Dringliches Gesetz zugunsten von Windparks schafft erste Hürde
Der Nationalrat will nach der Solaroffensive auch eine Windenergieoffensive: Er hat dem dringlichen Bundesgesetz zur Beschleunigung der Bewilligungsverfahren für Windparks zugestimmt. Noch muss das Gesetz vor den Ständerat.
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Windturbinen im Emmental. (Symbolbild)
Nur die SVP-Fraktion bekämpfte den Erlass am Mittwoch bei der Beratung, konnte sich aber nicht durchsetzen. Die Vorlage besteht aus einer Änderung des Energiegesetzes und des Bundesgerichtsgesetzes.
Für eine bestimmte Zeit sollen die Standard-Verfahren für die Bewilligung von Windparkanlagen ausser Kraft gesetzt werden, nämlich bis in der Schweiz im Vergleich zu 2021 Windparks mit einer zusätzlichen Leistung von 600 Megawatt gebaut sind.
In dieser Zeit sollen die Kantone die Baubewilligung für Windkraftprojekte im nationalen Interesse erteilen. In der Regel tun das heute die Gemeinden. Voraussetzung dafür ist, dass eine rechtskräftige Nutzungsplanung vorliegt. Gegen die Baubewilligung kann dann prinzipiell nur noch vor dem obersten kantonalen Gericht Beschwerde eingereicht werden.
Der Weiterzug ans Bundesgericht ist nur zur Klärung von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung möglich. Der Gesetzesentwurf orientiert sich an der Solaroffensive der eidgenössischen Räte. Bundesrat Albert Rösti sagte im Rat, Voraussetzung für die Bewilligung der Turbinen durch die Kantone sei auch, dass die Umweltverträglichkeit der Anlagen bejaht worden sei.
SVP sieht Volkswillen missachtet
SVP-Sprecher Christian Imark (SO) forderte die Rückweisung der Vorlage an die Kommission mit dem Argument, die Schweiz sei kein Windland. Die installierten Windräder stünden hier an über 300 Tagen im Jahr still. Die Bevölkerung sei skeptisch gegenüber den Turbinen. Die Mitwirkungsrechte der Bevölkerung würden ausgehebelt. Der Schweizer Gemeindeverband mache bei der Vorlage eine Missachtung der Mitwirkungsrechte der Gemeinden geltend.
Aus allen anderen Fraktionen und auch von Bundesrat Rösti erntete Imark aber Widerspruch: Die Bevölkerung könne sehr wohl noch mitreden, nämlich mit Einsprachen gegen die Nutzungsplanungen. Auch die Gemeinden hätten etwas zu sagen.
Es brauche nach der Solaroffensive zum Ausbau von Photovoltaikanlagen nun auch eine Offensive zum Ausbau der Windenergie. Denn diese falle vor allem im Winterhalbjahr an und sei sehr wichtig für die Netzstabilität.
Sechs Projekte profitieren von Vorlage
Der Bundesrat sagte vergangene Woche, von der Vorlage könnten schweizweit sechs Projekte profitieren. Diese wiesen insgesamt 39 Windenergieanlagen auf und würden dank der Vorlage um zwei bis drei Jahre beschleunigt. Die Projekte könnten jährlich 250 Gigawattstunden Strom liefern, was 0,25 Terawattstunden entspricht. Sie stünden zurzeit im Bewilligungsverfahren.
Die Gesetzesvorlage stammt von der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrats (Urek-N). Sie begründete ihre Vorlage mit der Aussage, in den Wintermonaten sei die Schweiz im grossen Masse auf Stromimporte aus dem europäischen Ausland angewiesen. Die Schweiz müsse unabhängiger werden.
Da hierzulande rund zwei Drittel der Jahresproduktion von Windenergieanlagen im Winterhalbjahr anfielen, biete die Windkraft ein grosses Potenzial zur Deckung der Winterstromlücke.
Kommissionssprecherin Priska Wismer-Felder (Mitte/LU) sagte im Rat, heute dauere es 15 bis 20 Jahre, bis ein Windpark realisiert werden könne. Das sei einfach zu lange. In der Gesamtabstimmung passierte der Gesetzesentwurf mit 134 zu 51 Stimmen bei neun Enthaltungen.
Referendum angedroht
Die Urek-N wollte, dass das Spezialverfahren bis zu einer schweizweit zusätzlichen Energieproduktion von einer Terawattstunde im Vergleich zu 2021 gilt. Der Nationalrat entschied sich aber, einem Antrag einer Kommissionsminderheit stattzugeben und stattdessen auf Leistung zu setzen, nicht auf Produktion.
Der Sprecher der erfolgreichen Kommissionsminderheit, Matthias Samuel Jauslin (FDP/AG), sagte, Anlagen mit total 600 Megawatt Leistung produzierten etwa eine Terawattstunde Strom und entsprächen 150 bis 200 Turbinen.
Auch die Organisation Freie Landschaft Schweiz teilte mit, bei rund 200 Windturbinen werde das Verfahren beschleunigt. Sie prüfe, ob sie das Referendum ergreife. Durch den Eingriff in die kantonale Hoheit in der Raumplanung werde die Verfassung verletzt. (sda/pb)