Buchtipp: Pathos, Putin, Plattenbauten
Verlassene Militärflughäfen, leere Kasernen, einsame Baracken sowie andere Überreste des Sowjetregimes in Berlin und Umgebung waren das Thema eines Fotoprojektes von Sandra Ratkovic. Neugierig auf das Russland des 21. Jahrhunderts geworden, reiste die Fotografin nach Moskau und hielt ihre Eindrücke fest. Dabei entstanden skurrile Aufnahmen, die Stoff für den Fotoband «Moskau Moscow Mockba» lieferten.
Es sind Fotografien, von denen man wissen möchte, welche Geschichten ihnen zugrunde liegen. Seien es pathetische Wandmalereien von Kriegsszenen im Zentralmuseum, die eigenartig mit den Möbeln kontrastieren, mit Blumen bemalte Haubitzen oder Putin-Devotionalien in einem Souvenirladen. Daneben ist immer wieder Architektur zu sehen, die nicht zu ihrer Umgebung zu passen scheint. Dies gilt etwa für ein orthodoxes Kirchlein, hinter dem sich Plattenbauten drängen.
Das Buch erzählt von einem Moskau, in dem Militär- und Putin-Kult auf Kitsch und Folklore treffen. «Manche Bilder mögen absurd erscheinen, andere berühren oder verstören gar. Einige bringen uns zum Lächeln», sagt Ratkovic. Mit ihren Fotos will sie dem Betrachter «einen neutralen Blick» auf die russische Kultur bieten. Neugierig machen sie auf jeden Fall. Ausserdem ist der Text zu den Bildern ein kleines Highlight: Geschrieben hat ihn «Russendisko»-Autor Vladimir Kaminer, der mit seinen Texten ironische Blicke auf die russische Kultur und auf seine Wahlheimat Deutschland wirft. (mai)
«Moskau Moscow Mockba», Sandra Ratkovic
Text: Wladimir Kaminer / 96 Seiten / Hatje Cantz Verlag
ISBN 978-3-7757-4256-6 / 39 Franken 90
