08:31 BAUBRANCHE

Bauwirtschaft ZH, AG, SH: Dynamik auf Segmente und Kantone beschränkt

Geschrieben von: Stefan Schmid (sts)
Teaserbild-Quelle: OVI Images GmbH / Schneider & Schneider Architekten ETH BSA SIA AG

In der grössten Bauregion der Schweiz wird die Hochbautätigkeit stagnieren. Während die Summe für Wohnbauten rückläufig ist, weisen der Büro- und Industriebau bei den Investitionen hohe Wachstumsraten aus. Bei Schulen und Fürsorgeeinrichtungen dürfte die öffentliche Hand noch nachbessern. Die Bautätigkeit entwickelte sich positiv, der Auftragseingang stimmt zuversichtlich.

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Das Bauhaupt- und Ausbaugewerbe der Kantone Zürich, Aargau und Schaffhausen dürfte vor einer Abschwächung stehen. Denn die auf Basis von Gesuchen ermittelte Summe der Bauregion ging im Vergleich zur Vorjahresperiode gesamthaft um 2,7 Prozent zurück. Nach einem ausserordentlichen Ergebnis im Jahr davor vollzog sich der Rückgang allerdings auf hohem Niveau, denn die in den drei Kantonen verbaute Hochbausumme lag in der Berichtsperiode (Zahlen per Ende Februar) immer noch deutlich über dem Fünfjahresdurchschnitt und das Investitionsvolumen der schweizweit wichtigsten Bauregion über der Marke von 14 Milliarden Franken.

Am stärksten auf das Ergebnis der Bauregion drücken dürfte der Rückgang im Kanton Zürich, auf den letztes Jahr rund zwei Drittel der geplanten Hochbauinvestitionen der Region entfielen. In Relation zur Vorjahresperiode betrug das Minus 2,8 Prozent. Rückläufig waren die Investitionen in geplante Hochbauten auch im Kanton Aargau (-3,5%), der durchschnittlich rund 30 Prozent der Gesamtsumme der Region auf sich vereinen kann. Als einziger der drei Kantone kann Schaffhausen bei der Hochbausumme ein Plus verbuchen (+4,7%).

Wohnbau stagniert

Die künftige Wohnbautätigkeit wird in der Bauregion voraussichtlich stagnieren oder sich rückläufig entwickeln. Gesamthaft ging die Wohnbausumme um 6,4 Prozent zurück, wobei alle Kantone in die Miesen abglitten. Im Kanton Zürich betrug das Minus 1,9 Prozent. Daran konnte auch der Umstand nur wenig ändern, dass sich im Kanton die Summe für den Bau von Einfamilienhäusern (EFH) trotz des schweizweit in diesem Segment eher abflauenden Baubooms erhöht hat (+1,8%).

Die geplante Summe für den Bau von Mietwohnungen reduzierte sich im Vergleich zur Vorperiode kantonsweit um 2,4 Prozent, wie Zahlen der Docu Media Schweiz GmbH zeigen. In den vier Jahren davor war bei den Investitionen in Mietwohnungen im Kanton der Trend noch positiv. Entsprechend wurde der Fünfjahresdurchschnitt um 10,1 Prozent übertroffen, was auf Kontinuität beim Wohnbau schliessen lässt.

Zentrumsnahe Orte im Fokus

Trotzdem besteht in den Städten ein akuter Mangel an bezahlbaren Wohnungen. Immerhin dürften in der Stadt Zürich mehrere Grossprojekte die Situation etwas entschärfen. Gesuche betreffen Überbauungen auf je einem Teilgebiet des Kochareals, welche von zwei Bau- beziehungsweise Wohngenossenschaften für 64,2 und 83 Millionen Franken realisiert werden. Ein weiteres genossenschaftlich organisiertes Bauprojekt ist in der Nähe des Triemlispitals für 53 Millionen Franken geplant. 

Geschätzte 90 Millionen Franken fliessen im Quartier Witikon in eine geplante Wohnüberbauung. Und im stadtnahen Gebiet Manegg umfasst das Gesuch ein Wohngebäude mit Büro- und Gewerbeanteil für geschätzte 100 Millionen Franken. Aufgrund des knappen Baulands in Zentrumsnähe weichen Bauherrschaften von Mietwohngebäuden vermehrt auf Gemeinden in der erweiterten Agglomeration der Stadt Zürich aus. In Schlieren ist auf einem Baufeld des ehemaligen Industrieareals in verkehrsgünstiger Lage eine Wohnüberbauung für 144,3 Millionen Franken geplant.

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Ins Stocken geraten ist der Wohnbau ebenfalls im Kanton Aargau (-16,8%), wobei beide Segmente ins Minus gerieten unter Einbezug von Basiseffekten aufgrund ausserordentlich hoher Vorjahreswerte: MFH -15,9 und EFH -19,6 Prozent. Immerhin verblieb das Investitionsvolumen in den Wohnbau noch knapp über dem Fünfjahresdurchschnitt. Hohe Summen in Mietwohnungsbauten fliessen werden laut Gesuchen etwa in Rheinfelden, Oberentfelden und Neuenhof, aber auch in Gränichen und Wohlen.

Im ländlich geprägten Kanton Schaffhausen dürften dagegen weniger Einfamilienhäuser in Planung sein, die Bausumme reduzierte sich um 17,1 Prozent. Dass sich die Abschwächung der Wohnbautätigkeit im Kanton in Grenzen halten kann (-1,4%), dürfte an den geplanten MFH-Projekten liegen. Als einziger Kanton konnte Schaffhausen die entsprechende Segmentsumme im Vergleich zur Vorperiode erhöhen (+3,1%). 

Neue Mehrfamilienhäuser sind in der Hauptstadt Schaffhausen in petto sowie in den nahen Gemeinden Neuhausen und Beringen. Auch ländliche Gemeinden wie Büttenhardt, Schleitheim oder Thayngen haben an Attraktivität gewonnen. Kantonsweit konnte das Segment bereits in den letzten vier Jahren hohe Wachstumsraten ausweisen.

Industrie und Gewerbe bauen aus

Der Kanton Aargau kann an seine lange Tradition als Industriestandort anknüpfen. Die Investitionen von Unternehmen in Industrie- und Gewerbegebäude schossen im Vergleich zur Vorjahresperiode nach oben (+45,6%). Für 25 Millionen Franken ist beispielsweise in Sisseln ein Laborgebäude geplant. Und in Möhlin will die Rhenus Logistics für 24,9 Millionen Franken ein neues Logistikcenter errichten lassen, während die Denner AG im Mägenwil ein Gesuch gestellt hat für den Bau einer Verteilzentrale. Kostenpunkt: 36,0 Millionen Franken. Und in Schafisheim ist ein Produktionsgebäude samt Büroflächen für 32 Millionen Franken projektiert. In der verkehrsgünstig gelegenen Gemeinde ist ebenfalls der Bau eines Verteilzentrums für 62,5 Millionen Franken in Planung.

Boom bei Rechenzentren hält an

Der Kanton Zürich kann im Vergleich beim Industriesegment sogar noch einen Zacken zulegen. Der Anstieg der geplanten Summe betrug 61,4 Prozent und kann damit auch den Fünfjahresdurchschnitt um 39,7 Prozent übertreffen. In Schaffhausen will die Firma Merck & Cie ein Laborgebäude für die Produktion von Arzneimitteln erstellen, 7,0 Millionen Franken sind dafür projektiert. Und in Neuhausen ging ein Gesuch ein für die Dachsanierung von Lager- und Produktionshallen für 6,5 Millionen Franken. 

Gesamthaft kletterten in der Region die Investitionen in Produktionsgebäude mit einem Plus von 53,2 Prozent auf ein Rekordniveau – nach einem bereits hohen Vorjahreswert. Nach einer Wachstumsdelle im der Vorjahresperiode kann das Segment Bürobau wieder Tritt fassen. Die Kategorie umfasst eine Reihe von Unterkategorien, in die neben Büroflächen auch Läden oder Rechenzentren fallen. Dabei finden digitale Trends wie beispielsweise beim Konsumverhalten sozusagen ihren Ausdruck in der gebauten Realität. Über digitale Kanäle bestellt, lässt sich die Kundschaft die Waren nach Hause liefern. Nur schon der boomende Online-Handel verlangt hohe Rechnerleistungen, und kurze Lieferfristen werden zum Verkaufsargument. In Rümlang wurde daher ein Gesuch gestellt, für den Bau eines Rechenzentrums für 70 Millionen Franken samt Heizzentrale.

Ein weiteres Rechenzentrum für geschätzte 70 Millionen Franken gebaut werden soll in Winterthur, wo zudem auch en Bürogebäude für 100 Millionen Franken hochgezogen werden soll. In Planung ist des Weiteren ein Datazentrum für 90 Millionen Franken in Beringen SH. Geliefert werden dürften die online bestellten Waren künftig auch von Volketswil aus, wo die Post Immobilien Management und Services AG für 130 Millionen Franken ein Paketzentrum bauen will.

Öffentliche Hand uneinheitlich

Verhalten dürfte sich die Bautätigkeit der öffentlichen Hand in den Bereichen Schulen und Spitälern entwickeln. Gesamthaft ging in der Region die Summe zurück (-6,1%). In Zürich legten die Investitionen in Schulbauten lediglich um 2,5 Prozent zu, befand sich aber ein Viertel über dem langjährigen Durchschnitt. In Schaffhausen war die geplante Summe überdurchschnittlich (+17,0%), während der Kanton Aargau abfiel (-41,9%) und die entsprechende Summe weit unter dem  langjährigen Durchschnitt lag.

Hirslandenklinik Aarau

Quelle: OVI Images GmbH / Schneider & Schneider Architekten ETH BSA SIA AG

Die Privatklinikgruppe Hirslanden hat für das Neubauprojekt «Schachenallee» in Aarau ein Baugesuch gestellt. Der Baustart ist für Sommer 2023 geplant, die Inbetriebnahme für 2027.

Gesamthaft unterdurchschnittlich waren den Gesuchen zufolge auch die geplanten Investitionen in Gebäude des Gesundheitswesens (-62,4%). Zürich blieb weit unter dem Langjahresdurchschnitt, während Aargau und Schaffhausen den Gesundheits- und Fürsorgebereich ausbauen werden. Im Aarau stellte die Hirslanden AG das Gesuch für den Bau einer Klinik und will dafür 125,35 Millionen Franken aufwerfen. Und Schaffhausen plant den Bau eines Wohnheims für acht Millionen Franken. Zu guter Letzt macht die Tourismusdestination Zürich nach Jahren der Stagnation mit einer sehr hohen Wachstumsrate einen grossen Schritt auf den Weg der Erholung.

Bautätigkeit mit gutem Ergebnis

Rückblickend hat sich im zweiten Semester in der Region die Bautätigkeit gut entwickelt. Gesamthaft wurden Aufträge ausgeführt, deren Wert um 14,1 Prozent höher lag als im Vorjahressemester, wie aus Zahlen des Schweizerischen Baumeisterverbandes (SBV) hervorgeht. Das Ergebnis kumulierte in einen positiven Dreijahrestrend. Zum guten Ergebnis beigetragen hat vor allem der Tiefbau (+9,7%), der letztes Jahr fast die Hälfte der verbauten Bausumme in den drei Kantonen ausmachte. Auch der Wohnbau, auf den rund ein Drittel der Bautätigkeit entfiel, konnte zulegen (+26,3%), ebenso der übrige Hochbau (+10,5%). Bescheidener war das Wachstum des öffentlichen Hochbaus (+1,6%).

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Beim Auftragseingang lag im Vergleich zum Vorjahressemester wiederum der Tiefbau vorne. Der Wert der Tiefbauaufträge wuchs um 31,8 Prozent. Beim Wohnbau betrug das Plus 21,5 Prozent. Das Baugewerbe kann laut den SBV-Zahlen des zweiten Semesters gesamthaft mit einer höheren Auftragssumme rechnen (+11,3%), und zwar trotz unterdurchschnittlicher Auftragslagen beim übrigen und öffentlichen Hochbau.

Positive Impulse setzen dürfte beim Arbeitsvorrat der Wohnbau: Das Segment konnte die arbeitsvorrätige Summe per 31. Dezember um 66,1 Prozent erhöhen. Bei den anderen drei Segmenten befand sich der Stand der Arbeitsvorräte unter dem Wert des Vorjahresstichtags, sodass schliesslich gesamthaft ein Minus von 8,8 Prozent resultierte.

Geschrieben von

Redaktor Baublatt

Seine Spezialgebiete sind wirtschaftliche Zusammenhänge, die Digitalisierung von Bauverfahren sowie Produkte und Dienstleistungen von Startup-Unternehmen.

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