10:48 BAUBRANCHE

Denkmalschutz: Immobilienunternehmen muss entfernten Kachelofen wieder einbauen

Teaserbild-Quelle: Georg Saal, Auktionshaus Michael Zeller, Gemeinfrei

Pech für eine Immobilienunternehmung, die ein historisches Haus im Tösstal gekauft hatte: Kurz bevor das Gebäude unter Schutz gestellt wurde, hatte sie den Kachelofen sowie eine ihrer Ansicht nach störende Wand entfernen lassen. Nun muss sie dies wieder rückgängig machen. Das verlangt das Zürcher Verwaltungsgericht, das dem vom Zürcher Heimatschutz (ZVH) eingereichten Gutachten folgend zum Schluss gekommen ist, dass der Kachelofen das Herzstück des Schutzobjekts gebildet hatte.  

Schwarzwaldstube von Georg Saal um 1861

Quelle: Georg Saal, Auktionshaus Michael Zeller, Gemeinfrei

Kachelofen als Zentrum des Hauses. Ölgemälde von Georg Saal um 1861.

Wie der ZVH in seiner Medienmitteilung schreibt, war der Ofen “als raumstrukturierendes Element dominierend für die Einheit von Stube und Nebenstube” gewesen. Er habe wesentlich zum Zeugenwert Gebäudes beigetragen. 

Auch wenn der ursprüngliche Kachelofen nicht wiederhergestellt werden kann, erachtete es das Verwaltungsgericht als verhältnismässig, wenn er mit einem ähnlichen ersetzt wird. Wie der ZVH weiter festhält, hatte das Gericht vorgeworfen, dass sie von der Inventarisierung des Gebäudes und seiner vermutlichen Schutzwürdigkeit gewusst haben musste. Somit entschied das Gericht, dass wegen der Bedeutung des Kachelofens und wegen der Bösgläubigkeit des Unternehmens das öffentliche Interesse an der Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes das private Interesse, den Kachelofen nicht zu ersetzen, überwiegt. «Es nützte der Erwerberin des Hauses also nichts, dass sie kurz nach dem Kauf des Hauses den Ofen kurzerhand herausgerissen hatte», kommentiert der ZHS den Entscheid der Richter.

Behördliche Fachgutachten, Parteigutachten und die Kompetenz des Baurekursgerichts 

Wie der ZVH schreibt, machte das Gericht in seinen Erwägungen wichtige Ausführungen zu verschiedenen Aspekten des Denkmalschutzes. Unter anderem zur Bedeutung von behördlich eingeholten Fachgutachten, zu Parteigutachten sowie zur Fachkompetenz des Baurekursgerichts. Ein von Behörden angeordnetes Gutachten geniesse einen erhöhten Beweiswert, weshalb die Entscheidinstanz von diesem nicht ohne triftige Gründe abweichen dürfe.  Allerdings muss das Gutachten dazu vollständig, nachvollziehbar und schlüssig sein. Von teilweise lückenhaften oder mangelhaften gutachterlichen Feststellungen dürfe eine Behörde aber umso eher abweichen, je sachkompetenter sie sei, heisst es weiter.  

Das Verwaltungsgericht attestierte dem Baurekursgericht als Fachgericht die nötigen Kenntnisse, um Fragen der Baugeschichte, des Ortsbildschutzes und der Denkmalpflege kompetent zu beurteilen. Laut ZVH war es dabei auch berechtigt, «ja gar verpflichtet», das eingereichte Parteigutachten des Zürcher Heimatschutzes in seine Überlegungen einzubeziehen. Einem Parteigutachten dürfe gemäss Verwaltungsgericht der Beweiswert nicht schon allein deshalb abgesprochen werden, weil es von einem Prozessbeteiligten eingebracht wurde. 

Eine möglichst gewinnbringende Nutzung ist kein entscheidendes Kriterium 

Ist ein Objekt schutzwürdig führt dies allerdings nicht zwingend dazu, dass Schutzmassnahmen angeordnet werden, wie das Gericht weiter darlegte. Vielmehr müssen die Anordnungen verhältnismässig sein. So liegt der Schutz von Baudenkmälern zunächst im öffentlichen Interesse. Das Interesse an ihrem Erhalt muss dabei jedoch höher gewichtet werden als diesem zuwiderlaufende Interessen. - Einer Gemeinde steht jedoch erheblicher Beurteilungsspielraum zu.  

Rein finanzielle Interessen der Eigentümer vermögen laut der Rechtsprechung des Bundesgerichts das öffentliche Interesse an einer Denkmalschutzmassnahme in der Regel nicht zu überwiegen. Einer möglichst gewinnbringenden Nutzung kommt, wie das Verwaltungsgericht ausführte, grundsätzlich kein entscheidendes Gewicht zu. 

Das Zusammenspiel von Fassade und Innenraum 

Des Weiteren unterstrich das Gericht mit einem Verweis auf das Bundesgericht, dass ein Bauwerk grundsätzlich als Ganzes zu betrachten ist. «Der Schutz einzelner Bauteile kann nicht ohne das Zusammenwirken von Innerem und Äusserem beurteilt werden und die Schutzwürdigkeit des Inneren ergibt sich insbesondere auch aus dem Zusammenspiel von Fassaden und Innenraum.» Zudem präzisierte es, dass ein erhebliches öffentliches Interesse an der Unterschutzstellung des Innern besteht, wenn dort Veränderungen die Einheit des Hauses weitgehend zerstören und die «Lesbarkeit» des Baudenkmals und den Sinn der Unterschutzstellung stark beeinträchtigen würden.   

Gemäss ZVH hatte die Vorinstanz zu Recht die Eigentümerin verpflichtet, die ursprüngliche Raumstruktur wiederherzustellen. Diese Massnahme verunmögliche auch keineswegs eine zeitgemässe Wohnnutzung. (mai/mgt) 

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