07:30 BAUBRANCHE

Die Digitalisierung als Chance nutzen, wenn der Bauboom endet

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Die Herbst-Plenarversammlung von Bauenschweiz bot fachkundige Einschätzungen aus erster Hand. SNB-Direktoriumsmitglied Fritz Zurbrügg erläuterte, wie es um Wirtschaftslage und Immobilienmarkt steht. Balz Halter skizzierte anhand der Halter AG den sinnvollen Umgang mit den neuen digitalen Möglichkeiten.

Will ein Bauunternehmen auch für schwierigere Zeiten gerüstet sein, muss es seine Arbeitsproduktivität stetig steigern. Dafür sind Prozesse zu optimieren, bevor man sie mithilfe von BIM und Co. digitalisiert.

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Will ein Bauunternehmen auch für schwierigere Zeiten gerüstet sein, muss es seine Arbeitsproduktivität stetig steigern. Dafür sind Prozesse zu optimieren, bevor man sie mithilfe von BIM und Co. digitalisiert.

«Wir sind in einer ausserordentlichen Situation», sagte Fritz Zurbrügg, Vizepräsident des Direktoriums der Schweizerischen Nationalbank (SNB) anlässlich der Herbst-Plenarversammlung von Bauenschweiz in Bern. Einen Leitzins unter null Prozent, wie ihn die Schweiz seit der Aufhebung des Euro-Mindestkurses von 1,20 Franken vor knapp drei Jahren kenne, habe es so noch gar nie gegeben. «Damals sind wir jedoch zur festen Überzeugung gelangt, dass null nicht ausreicht, um adäquate geldpolitische Bedingungen zu schaffen», so der Ökonom Zurbrügg. Die SNB habe zudem wiederholt an den Devisenmärkten interveniert, um den Schweizer Franken nicht zu stark werden zu lassen. Diese Strategie widerspiegle die starke Ausdehnung der SNB-Bilanz.

«Sowohl die Negativzinsen als auch die Bereitschaft zu Interventionen am Devisenmarkt sind weiterhin notwendig», erläutert Zurbrügg. Dies seien die «beiden Pfeiler der Geldpolitik», wie es das SNB-Direktorium erst jüngst bestätigt habe. Denn der Franken sei nach wie vor «hoch bewertet und fragil». Im Frühjahr 2018, als der Euro wieder 1,20 Franken gekostet habe, hätten einige geglaubt, dass der Schweizer Franken seine Funktion als sicherer Hafen verloren habe. Das sei aber ein Irrtum, so Zurbrügg: «Wir sind als Land zu gut, um kein sicherer Hafen mehr zu sein.» Die dafür notwendigen grundlegenden Voraussetzungen wie politische Stabilität, Preisstabilität und finanzpolitische Stabilität hätten in der Schweiz Bestand. Im Frühjahr hatte sich lediglich die weltweite Situation etwas beruhigt, womit die Notwendigkeit, in den Schweizer Franken zu flüchten, kleiner war. In den letzten Monaten hat die Fragilität der Landeswährung jedoch wieder zugenommen. «Das zeigt eben, dass der Schweizer Franken immer noch interessant ist, wenn es weltweit etwas brenzlig wird», so Zurbrügg.

Die Baubranche dürfte auf hohem Niveau stabil bleiben, nachdem sie bereits in den letzten Jahren stark zugelegt hatte.

Dr. Fritz Zurbrügg, Vizepräsident des Direktoriums der Schweizerischen Nationalbank (SNB)

Dr. Fritz Zurbrügg, Vizepräsident des Direktoriums der Schweizerischen Nationalbank (SNB)

Zunehmende Risiken im Kreditmarkt

Obwohl die SNB eine unabhängige Geldpolitik für die Schweiz betreibt, hat sie dabei immer auch die weltweite konjunkturelle Entwicklung im Blick. Nach ihrer Einschätzung präsentiert sich die globale Wirtschaftslage derzeit solide. Gleichzeitig beurteilt die SNB die Aussichten für die Weltwirtschaft als günstig, trotz einer leichten konjunkturellen Beruhigung und gewisser Risiken in den Schwellenländern. Die insgesamt stabilen Rahmenbedingungen sind denn auch für die Schweizer Konjunktur positiv. «Wenn es der Welt gut geht, profitieren auch wir», bringt es Zurbrügg auf den Punkt. Die Tendenz bei den vorauseilenden Indikatoren wie dem Einkaufsmanagerindex zeige zwar leicht nach unten, dennoch verbleibe man im Wachstumsbereich. Gemäss Zurbrügg werden davon die meisten Schweizer Branchen profitieren – auch das Baugewerbe: «Die Baubranche dürfte auf hohem Niveau stabil bleiben, nachdem sie bereits in den letzten Jahren stark zugelegt hatte.» Tatsächlich sind die Bauinvestitionen seit 2008 fast konstant angestiegen. Insbesondere im Wohnbau ging es nur in eine Richtung: nach oben.

So sieht es auch Zurbrügg: «Seit dem Ende der Finanzkrise sind die Transaktionspreise markant gestiegen, besonders stark war die Dynamik bei den Wohnrenditeliegenschaften.» Die SNB beunruhigt dabei, dass die Fundamentaldaten die Preissteigerungen nur zum Teil rechtfertigen. Steigende Leerstandquoten bei Renditeobjekten, ein grösserer Druck auf die Mieten und weiterhin unbegrenztes Wachstum bei den Baubewilligungen für Mehrfamilienhäuser würden das Risiko von Preiskorrekturen im Immobilienbereich erhöhen, so Zurbrügg. Seit 2008 um mehr als die Hälfte gewachsen ist aber auch das bei Geschäftsbanken ausstehende Hypothekarvolumen. «Setzt man dieses ins Verhältnis zum Schweizer Bruttoinlandprodukt, zeigt sich, dass die Verschuldung deutlich, deutlich gestiegen ist», so Zurbrügg. Die SNB ortet denn auch im Kreditmarkt ein zunehmendes Ungleichgewicht: Die Geschäftsbanken würden heute wieder mehr Risiken nehmen. Aufgrund des erhöhten Drucks werde die SNB den Immobiliensektor weiterhin sehr genau beobachten.

Früher entscheiden, wer es tun soll

Tatsächlich könne die Baubranche auf eine 16-jährige Boomphase zurückblicken, betont auch Balz Halter. «Diese letzten Jahre waren geprägt von einem kontinuierlichen Wachstum der Bauinvestitionen, gekoppelt mit einer unglaublichen Wertentwicklung der Immobilien», so der Verwaltungsratspräsident der Halter AG. «In der Baubranche konnten wir uns fast alles leisten und mussten nicht effizient arbeiten.» Das günstige Zinsumfeld und die damit verbundenen fast paradiesischen Zustände für den Bau hätten ernsthafte Anstrengungen zur Erhöhung der Arbeitsproduktivität unterlaufen. «Das dürfte sich nun ändern», meint Halter, «nicht wegen der Möglichkeiten der Digitalisierung, sondern wegen des zunehmenden wirtschaftlichen Drucks in unserer Industrie.» Es sei absolut zentral, dass sich die Branche nicht nur mit der Digitalisierung beschäftige, sondern auch mit den Prozessen.

Halter bezeichnet die «aktuelle Prozesslandschaft, die vom SIA-Leistungsmodell geprägt ist», als wesentlichen Grund für die fehlenden Produktivitätsfortschritte der Branche. «Das Vorgehen ist geprägt von vielen Schritten. Die Kostensicherheit lässt sehr lange auf sich warten.» Oft müsse deshalb der Unternehmer wenn vieles endlich klarer werde, die Suppe auslöffeln und «das Ding unter einem enormen Kostendruck irgendwie nach Hause fahren», so Halter. Während der strategischen Planung, der Vorstudien und der Projektierung bewege man sich heute auf ruhiger See. «Erst wenn es richtig losgeht, dreht das Wetter – und der Sturm beginnt. Wer dann noch dabei ist, wird richtig nass», erläutert Halter den heute gelebten Prozess anschaulich.

Unter Berücksichtigung neuer digitaler Möglichkeiten hat die Halter AG deshalb den bestehenden konventionellen Prozess durch einen neuen ersetzt. «Noch bevor wir uns entscheiden, wie wir es tun, definieren wir jetzt, wer es tun soll», umreisst Halter die wichtigste Anpassung. «Dadurch nimmt die Prozessdauer ab, und auch die Kosten reduzieren sich.» Kürzere Prozessschritte und die konzentrierte, interaktive und integrale Arbeitsweise – vorzugsweise auch in Werkgruppen – würden zur angestrebten Kosteneffizienz führen. «Das wird die Art und Weise sein, wie wir in Zukunft zusammenarbeiten müssen, um auch unter steigendem Kostendruck zu bestehen.»

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