Denkmaltage: Lehrbeispiel Andermatt
«Weiterbauen», so lautet das Thema der Europäischen Tage des
Denkmals 2020. Die fünf Innerschweizer Kantone führen ihre gemeinsame
Auftaktveranstaltung in Andermatt durch. Und tatsächlich wurde das Urner Bergdorf
jüngst so intensiv weitergebaut wie kein zweites.
Quelle: Andermatt Swiss Alps AG
Das Resort «Andermatt Reuss» ist wegen seiner heterogenen Bauweise heute Vorbild für viele städtebauliche Vorhaben in der Schweiz.
Seit 2009 erlebt das ehemals beschauliche Bergdorf Andermatt einen Bauboom sondergleichen. Der radikale Entwicklungsschub im Urner Urserntal trägt die Handschrift des ägyptischen Investors Samih Sawiris. Im Rahmen des von ihm vorangetriebenen Grossprojekts «Andermatt Swiss Alps» ist eine touristische Ganzjahresdestination entstanden, die keinen Vergleich mit anderen internationalen Top-Adressen scheut. So bietet Andermatt heute 4- und 5-Sterne-Hotels, verschiedene Apartmenthäuser und neue Sportinfrastrukturen wie Golfplatz, Schwimmbad, Spa- und Fitnesscenters. Parallel dazu wurde das lokale Skigebiet grosszügig ausgebaut und mit jenem von Sedrun GR verbunden.
In den vergangenen rund 15 Jahren ist mit dem Feriendorf «Andermatt Reuss» ein komplett neuer, auf dem Reissbrett entworfener Ortsteil entstanden, der sich historischen Vorbildern anlehnt und neue Identitäten schaffen will. Architekten und Planer liessen sich dabei von der Koloristik des alten Dorfkerns inspirieren und griffen auf traditionelle Baumaterialien der Gotthardregion zurück – wie Holzschindeln, Blockbauten oder steinerne Umfassungsmauern. Doch braucht es historische Gebäude und Vorbilder, damit ein neu erstellter Ortsteil überhaupt eine Identität erhält?
Identität bauen
Genau um solche Fragen geht es an den diesjährigen Europäischen Tagen des Denkmals, die sich dem Thema «Weiterbauen» verschrieben haben. Die Denkmaltage finden am Wochenende vom 12. und 13. September 2020 statt. Die fünf Innerschweizer Kantone Uri, Schwyz, Nidwalden, Obwalden und Luzern führen jedoch bereits am Samstag, 5. September 2020, in Andermatt eine gemeinsame Auftaktveranstaltung durch.
In deren Zentrum steht eine Podiumsdiskussion über Raumplanung, Architektur und Identität am Beispiel des Resorts «Andermatt Reuss». Mitdiskutieren werden der Urschner Talammann Beat Schmid, der Urner Denkmalpfleger Thomas Brunner und die beiden Architekten Lando Rossmaier und Kurt Aellen, die bei der Planung des Tourismusresorts mitgewirkt hatten. Kultur- und Architekturjournalistin Karin Salm übernimmt die Moderation. Die Veranstaltung am Samstag, 5. September 2020, um 13 Uhr in der Kantine «Cucina Macolina» auf dem Kasernenareal Andermatt neben der Gondelbahn-Talstation, ist öffentlich und kostenlos.
Quelle: Andermatt Swiss Alps AG
Bei der Planung des Andermatter Feriendorfs liessen sich die Architekten vom alten Dorfkern inspirieren und griffen auf traditionelle Baumaterialien der Gotthardregion zurück wie etwa Holzschindeln.
Beide Ortsteile im Vergleich
Nach der Podiumsdiskussion begleitet Christoph Langenberg,
Leiter Planung und Entwicklung bei Andermatt Swiss Alps, die interessierten
Besucherinnen und Besucher um 15 Uhr auf einen Rundgang durch die Anlagen
des Tourismusresorts Reuss, das auf dem freigewordenen Armeegelände entstanden
ist. Bei dessen Planung wurden die Teilbereiche an verschiedene Architekten vergeben. Der Grundsatz, das Resort als eine Ansammlung unterschiedlicher
Architekturen zu entwickeln, ist heute bei vielen städtebaulichen Vorhaben
wegleitend – so etwa beim Kocher-Areal in Zürich, beim Projekt Industriestrasse
in Luzern oder beim Felix-Plattner-Areal in Basel. «Aus Sawiris Vorhaben ist
ein Lehrbeispiel für die jüngere Schweizer Architektur entstanden. Ein neues
Quartier soll heute nicht mehr aussehen, als sei es aus einem Guss gebaut
worden», so die Veranstalter.
Das neue Resort hat aber auch zahlreiche Veränderungen im
bestehenden Dorfkern ausgelöst. Mehrere Bau- und Sanierungsprojekte sind
bereits ausgeführt oder in Planung. Sie werden den alten Dorfkern nachhaltig positiv
verändern. Der Urner Denkmalpfleger Thomas Brunner führt Interessierte vor der
Podiumsveranstaltung durch das ursprüngliche Andermatt und zeigt die
Veränderung vor Ort im Detail. Die Führung beginnt um 10.45 Uhr beim
Tourismusbüro am Bahnhofplatz.
Mehr Informationen unter www.hereinspaziert.ch und www.ur.ch/etd.