Berufsbildung für Maurer: Hier schnuppert, wer wirklich will
Erstmals haben die Verantwortlichen des Thurgauischen Baumeister-Verbands zu einem zentralen Schnuppertag für das Maurerhandwerk in die Lehrhalle Sulgen geladen. Der erste Eindruck ist positiv. Wie effektiv, das werden die Bewerbungen in den regionalen Unternehmen zeigen.
Der Fenstersturz will einfach nicht hineinpassen. Dabei hatten sie doch vorher alles ausgerechnet und ausgezählt. Mit blossen Händen kratzt Timo den Zement von bereits vermauerten Ziegeln. Gemeinsam versuchen sie es noch einmal. Und? Passt! Halten wird es nicht lange. Muss es auch nicht, jedenfalls heute nicht unbedingt. Timo und Konrad machen ihre ersten praktischen Erfahrungen – beim Schnuppertag in der Maurerlehrhalle Sulgen.
Eingeladen hat der Thurgauische Baumeister-Verband. «In den Jahren zuvor hatten wir hier jeweils ganze Klassen, insgesamt 250 bis 300 Schülerinnen und Schüler kamen zu den Schnuppertagen», erinnert sich Geschäftsführer Romeo Maasl. Das Ergebnis einer Umfrage unter 75 Lernenden habe allerdings gezeigt, dass auch hierbei weniger mehr sein könnte, zielgerichteter vorgegangen werden sollte.
Interessierte statt ganze Klassen
In diesem Jahr hat der Verband nun erstmals einen zentralen Schnuppertag organisiert. Maasl verspricht sich mehr Effektivität. Der Verband verschickte Flyer an Schulen, die Lehrer brachten diese in die Klassen, machten den einen oder anderen Schüler auch direkt auf das Angebot aufmerksam. 36 Interessierte meldeten sich an, 35 sind gekommen, einer hat rechtzeitig abgesagt. Allesamt Jungen, die meisten von ihnen stehen vor dem Übergang in die zweite Sekundarstufe. Ihr heutiger erster Acht-Stunden-Arbeitstag hat mit Theorie und Planung begonnen. Berufserfahrene Instruktoren wie Thomas Arpasi können sichtlich begeistern. Der Funke springt über. «Man merkt einfach: Heute sind die da, die wirklich wollen.»
Fachkräfte im Bau gefragt
Das sei gut, denn mit dem Nachwuchs in seiner Branche sehe es eher spärlich aus. «Wie überall im Handwerk. Die letzten starken Jahrgänge hatten wir 1988 / 89.» Immer noch würden auf Baustellen viele Ungelernte arbeiten, Fachkräfte also dringend gebraucht. «Aber es wird wieder aufwärts gehen», ist der Chefinstruktor der Maurerlehrhalle überzeugt. «Die Löhne sind gut, liegen über denen anderer Branchen. Die Weiterbildung läuft bestens. Und es ist eine vielseitige Arbeit», listet Arpasi auf. Mehr als zwei Jahrzehnte hat er auf Baustellen gearbeitet. Draussen arbeiten zu können, das sei für ihn ein weiterer Vorzug des Maurerberufs.
Umschauen vor der Entscheidung
Genau das aber sorgt bei Remo aus Amlikon für Skepsis. Er hatte sich zwar sofort für den Schnuppertag angemeldet und stellt sich beim Mauern bereits recht geschickt an. Ob er sich nach diesem Tag in Sulgen bei einem Unternehmen zur Schnupperlehre anmelden wird? «Eher nicht. Immer draussen. Da ist es im Sommer heiss, im Winter kalt. Mal schauen», sagt der bald 14-Jährige. Umschauen in anderen Branchen. Heute ist sein allererster Schnuppertag. Vielleicht sieht er sich noch in der Stadtgärtnerei um. Dort arbeitet sein Vater. Vielleicht auch in einer ganz anderen Branche. Sein Kollege Timou ist aus Romanshorn nach Sulgen gekommen, mit 16 Jahren einer der älteren hier. Landschaftsgärtner wäre sein Traumberuf. Da müsse er auch mauern können. «Macht Spass – egal, ob draussen oder drinnen.»
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