Bauwirtschaft Zürich, Aargau und Schaffhausen: Delle vorerst ausgebügelt
Die Bauregion hat im letzten Jahr mit einer eindrücklichen Aufholbewegung eine gute Basis für die künftige Bautätigkeit geschaffen. Mit Ausnahme des Bürobaus dürften alle Hochbausegmente von der wiedererstarkten Investitionsbereitschaft und dem Arbeitsvorrat profitieren.
Das Schweizer Bauhaupt- und Ausbaugewerbe kann in den Kantonen Zürich, Aargau und Schaffhausen optimistisch auf die künftige Bautätigkeit blicken. Die Bauregion – neu dazu gehört der Kanton Schaffhausen – konnte in den letzten zwei Jahren auch während der Corona-Pandemie bei der geplanten Bausumme ein solides Ergebnis vorweisen.
Nun dürfte die Wachstumsdelle ausgebügelt sein, denn die auf Basis von Gesuchen ermittelte Hochbausumme erhöhte sich in den drei Kantonen im letzten Jahr gesamthaft um 12,9 Prozent (Zahlen per Ende Februar). Im Vergleich zur Veränderungsrate des Vorjahres beschleunigte sich das Wachstum deutlich. Mit einer Ausnahme dürften alle Segmente einen Wachstumsbeitrag leisten. Weil es sich um die grösste Bauregion handelt, die rund ein Viertel des gesamthaft in der Schweiz investierten Bauvolumens auf sich vereinigt, sind die drei Kantone auch ein Gradmesser für die künftige Entwicklung.
Wohnbau bleibt Treiber
Das betrifft namentlich den Wohnbau, der ein Grossteil der geplanten Hochbauinvestitionen in den drei Kantonen ausmacht. Beide Segmente trugen zum Wachstum des Wohnbaus bei (+20,9 %). Die Summe für den Bau von Mehrfamilienhäusern (MFH) erhöhte sich nach einer Stagnation im Vorjahr um 20,8 Prozent, wie die von der Docu Media Schweiz GmbH systematisch erhobenen Zahlen auf Basis von Baugesuchen zeigen. Dieses Segment dürfte sich in der Bauregion als Stütze der Hochbautätigkeit erweisen, zumal über vier Fünftel des Wohnbauvolumens auf Renditeliegenschaften entfallen.
Die projektierten MFH-Investitionen erreichten in den Kantonen Zürich und Aargau sogar den höchsten Stand der letzten fünf Jahre. Am grössten war die Zunahme im Kanton Aargau (+34,6 %), bei der Wachstumsquote mithalten konnte auch der Kanton Schaffhausen (+32,9 %). Eine solide Basis für die Bautätigkeit im MFH-Segment zeigte der Kanton Zürich (+15,8 %). Auch im Vergleich zum Fünfjahresdurchschnitt sind die Summen in allen drei Kantonen ausserordentlich.
Häuser auf dem Lande
Zuversichtlich sein können die Bauunternehmen auch mit Blick auf die Auftragslage im Segment Einfamilienhäuser (EFH). Bei der Zuwachsrate schwingt erneut der Aargau oben aus (+28,0 %). Im Kanton dürfte der im letzten Jahr zu beobachtende Boom bei den Einfamilienhäusern weiterhin Bestand haben, während in den vergangenen zwölf Monaten in Schaffhausen der Bau von Einfamilienhäusern stagnierte.
In beiden Kantonen ist der Anteil der EFH-Investitionen mehr als doppelt so hoch als im Kanton Zürich. Ein Grund dürfte sein, dass in ländlichen Gegenden der beiden Kantone die Verwirklichung des Traums vom eigenen Haus mit Umschwung noch eher bezahlbar ist. Überdurchschnittlich hoch sind in den Kantonen Schaffhausen und Aargau auch die Eigentumsquoten, in Zürich liegt diese dagegen weit unter dem Durchschnitt.
Industrie investiert kräftig
Im Industriesegment manifestierte sich die wirtschaftliche Erholung nach der Pandemie auf eindrückliche Weise. In der Bauregion schossen die Investitionen der Industrie in den Gebäudepark um 41,8 Prozent in die Höhe. Auch unter Berücksichtigung des Basiseffekts mit dem vergleichsweise tiefen Vorjahreswert ist die Zunahme beträchtlich, liegt die geplante Summe doch um ein Viertel über dem Fünfjahresdurchschnitt.
In Hunzenschwil AG expandiert die Carbogen Amcis AG mit einem Industriebau zur Produktion pharmazeutischer Wirkstoffe. 2024 soll die Anlage den Betrieb aufnehmen. Ins Gewicht fällt bei den Investitionen der Industrie auch der Ausbau des Logistikzentrums der Post in Villmergen AG. Neben einer Erweiterung bestehender Gebäude ist ein Neubau für 62,8 Millionen Franken geplant. Mit den Investitionen wird der Kanton Aargau als Industriestandort gestärkt, wobei die geplante Bausumme weit über dem Fünfjahresdurchschnitt lag. Zürich kann die Scharte des Vorjahres zwar auswetzen, doch lag der Zuwachs der Bausumme für Industriebauten lediglich im Bereich des langjährigen Durchschnitts.
Mit dem Ausbau der Kapazitäten reagieren Logistikunternehmen auf den Wachstumsschub des Online-Geschäfts. Während der Corona-Pandemie legten die Online-Umsätze stark zu. Das war auch bei den Tochtergesellschaften der Migros der Fall. Der Migros Genossenschaftsbund plant daher einen Ausbau des Verteilzentrums in Regensdorf für 57,4 Millionen Franken. Im Vergleich zum Vorjahr stagnierten in Schaffhausen dagegen die Bauinvestitionen der Industrie, auch lagen sie weit unter dem langjährigen Durchschnitt.
Rechenzentrum geplant
Der Online-Handel und der Ausbau elektronischer Dienstleistungen generieren grosse Datenmengen. Die Safe Host SA investiert daher in Beringen SH 90 Millionen Franken in den Neubau eines Rechen-zentrums. Ohne das Grossprojekt befand sich die Bausumme des Segments Bürobau immerhin auf Vorjahresniveau. Im ehemals wichtigen Produktionsstandort grosser Industrieunternehmen schreitet die Tertiärisierung somit weiter voran.
Im Vergleich zur Vorjahresperiode muss der Bürobau in der Bauregion gesamthaft jedoch ein Minus von 59,9 Prozent hin-nehmen. Die Segmentsumme in die Miese gedrückt hat vor allem die stark rückläufige Segmentsumme im Kanton Zürich, von einem hohen Vorjahreswert allerdings. Die Summe erreichte im Kanton nicht einmal die Hälfte des Fünfjahresdurchschnitts. Im Kanton Aargau lag die Bürobausumme im Bereich des Vorjahreswerts (+5,9%), doch blieb sie auch hier weit unter dem langjährigen Durchschnitt.
Nachholbedarf bei Schulbau
Der künftigen Bautätigkeit zusätzlich Auftrieb verleihen dürften Bauprojekte der öffentlichen Hand. In der Bauregion erhöhte sich die Summe für den Bau von Schulen um 36,1 Prozent. Im Vergleich zum Vorjahr markant angestiegen ist die geplante Bausumme im Kanton Zürich. In allen drei Kantonen sind im Fünfjahresvergleich überdurchschnittlich hohe Summen für den Bau von Schulen geplant.
Momentan noch wenig Anlass zur Hoffnung bietet das Tourismussegment. Den Rückgang im letzten Jahr bei der Summe für den Bau von Hotels kann einzig der Kanton Zürich mit einem geringen Plus auffangen, was sich als positive Zukunftserwartung der Investoren mit Blick auf eine Wiederbelebung des Städtetourismus interpretieren liesse. Doch dürfte die Erholung andauern, denn die Investitionen blieben weit unter dem langjährigen Durchschnitt.
Bautätigkeit legte gute Basis
Rückblickend konnte die Bauregion eine positive Bilanz ziehen. Im zweiten Semester erreichte die Bautätigkeit gesamthaft ein sattes Plus von 27,2 Prozent, wobei alle Segmente zulegen konnten und der lang-jährige Durchschnitt übertroffen wurde. Augenfällig war in der zweiten Jahreshälfte die gute Entwicklung der Bautätigkeit beim Tiefbau. Im Vergleich zur entsprechenden Vorjahresperiode legten die getätigten Investitionen um 42,5 Prozent zu (siehe rotes Diagramm). Auf diesem Ergebnis lässt sich aufbauen, zumal die Tiefbautätigkeit rund die Hälfte des Bauvolumens der Region ausmachte. Dagegen war die Entwicklung der Wohnbautätigkeit eher verhalten (+4,7 %), im Fünfjahresvergleich sogar unterdurchschnittlich.
Ein hohes Wachstum ausgewiesen hat der übrige Hochbau (+30,7 %), dessen Ergebnis im zweiten Semester auch im Fünfjahresdurchschnitt bestehen konnte, wie aus Zahlen des Schweizerischen Baumeisterverbandes (SBV) auf Basis regelmässig durchgeführter Erhebungen hervorgeht. Die Summe für öffentliche Hochbauten wuchs in der zweiten Jahreshälfte in einer ähnlichen Grössenordnung
In allen Bereichen mehr Aufträge
Die Bauunternehmen konnten im zweiten Semester in allen Segmenten mehr Aufträge einsammeln, was auf eine gute Entwicklung der künftigen Bautätigkeit in der Bauregion schliessen lässt. Einen guten Auftragseingang verzeichnete das Wohnbausegment, das laut den SBV-Zahlen im Vergleich zur Vorjahresperiode die Summe um 16,5 Prozent auf den Höchststand der letzten fünf Jahre steigern konnte und über dem entsprechenden Durchschnitt lag.
Überdurchschnittlich war die Auftragslage auch beim übrigen und öffentlichen Hochbau, und zwar sowohl im Vergleich zur Vorjahresperiode als auch zum Fünfjahresdurchschnitt. Zusammen generieren beide Segmente in der Bauregion rund ein Viertel des Auftragsvolumens. Beim Tiefbau erhöhte sich laut den SBV-Erhebungen die Auftragssumme gegenüber der Vorjahresperiode um 15,6 Prozent. Im Mehrjahresvergleich war die Auftragssumme für Tiefbauprojekte allerdings weit unterdurchschnittlich, was die Gesamtsumme der Auftragseingänge schliesslich schmälerte (+20,3 %).
Grosser Arbeitsvorrat
Eine prosperierende Entwicklung in der Bauregion vermittelt
der Stand der Arbeitsvorräte. Gesamthaft befand sich in der Bauregion die Summe
vorrätiger Aufträge 31,3 Prozent über dem entsprechenden Vorjahreswert, was
auch im Fünfjahresvergleich ausserordentlich ist. Der Arbeitsvorrat lag beim
Tiefbau per 31. Dezember um 35,6 Prozent höher als im Vorjahresstichtag und
auch deutlich über dem Fünfjahresdurchschnitt.
Treiber der Baukonjunktur dürfte weiterhin der Wohnbau sein, dessen vorrätiges Arbeitsvolumen um 18,7 Prozent über dem Vorjahreswert lag. Auch die anderen Segmente erreichen laut den SBV-Erhebungen bei den Arbeitsvorräten vergleichsweise hohe Volumina, beim übrigen Hochbau betrug die Wachstumsrate 48,2 und beim öffentlichen Hochbau 21,7 Prozent, bezogen auf den langjährigen Durchschnitt ist das Resultat allerdings mässig.
Infomanager für den Bau
Der Infomanager der Docu Media Schweiz GmbH liefert Daten zur Baukonjunktur in der Schweiz. Erfahrungsgemäss werden geplante Bauvorhaben je nach Grösse und Verlauf der Einsprachen oder dem Ausgang politischer Entscheidungen bei öffentlichen Bauten innerhalb von zwei Jahren realisiert. Schätzungsweise 10 % der Gesuche werden nicht bewilligt oder freiwillig zurückgezogen.
Der Infomanager unterscheidet formal zwischen Baugesuchen und -bewilligungen sowie Submissionen. Abfragen können nach diversen und individuell definierbaren Selektionskriterien und Objekten wie Wohnhäuser, Bürogebäude oder öffentliche Bauten und anderen Kategorien durchgeführt werden. Abrufbar sind auch Baustadien und -arten sowie viele weitere Ausbaumerkmale von Gebäuden. Auf diese Weise sind Unternehmen jederzeit exakt über die Investitionsvolumina in ihrem Tätigkeitsgebiet informiert.
Weitere Infos: www.infomanager.ch