Bürobauten aus Holz für mehr Nachhaltigkeit?
Das Homeoffice drängt seit der Pandemie das Büro als Arbeitsort in den Hintergrund. Seine Tage sind nicht gezählt, aber es muss attraktiver werden. Parallel dazu steigen die Ansprüche an die Nachhaltigkeit von Bürobauten. Beide Trends können ein Türöffner für Holz sein.
Quelle: Marco Leu GmbH, Rothenburg
In welcher Umgebung arbeiten die Macher von Holzbauten? - Büroeinrichtung im Haus des Holzes der Pirmin Jung Schweiz AG (und ebenso in untenstehendem Bild.)
Von Michael Meuter*
Aufgrund der strengen sanitarischen Auflagen während der Corona-Pandemie schrumpfte der Personalbestand in vielen Büros rasant auf ein Minimum. Die Mehrheit stellte sich auf Arbeiten in den eigenen vier Wänden ein, richtete sich dafür zuhause oder je nach dem auch in der Ferienwohnung ein – und mochte diese nicht mehr aufgeben, als die Arbeitgeber zurück ins Büro riefen. Damit ist das lange eher diffuse Konzept der ‹Telearbeit› zur ständigen Realität für viele Firmen geworden – mit der unschönen Folge, dass manche sich vor halbleeren Büros sehen.
Solches ruft aus ökonomischen Gründen nach einer Reduktion der belegten Flächen. Und es stellt sich die Frage, ob es unter diesen Umständen in den nächsten Jahren überhaupt noch eine Nachfrage nach Büros geben wird. Ja, sagt Wüest Partner. Das Beratungsunternehmen befragte dazu bereits im Oktober 2021 rund 350 Unternehmen. Aus der Erhebung ging hervor, dass die meisten zwar dauerhaft mit etwa einem Viertel Homeoffice rechnen, aber nur 15 Prozent ihre Büroflächen verkleinern wollen. 65 Porzent gehen davon aus, dass ihre Bürofläche gleichbleibt, 20% wollen künftig sogar erweitern.
Bleibt das Beschäftigungswachstum in den typischen Bürobranchen solide, bedeutet das einen jährlichen Bedarf an Büroflächen, der das aktuelle, ziemlich konstante Angebot auf dem Markt, aber auch die durchschnittliche Neubauproduktion der letzten zehn Jahre deutlich übersteigt. Zugleich verändert sich allerdings das Anforderungsprofil: Das wichtigste Kriterium für die befragten Unternehmen heisst gemäss dem ‹Büroflächen-Barometer› von 2021 jetzt nämlich Arbeitsplatzqualität.
Wenn sich das Büro «neu bewerben» muss
Wie wird das Büro für die Generation Homeoffice wieder attraktiv? Einer, der Tag für Tag Antworten auf diese Frage sucht, ist Patrick Waldis. Der Präsident des Schweizer Büroeinrichter-Verbandes bueroszene.ch betreibt mit seiner Firma «berry» ein Unternehmen, das andere Unternehmen darin berät, wie sie sich im Einklang mit ihrer eigenen Firmenkultur für die agile, digitale Arbeitswelt von heute optimal aufstellen.
«Ich bin der Meinung, dass sich das Büro neu bewerben muss», sagt Waldis. «Es steht heute klar in Konkurrenz mit einer Reihe von anderen Arbeitsformen wie Homeoffice oder Co-Working-Spaces. Das Büro muss für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mindestens ebenso viel Anziehungskraft haben – oder eben sogar noch mehr. Dafür muss es sich neu erfinden.»
Was heisst das? Zum einen müssen verschiedene Tätigkeiten und Interaktionsformen möglich sein. Bauliche Voraussetzung dafür sind flexible Grundrisse. Das Büro wird nach Corona zum Treffpunkt. Dafür wiederum braucht es etwa Gemeinschaftsräume mit entsprechender Infrastruktur. Daneben werden auch geeignete Einzel- und Gruppenarbeitsplätze in einer klar zonierten, aber durchlässigen Gesamtanlage gebraucht, die es erlaubt, von einem introvertierten Setting in ein extrovertiertes zu wechseln und zurück. Daneben erwartet man heute hinsichtlich Arbeitsplatzqualität im Büro zunehmend eine inspirierende Ambiance. Im Trend liegen viel Tageslicht und lebendiges Grün, sichtbare Naturmaterialien wie Holz und eine ansprechende Farbgestaltung bei der Inneneinrichtung.
Nachhaltigkeit für Investoren und Nutzer immer wichtiger
Gemäss Beobachtung der Credit-Suisse-Studie «Büroflächenmarkt Schweiz 2023» bleiben die Neubaugesuche und -bewilligungen für Bürobjekte zwar unter dem langfristigen Mittelwert. Gleichzeitig ziehen die Umbaugesuche aber an, was zum Beispiel auf energetische Sanierungen hindeutet. Tatsächlich legen Investoren wie Nutzer zunehmend Wert auf Nachhaltigkeit und Energieverbrauch der Gebäude. Dieses Kriterium steht gemäss Erhebung von Wüest Partner nun bereits an zweiter Stelle nach der Qualität der Büroarbeitsplätze.
Quelle: Marco Leu GmbH, Rothenburg
Büros als Treffpunkte dürften in Zeiten von Homeoffice kombiniert mit Arbeit vor Ort wichtiger werden.
«Dass die ökologische Nachhaltigkeit von Immobilien für Nutzer immer wichtiger wird, sehen wir erstens daran, dass bei unserer jährlichen Umfrage zu den Anforderungen an Büroflächen dieses Kriterium mittlerweile sehr hohes Gewicht hat», erklärt Robert Weinert, Partner und Head of Immo-Monitoring bei Wüest Partner. Zweitens habe sich bei Gesprächen mit Maklern und Entwicklern gezeigt, dass das Kriterium der ökologischen Nachhaltigkeit bei den Suchanfragen oft sehr hoch gewichtet wird. Die Vermietbarkeit von unökologischen Flächen wird laut Weinert dagegen immer schwieriger, insbesondere wenn sich die Immobilien nicht an Toplagen befinden. «Und bei den Investoren konnten wir in einer Studie vom letzten Jahr herausfinden, dass die Zahlungsbereitschaft für ökologisch nachhaltig betriebene Objekte rund 4 Prozent höher ist als für vergleichbare Objekte, die nicht ökologisch betrieben werden.»
Ökologisch
nachhaltige Bauten sind vor allem energiesparend und klimaschonend. In
dieser Hinsicht bietet Holz zwei Vorteile: Zum einen ist es aufgrund
seiner Materialeigenschaften und der hohen Präzision in der Vorfertigung
prädestiniert für die Erstellung energieeffizienter Bauten. In Holz
steckt nur sehr wenig Grauenergie aus Ernte und Verarbeitung. Zum andern
bindet jeder Kubikmeter Holz ungefähr eine Tonne CO2; verbautes Holz
wirkt also als CO2-Senke. Der Einsatz von Holz anstelle anderer
Materialien vermeidet zugleich deren CO2-Emissionen.
Hybridbauten statt konventioneller Massivbau?
Insgesamt
stellt sich die Holzbauweise im Baumarkt ökologisch an die Spitze. Das
untermauern verschiedene Untersuchungen, die dem Holzbau 10 bis 15
Prozent weniger Grauenergie und CO2-Emissionen bescheinigen. Neuste
Erkenntnisse liefert eine aktuelle Studie zu ökologischen Kennzahlen von
Holzbauten für Investoren. Verfasst hat sie im Auftrag des Bundesamtes
für Umwelt die Zürcher «durable Planung und Beratung GmbH», die sich auf
Nachhaltigkeit in der Entwicklung, Projektierung, Erstellung und
Bewirtschaftung von Immobilien spezialisiert hat. Sie weist für ein
Sample von zehn Wohn- und Bürobauten seit 2010 nach, dass die
Holzbauweise sowohl auf Gebäudeebene als auch auf der Ebene einzelner
Bauteile hinsichtlich der grauen Treibhausgasemissionen zu besseren
Resultaten führt als eine mineralische Ausführung desselben Objekts.
Auch
was die Wirtschaftlichkeit des Holzbaus betrifft, gibt es
Erkenntnisse, die für Holz sprechen. 2020 zeigte eine Studie von Wüest
Partner für das Bundesamt für Umwelt (Bafu), dass der Holzbau bei
grossen neueren Wohnüberbauungen ökonomisch mit dem energetisch
hochwertigen Massivbau gleichauf liegt.
Mittlerweile hat das
Beratungsunternehmen im Auftrag der Lignum und des Bafu mit einer
zweiten Untersuchung zu grossen Bürobauten der letzten Jahre nachgelegt.
Analysiert wurden zehn Bürogebäude in der Schweiz, die nach 2010
realisiert wurden. Die Tragstruktur der untersuchten Gebäude ist zwar
vorwiegend aus Holz. Dennoch gibt es Bauteile, die aus statischen,
brandschutztechnischen oder anderen Gründen aus Stahlbeton erstellt
wurden. Demnach handelt es sich bei den Fallbeispielen um Hybridbauten.
Und diese sind, so der Befund, sogar günstiger als der konventionelle
Massivbau.
*Michael Meuter ist Verantwortlicher Information von Lignum, Holzwirtschaft Schweiz.