Building Information Modeling: Neue Wege der Kollaboration
Ein Werbeplakat mitten im Bahnhof sollte gut sichtbar sein, aber keine wichtigen Schilder des Bahnverkehrs verdecken. Ist der Bahnhof zudem denkmalgeschützt, darf die Wirkung des Denkmals dadurch nicht beeinträchtigt werden. Wie diese unterschiedlichen Interessen mit Building Information Modeling (BIM) koordiniert und abgewogen werden können, zeigt der Umbau des Basler Hauptbahnhofs.
Vor kurzem haben die Sanierungsarbeiten im Bahnhof Basel SBB begonnen. Der Westflügel soll bis 2021 umgebaut und erweitert werden. Da der Bahnhof im kantonalen Denkmalverzeichnis eingetragen ist, müssen bei diesem Grossprojekt auch denkmalpflegerische Anforderungen erfüllt werden. Vor allem bei der Frage, wo Werbemittel und Beschriftungen platziert werden sollen, kollidieren die unterschiedlichen Interessen der Denkmalpflege, der Bahnhofbetreiberin und der Reisenden. Und genau dafür hat sich die digitale Planungsmethode Building Information Modeling (BIM) als sehr nützlich erwiesen: Sie half den Beteiligten, die kommerzielle Werbung sowie Bahninformationen sorgfältig mit baukulturellen Interessen abzustimmen.
Wirkung des Denkmals soll erhalten bleiben
Zwar ist BIM heute immer mehr und auf allen möglichen Stufen eines Bauprojekts anzutreffen. Wie diese für viele noch sehr neue Methode dem Denkmalschutz und den Bewilligungsbehörden in der Praxis als Hilfsmittel dienen kann, ist aber kaum bekannt. Der Fall des Basler Bahnhofs zeigt, wie die Denkmalpflege im Planungs- und Bewilligungsprozess von BIM profitieren konnte.
Die Mitsprache der Denkmalpflege gilt nicht nur für bauliche Massnahmen, sondern gleichermassen auch für Werbeflächen und Beschriftungen. «Bei denkmalgeschützten Bauten geht es nie nur um Substanzschutz, sondern immer auch um den Erhalt der Wirkung eines Denkmals», erklärt Reto Bieli von der kantonalen Denkmalpflege Basel-Stadt.
«Als Bewilligungsbehörde hat die Denkmalpflege die Aufgabe, die unterschiedlichen öffentlichen Schutz- und Nutzungsinteressen gegenüber den privaten abzuwägen.» Sie prüfe, wie mit möglichst minimalem Eingriff in Eigentumsrechte und die Wirtschaftsfreiheit, denkmalpflegerische Zielsetzungen zu erreichen seien. «Das geht bei kommerzieller Werbung am einfachsten mit räumlichen Visualisierungen, welche im Rahmen von Arbeitssitzungen mit allen Beteiligten direkt moduliert werden können.»
Koordination der Interessen
Wer ein Haus bauen will, muss unterschiedliche Auflagen beachten, etwa in Sachen Brandschutz oder Denkmalpflege. Bevor das Baugesuch bewilligt werden kann, müssen all diese Vorgaben berücksichtigt und in der Planung korrekt umgesetzt werden.
Im Vergleich zum Bau eines Einfamilienhauses prallen bei Grossprojekten wie etwa dem Umbau eines Hauptbahnhofs jedoch mehr und vor allem unterschiedlichere Interessen aufeinander – und es sind deutlich mehr Parteien involviert. «Die Koordination aller Bedingungen und Interessen ist eine grosse Herausforderung», weiss auch Bieli. Diese Prozesse würden durch BIM vereinfacht.
Gesamtkonzept für Werbung und Beschriftung
Die Erneuerung des Westflügels wurde zwar nicht mit BIM geplant. Doch in den Bereichen Werbung, Beschriftung, Kunst und Farbgebung kam die digitale Planungsmethode zur Anwendung: Der Leiter der Fachstelle Denkmalpflege der SBB beauftragte die Schock und Guyan Architekten GmbH damit, ein Gesamtkonzept für Werbung und Beschriftung zu entwerfen. In Zusammenarbeit mit der BIM Facility AG erstellte sie das entsprechende digitale Modell.
Alle an einem Tisch
Das 3D-Modell ermöglichte den involvierten Parteien – von der SBB Immobilien als Bauherrin über die Planer bis hin zu den Behördenvertretern aus der Denkmalpflege – mit Hilfe des virtuell begehbaren 3D-Modells gemeinsam über das Werbe- und Beschriftungskonzept zu diskutieren.
Statt dass ein Projekt eingereicht wird, jede betroffene Prüfstelle Auflagen formuliert und das Ganze zurückgeschickt wird, kamen hier die relevanten Parteien in einem Workshop zusammen. «So konnten alle Beteiligten direkt Inputs liefern und ihre Anliegen einbringen, bis das Modell vollständig und bewilligungsfähig war. Damit liessen sich die unterschiedlichen Interessen ‹face to face› abwägen», erklärt Bieli.
Die Beurteilung finde so nicht zirkulär in den Amtsstuben und Büros statt, sondern in einer gemeinsamen Diskussion, an einem Tisch. «Das erhöht das gegenseitige Verständnis und führt dazu, dass Projektierungsprozesse auch Lernprozesse werden, von denen alle profitieren.»
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