Eidgenössische Finanzkontrolle will ehrgeizigere Ziele für von CO2-Abgabe befreite Firmen
Zwischen 2013 und 2020 konnten Unternehmen mit einer CO2-Abgabe-Befreiung ihre Treibhausgasemissionen durchschnittlich um 19 Prozent senken. Gemessen an der Höhe der Abgabenbefreiung sei dieses Ergebnis enttäuschend, meint die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK).
Insgesamt 960 Unternehmen aus energieintensiven Wirtschaftszweigen haben sich für den Zeitraum 2013 bis 2020 von der CO2-Abgabe befreien lassen. Ziel der Befreiung: Einen Verlust der internationalen Wettbewerbsfähigkeit und den Abbau von Arbeitsplätzen in der Schweiz, zu verhindern, insbesondere in der Industrie.
Seit das des CO2-Gesetzes 2013 in Kraft getretetn ist, sparte jedes befreite Unternehmen im Durchschnitt rund eine Million Franken an CO2-Abgaben ein. Damit konnten weder 938 Millionen Franken aus der Lenkungsabgabe weder an Bevölkerung und Industrie zurückverteilt werden, noch sind sie dem Gebäudeprogramm zugutegekommen. Im Gegenzug wurden die Unternehmen verpflichtet, ihre Treibhausgasemissionen um rund 12 Prozent gegenüber den Emissionen der Jahre 2010 und 2011 zu senken.
Wie der am Montag veröffentlichte EFK-Bericht zeigt, erreichten sie dieses Ziel deutlich. In den Jahren 2013 bis 2020 senkten die 489 ständig von der CO2-Abgabe befreiten Unternehmen ihre Treibhausgasemissionen im Durchschnitt um 19 Prozent. Im selben Zeitraum gingen die Emissionen der gesamten Industrie um 20 Prozent zurück.
EFK empfiehlt Revision der CO2-Verordnung einzuleiten
Die
EFK kommt zum Schluss, dass die Verminderungsverpflichtung ein
wichtiges Instrument im Dispositiv zur Reduktion der
Treibhausgasemissionen darstellt und gut angenommen wird. Allerdings
kritisiert sie, dass die Anforderungen an die befreiten Unternehmen
nicht sehr hoch sind: “Die Ziele sind seit 2013 unverändert geblieben,
obwohl sich die CO2-Abgabe in der Zwischenzeit verdreifacht hat." Das Bundesamt für Umwelt (Bafu) müsse deshalb eine Revision der CO2-Verordnung
einleiten, um den Unternehmen ehrgeizigere Ziele zu setzen, meinte die
EFK. Dies umso mehr, weil von der Abgabe befreite Unternehmen beim
Erreichen der Reduktionsziele
Bescheinigungen pro eingesparte Tonne
Treibhausgas erhielten. Laut EFK bezogen die Unternehmen zwischen 2013
und 2020 Bescheinigungen im geschätzten Gesamtwert von 100 Millionen
Franken.
Bafu will Notwendigkeit einer Gesetzesanpassung prüfen
Die Botschaft des Bundesrates zur Revision des CO2-Gesetzes für die Zeit nach 2024 sieht eine Verlängerung der Verminderungsverpflichtungen bis 2040 vor. Die Möglichkeit, sich von der CO2-Abgabe befreien zu lassen, soll auf alle Unternehmen ausgeweitet werden. Das bestehende Dispositiv wird um eine Verpflichtung der Unternehmen ergänzt, alle drei Jahre einen plausiblen Dekarbonisierungsplan vorzulegen. Der EFK genügt dies nicht: “Die Anforderungen der zum Zeitpunkt der Evaluation geltenden Verminderungsverpflichtungen sind nicht ausreichend, um das Netto-Null-Ziel zu erreichen", schreibt sie. Eine Umfrage der EFK bei Unternehmen zeige, dass fast alle Schwierigkeiten beim Erreichen von Netto-Null erwarteten.
Beim Bund steht man der Kritik offen gegenüber. "Das Bafu wird prüfen, inwiefern die Empfehlungen der EFK auf Verordnungsstufe umgesetzt werden können oder ob eine Gesetzesanpassung notwendig ist", heisst es in einer Stellungnahme. Die derzeitigen Rahmenbedingungen böten den Unternehmen tatsächlich keinen Anreiz, ehrgeizigere Massnahmen zu ergreifen, schreibt das Bundesamt für Energie (BFE).
EFK kritisiert lückenhafte Aufsicht durch Bafu und BFE
Nahezu alle Unternehmen nehmen beim Monitoring der Reduktionsmassnahmen die Unterstützung einer Agentur in Anspruch - führend ist die Energie-Agentur der Wirtschaft (Enaw). Die EFK kritisiert in ihrem Bericht, dass die Anforderungen an die Betreuung durch die Agenturen undurchsichtig seien. Einige Mitarbeitende von Agenturen seien gleichzeitig bei Subunternehmen dieser Agenturen angestellt. Auch die Aufsicht durch das Bafu und das BFE sei lückenhaft. So könnten sie beispielsweise nicht feststellen, ob die den Unternehmen in Rechnung gestellten Gebühren den tatsächlichen Kosten entsprechen. Die EFK empfiehlt den Bundesbehörden deshalb, organisatorische Massnahmen zur Verbesserung der Governance zu ergreifen.
Die Enaw wehrt sich
in einer Stellungnahme gegen die Kritik der Finanzkontrolle: 95 Prozent
der Unternehmen seien mit den Agenturen zufrieden. "Insofern ist nicht
verständlich, warum vom erfolgreichen Modell der Beratung auf Mandatsbasis abgewichen werden sollte." (sda/mai)