Bundesrat will dem Schutz der Biodiversität mehr Platz einräumen
Der Bundesrat will die biologische Artenvielfalt und die baukulturellen Qualitäten in der Schweiz besser schützen. Dafür soll neu mehr Fläche für Tiere und Pflanzen zur Verfügung stehen. Ausserdem sollen Gemeinden und Städte mehr für den Schutz der Biodiversität unternehmen.
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Blumenwiese, Symbolbild.
So schlägt der Bundesrat vor, dass künftig 17 statt wie heute 13,4 Prozent der Fläche als Raum für Tiere und Pflanzen zur Verfügung stehen sollen. Erreicht werden soll die erweiterte Fläche mit der Ergänzung regionaler und lokaler Biotope oder dem Ausbau von Waldreservaten. Zudem sollen die bestehenden nationalen Schutzgebiete wo nötig saniert werden.
Das schlägt der Bundesrat als indirekten Gegenvorschlag zur Biodiversitätsinitiative vor. Er hat am Freitag seine Botschaft ans Parlament verabschiedet, wie er mitteilte. Die Initiative selbst lehnt der Bundesrat ab, weil sie den Handlungsspielraum von Bund und Kantonen aus seiner Sicht übermässig einschränken würde.
Allerdings sei klar, dass die biologische und landschaftliche Vielfalt besser geschützt und gefördert werden müsse, schreibt der Bundesrat. Die Erhöhung der gesetzlich geschützten Fläche soll in allen Landesteilen und für alle Lebensraumtypen die notwendige Fläche für die biologische Vielfalt sichern.
Biotope und Wildtierbrücken
Im Natur- und Heimatschutz sollen Bund und Kantone ausserdem verpflichtet werden, die sogenannte «ökologische Infrastruktur» zu sichern, pflegen und weiterentwickeln. Zur ökologischen Infrastruktur gehören als Kernelemente die Biotope, Waldreserven und nationalen Schutzgebiete. Das 17-Prozent-Ziel ist für diese Kernelemente vorgesehen.
Weiter zählen die Vernetzungsgebiete dazu, in denen sich die Arten frei bewegen können, um sich zu ernähren, sich fortzupflanzen oder neue Lebensräume zu besiedeln. Als Vernetzungsgebiete gelten naturnahe Fliessgewässer, Waldränder sowie ökologisch wertvolle Grünräume, Wildtierbrücken und Amphibiendurchlässe an Autobahnen.
Begrünungen in Städten und Gemeinden
Eine hohe Qualität und Quantität der Natur sei sowohl für die biologische Vielfalt als auch für das Wohlbefinden der Bevölkerung wertvoll, schreibt der Bundesrat. Er will aus diesem Grund auch die Natur und den «ökologischen Ausgleich» in Städten und Gemeinden stärker fördern. Die Kommunen sollen mit den Kantonen Massnahmen wie naturnahe Grün- und Gewässerflächen oder begrünte Dächer und Fassaden in den Siedlungen vorantreiben.
Die vorgeschlagenen Neuregelungen zum ökologischen Ausgleich waren in der Vernehmlassung gemäss Botschaft mehrheitlich kritisch aufgenommen worden. Einige schlugen als Ersatz für gesetzliche Anpassungen ein Impulsprogramm vor, das die Kantone bei der Erhaltung und Förderung der Siedlungsnatur unterstützt. Sie argumentieren damit, dass die Pflicht zum ökologischen Ausgleich bereits heute gesetzlich verankert sei und es lediglich mehr Mittel brauche, um die Umsetzung zu unterstützen.
Pflege des natürlichen und kulturellen Erbes
Als drittes Element will der Bundesrat die Qualität und Attraktivität der Schweizer Siedlungen und Landschaften mit einer umfassenden Baukultur fördern. Dies ist auch ein Anliegen der Initianten. Die Baukultur soll den Schutz und die Pflege des natürlichen und kulturellen Erbes mit einer qualitätsvollen Weiterentwicklung des Siedlungsraums verbinden. Ziel ist es, dass sich Städte und Gemeinden an neue Anforderungen anpassen und gleichzeitig ihre historischen Eigenarten bewahren können.
Gemäss Botschaft geht der Bundesrat davon aus, dass für die Umsetzung dieser Massnahmen dem Bund jährliche Kosten von 96 Millionen Franken und den Kantonen von 90 Millionen Franken entstehen. Angepasst werden müsste vor allem das Bundesgesetz über den Natur- und Heimatschutz.
Initianten noch immer nicht zufrieden
Die Initiative wurde Anfang September 2020 vom Trägerverein «Ja zu mehr Natur, Landschaft und Baukultur» hat die Initiative «Für die Zukunft unserer Natur und Landschaft (Biodiversitätsinitiative)» eingereicht. Sie will Bund und Kantone dazu verpflichten, die Artenvielfalt, die Landschaft und das baukulturelle Erbe besser zu schützen. Sie fordert für die Biodiversität mehr Flächen und mehr Gelder der öffentlichen Hand.
Bereits die Vernehmlassung hatte gezeigt, dass der Vorschlag diversen Parteien – den Grünen, der SP und den Grünliberalen – und Umwelt- und Tierschutzorganisationen zu wenig weit geht. An der Kritik hielt der Trägerverein nun auch nach der Anpassung fest. Der Gegenentwurf gebe eine ungenügende Antwort auf die akute Biodiversitätskrise und den Verlust von Landschaft und Baukultur, schrieb der Verein zum Bundesratsentscheid.
Es brauche mehr Fläche für die Biodiversität und mehr Geld zur Umsetzung des Schutzes. Der Schweizerische Fischerei-Verband kritisierte zudem in einer Mitteilung, dass der Bundesrat die Fischschutzgebiete nach der Vernehmlassung ersatzlos gestrichen hat. Diese seien wieder aufzunehmen, schreibt auch der Trägerverein. Das Parlament müsse den indirekten Gegenvorschlag deutlich verbessern. (sda)