07:01 BAUBRANCHE

Deutschland: Die meisten ungenutzten Bahnhofsgebäude gehören nicht mehr der Deutschen Bahn

Teaserbild-Quelle: Brück & Sohn Kunstverlag Meissen, sigenes Werk, CC0

Beinahe vier Fünftel ehemaliger Bahnhofsgebäude der Deutschen Bahn gehören heute Kommunen und Privaten. Dies zeigt eine aktuelle Erhebung der Allianz pro Schiene. Laut dem Chef des Interessensbündnisses sind viele Besitzer mit der Entwicklung von Nutzungskonzepten für die Bauten überfordert.

Bahnhof Limbach (Sachs), Postkarte von 1914

Quelle: Brück & Sohn Kunstverlag Meissen, sigenes Werk, CC0

Der Bahnhof von Limbach bei der Stadt Limbach-Oberfrohna im Bundesland Sachsen auf einer Postkarte aus dem Jahr 1914. Der Bahnhof war nach seiner Schliessung im Jahr 2000 unter Denkmalschutz gestellt worden. Doch da sich keine Käufer fand und der Bahnhof zusehends verfiel wurder rückgebaut. Zuletzt auch das Empfangsgebäude, im Jahr 2021. Erhalten geblieben sind nu noch die Überdachung und der Bahnsteig.

Einige von ihnen waren einst stattliche Gebäude, manche kleine charmante Bauten. Während die einen zu Wohnbauten, Restaurants oder Museen geworden sind, stehen andere leer und verfallen zusehends. So unterschiedlich die Situation ehemaliger Bahnhöfe in Deutschland ist, ist vielen eines gemein: Sie befinden sich nicht mehr im Besitz der Deutschen Bahn. Die Mehrheit der sogenannten Empfangsgebäude oder rund 55 Prozent gehört Privaten, weitere gute 20 Prozent Kommunen. Dies geht aus einer aktuellen Auswertung des Interessensbündnisses Allianz pro Schiene hervor, die laut Medienmitteilung der Organisation erstmals darüber Auskunft gibt, wie viele Empfangsgebäude in Deutschland von Kommunen gekauft worden sind. - Allianz pro Schiene engagiert sich für einen höheren Marktanteil des Schienenverkehrs am deutschen Güter- und Personenverkehr. 

«Wir sollten uns nicht damit abfinden, dass Hunderte Bahnhofsgebäude bundesweit leer stehen oder sogar verfallen», wird Dirk Flege, Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, in der Mitteilung zitiert. «Zur Verkehrswende gehört auch, dass wir Bahnhöfe für mehr Zugreisende ertüchtigen. Das bedeutet auch attraktive Empfangsgebäude, die den Bedürfnissen der Reisenden gerecht werden.» 

Bahnhofsgebäude sollten über Mieteinnahmen finanziert werden

Die Ursache für diese Situation: Um die Jahrtausendwende hat die Deutsche Bahn zahlreiche Bahnhofsgebäude verkauft. Der Bund verlangte, dass die Deutsche Bahn ihre Empfangsgebäude über Mieteinnahmen finanziert. Weil sich aber vielerorts keine Mieter fanden, war dies nicht möglich. Flege erklärt: «Das Ergebnis ist, dass beinahe 80 Prozent der Empfangsgebäude heute nicht mehr der Deutschen Bahn gehören. Das macht die Weiterentwicklung der Gebäude im Sinne der Reisenden nicht eben einfacher.» - Im Rückblick sei allen Beteiligten klar, dass es ein grosser Fehler gewesen sei, Bahnhofsgebäude wie «ganz gewöhnliche Immobilien» zu behandeln und dort, wo sie sich nicht selbst finanzieren konnten, zu verkaufen, bedauert Flege. 

Erschwerend kommt hinzu, dass die damaligen Käufer der Bahnhofsgebäude nicht nachträglich zu einem stärkeren Engagement für die Gebäude verpflichten werden können. Laut Flege müssten Anreize gesetzt werden, um die Bauten künftig wieder für die Fahrgäste nutzbar zu machen. Viele der Eigentümer seien mit der Entwicklung von Nutzungskonzepten überfordert, so Flege. Sie bräuchten finanzielle oder  organisatorische Unterstützung, sowohl bei der Entwicklung als auch bei der Umsetzung. Er sieht den Bund als ursprünglicher Eigentümer der Bahnhofsgebäude in der Pflichte, zusammen mit Ländern und Kommunen Verantwortung für die Wiederherstellung der Empfangsgebäude zu übernehmen.  «Alle Ebenen müssen an einem Strang ziehen, um die Empfangsgebäude wieder zu Verkehrsstationen zu entwickeln.»  (mai)

Zum Weiterlesen: Wikipedia-Eintrag zum Bahnof Limbach auf https://de.wikipedia.org

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