das höchste Wohnhaus der Welt: „The Spire“ in Chicago. Doch es kam anders. Bis heute existiert der elegante, wie eine riesige Schraube gewundene Glasturm nur auf Plänen und Visualisierungen. Zwar starteten im Juni 2007 die Arbeiten am Wolkenkratzer, doch dann wurden sie nach etwas mehr als einem Jahr eingestellt. Der Grund für den Baustopp waren die Finanzkrise und die damit verbundenen Turbulenzen an den Kapitalmärkten. Auch wenn man zunächst damit rechnete, dass die Arbeiten am spektakulären Bau 2009 wieder würden fortgesetzt werden könnten, rissen die finanziellen Probleme des Projektentwicklers, der Shelbourne Developement, nicht ab. Bagger, Kran und Co. ruhten weiterhin. Daran hat sich bis vor Kurzem nichts geändert, obwohl die Brache unterdessen längst dem Immobilienunternehmen Related Midwest gehört. Und so erinnert die gigantische,kreisrunde Baugrube seit bald acht Jahren an die himmelsstürmenden Pläne von einst. Mit einem Durchmesser von etwas mehr 33 Metern und einer Tiefe von 20 Metern verströmt sie eine beinahe apokalyptische Atmosphäre. Dass hier Godzilla oder ein anderes Monster hier gewütet haben könnte, scheint nicht unwahrscheinlich…
Aber nun verschwindet der unschöne Anblick, zumindest von der Strasse aus gesehen. Related Midwest lässt gegenwärtig um den Abgrund einen Wall aufschichten und Bäume pflanzen – als „natürlichen Sichtschutz“. Wie es mit der „abgründigen“ Bauruine später weitergehen soll steht noch nicht fest. (mai)