Bauwirtschaft in Bern und Wallis: Hochbau lässt Stagnation hinter sich
Der Hochbau war letztes Jahr von einem hohen Wachstumstempo geprägt, befeuert vom Wohnbau. Treiber ist dabei in beiden Kantonen das Segment Mehrfamilienhäuser. Gegenläufig waren die Entwicklungen beim Industriebau. Der Auftragseingang dürfte zwischenzeitlich die baukonjunkturelle Entwicklung dämpfen. Der Arbeitsvorrat stimmt jedoch zuversichtlich.
Das Bauhaupt- und Ausbaugewerbe der
Kantone Bern und Wallis steht vor einem baukonjunkturellen Aufschwung.
Gesamthaft kann die Region die auf Basis von Gesuchen ermittelte Hochbausumme
um 22,1 Prozent ausweiten. Im Wallis dürfte die Dynamik der künftigen
Bautätigkeit ausgeprägter verlaufen (+33,8 %) als in Bern (+16,5 %). Wegen des
höheren Wachstumstempos konnte das Wallis den Anteil an der gesamten Bausumme
beider Kantone auf deutlich über ein Drittel erhöhen. Der Kanton Bern bleibt
aber das Schwergewicht.
MFH-Segment wächst stark
Künftig Impulse setzen wird der Wohnbau, auf den wiederum fast zwei Drittel des Hochbauvolumens entfallen. Dabei entwickelten sich die Segmente in den letzten zwölf Monaten anders als noch im Vorjahr. Dieses Mal dürfte der Boom von den Mehrfamilienhäusern (MFH) ausgehen. Das Segment konnte die Bausumme vom Vorjahr um 27,5 Prozent übertreffen (Vorjahr: -4,8 %).
Zweistellig waren die Zuwachsraten sowohl im Wallis (+30,9 %) als auch im Kanton Bern (+25,9 %), wie aus Statistiken der Docu Media Schweiz GmbH hervorgeht (Stichtag: 30. April). Die Investoren haben offenbar darauf reagiert, dass in den Berggebieten mittlerweile Wohnungsmangel herrscht. Durch den Digitalisierungsschub in der Wirtschaft wurde die Nachfrage erhöht. Die alpinen Regionen wurden während der Pandemie als Möglichkeit für ortsungebundenes Arbeiten entdeckt.
Hinzu kommt, dass laut Wüest Partner Personen im Pensionsalter vermehrt Berggebiete als Wohnsitz ins Auge fassen, was die Nachfrage nach Zweitwohnungen zusätzlich erhöht hat. Zugleich habe auch das Interesse an Erstwohnungen in den Bergen zugenommen, was in Kombination mit dem Zweitwohnungsbauverbot zu einer Angebotsverknappung geführt habe. Sowohl beim Wohneigentum als auch bei den Mieten haben die Entwicklungen preistreibend gewirkt.
Zwar lag die Bausumme des EFH-Segments immer noch im
positiven Bereich, doch hat sie sich deutlich abgeschwächt. Das Wachstum betrug
gesamthaft noch 8,3 Prozent (Vorjahr: +23,7 %). Geplant sind Einfamilienhäuser
vor allem im Wallis (+17,3 %), wobei auch im Kanton mit einer der höchsten
Eigentumsquoten der Schweiz das Wachstum deutlich nachgelassen hat (Vorjahr:
+37,8 %). In Bern legte die EFH-Summe nur noch 0,5 Prozent zu (Vorjahr:
+13,6 %).
Industrie im Wallis, Büros in Bern
Beim Industriebau wird vor allem im Oberwallis ein weiteres
Kapitel geschrieben. Dort befanden sich die geplanten Investitionen in den
Gebäudepark fast ein Viertel über dem Fünfjahresdurchschnitt. Taktgeberin im
Industriesegment ist weiterhin der Life-Science-Konzern Lonza, der mehrere Gesuche
eingereicht hat für den zügigen Ausbau des Standorts Visp, wie mit dem Neubau
eines Logistikgebäudes für 120 Millionen Franken. Im Kanton Bern war die
Industrie mit Bauinvestitionen zurückhaltender. Im Vergleich zum Vorjahr sank
die Segmentsumme um 44,3 Prozent, sodass der Fünfjahresdurchschnitt um 20,0
Prozent unterschritten wurde.
Die Delle des Industriesegments im Kanton Bern ausbügeln dürfte der Bürobau. In der Bundeshauptstadt und der Agglomeration sind konstant hohe Summen für die Renovierung oder den Bau von Bürogebäuden vorgesehen. Die Zahlen des letzten Jahres implizieren einen Nachholbedarf, da sich die Segmentsumme fast verdoppelt hat. Am Guisanplatz baut das Bundesamt für Bauten und Logistik ein neues Verwaltungsgebäude für 96 Millionen Franken, baubewilligt ist auch ein neues Büro- und Dienstleistungsgebäude für 36,8 Millionen Franken, für das Losinger Marazzi die Bauherrschaft übernommen hat. Bewilligt ist ebenfalls die Sanierung und Erweiterung am Hauptsitz der BKW Energie AG in Ostermundigen, die dafür 30,8 Millionen Franken aufwerfen wird.
Quelle: zvg
Im Kanton Bern konnte das Segment Bürobau zulegen, was auf grosse Bauvorhaben in der Bundes- und Verwaltungsstadt Bern zurückzuführen ist. Etappenweise wird das Verwaltungszentrum am Guisanplatz ausgebaut (Bild).
Im Wallis lag die Bürobausumme im Bereich der Vorjahre. Ein
beträchtlicher Teil der Bürobausumme entfällt auf ein Projekt des Kantons wie
das geplante Verwaltungsgebäude in Conthey, für das laut Gesuch Investitionen
von 21,8 Millionen Franken geplant sind.
Logiernächte als positives Signal
Eine Erholung zeichnet sich in der Beherbergungsbranche ab. Insgesamt verzeichnen die Schweizer Hotels im April 28 Prozent mehr Übernachtungen als im Vorjahresmonat, was vor allem auf die Rückkehr der ausländischen Gäste zurückzuführen ist. Auch wenn eine gewisse Verlangsamung festzustellen ist, setzt sich der positive Trend fort. Im ersten Quartal bewegte sich laut Schätzungen des Bundesamts für Statistik (BfS) die Zahl der Logiernächte 55 Prozent über dem entsprechenden Vorjahresquartal.
Einen anderen
Blick vermitteln die Übernachtungszahlen von Schweiz Tourismus, die mit der
Saison vor Corona verglichen werden. Im Wallis lagen die Übernachtungen letzten
Winter noch 1,5 Prozent unter dem Niveau von 2018/19, während in den
wichtigsten Tourismusorten der Region Bern die Zahl der Logiernächte 11,4
Prozent unter dem Bezugsjahr lag, was vor allem mit der Entwicklung der
Übernachtungszahlen in der Bundeshauptstadt zusammenhängen dürfte, die im
letzten Jahr ausländische Touristen fehlten.
Höhere Bausumme für Hotels
Trotzdem planten die Investoren für die Zeit nach Corona.
Gesamthaft konnte die für Hotelbauten geplante Summe den Fünfjahresdurchschnitt
weit übertreffen (+150,2 %). Hotelprojekte sind vor allem in den
Alpendestinationen geplant, namentlich betrifft dies Erweiterungen und
Neubauten von Hotels in Zermatt und Saas-Fee. Und in Evolène im Val d’Hérens
geht es beim Gesuch um ein Projekt für den Bau eines Medizin- und
Hotelkomplexes mit einem Investitionsvolumen von 50 Millionen Franken. Ein
Grossprojekt in Mürren BE umfasst den Neubau von Appartementhäuser für
geschätzte 30 bis 35 Millionen Franken.
Dagegen werden sich die geplanten Bauvorhaben der
öffentlichen Hand nur zum Teil als Stütze der künftigen Bautätigkeit erweisen.
In beiden Kantonen sind weniger Schulbauten geplant (-33,0 %), namentlich im
Wallis schwächte sich die Bausumme ab und lag weit unter dem langjährigen
Durchschnitt (-28,2 %). Immerhin dürfte ein Wachstumsbeitrag von geplanten
Projekten des Gesundheitswesens kommen, allerdings lediglich vom Kanton Bern
(+31,5 %). Denn im Wallis fiel die Segmentsumme auf einen Bruchteil der
Vorjahre. In den nächsten Jahren Aufträge generieren dürfte jedoch die
Erweiterung des Spitalzentrums Oberwallis in Brig.
Bautätigkeit als gute Basis
Aufschlussreich ist der Blick auf die Bautätigkeit in der Vergangenheit. Im Vergleich zur entsprechenden Vorjahresperiode entwickelte sich die Bautätigkeit erfreulich. Im Vergleich zum Vorjahressemester erhöhte sie sich in der Region gesamthaft um 4,5 Prozent, wie aus den Zahlen des Schweizerischen Baumeisterverbandes (SBV) hervorgeht. Eine Zunahme verzeichnete vor allem der Hochbau, wobei die Wohnbautätigkeit und der öffentliche Hochbau hervorstachen. Der Tiefbau, der gesamthaft über drei Fünftel der getätigten Bausumme ausmachte, stagnierte zwar im 2. Semester, doch war die Bautätigkeit in diesem Segment überdurchschnittlich.
Strassenbau im Tief
Dagegen verzeichnete der Auftragseingang im 2. Semester
einen drastischen Rückgang, bei dem vor allem die Abschwächung beim Tiefbau zu
Buche schlug (-42,0 %). Die Auftragslage erreichte auch den
Fünfjahresdurchschnitt bei weitem nicht. Der Tiefbau riss auch den
Gesamthaftwert eingegangener Aufträge ins Minus und weit unter das Niveau der
Vorjahresperiode (-25,6 %). Der Rückgang dürfte der Auftragslage in der
Bauregion zwischenzeitlich einen Dämpfer verpassen. Stabiler entwickelte sich
der Auftragseingang beim Wohnbau (+6,3 %) und dem öffentlichen Hochbau
(+51,1 %), der übrige Hochbau stagnierte.
Arbeitsvorrat im Plus
Das schlechte Ergebnis der Auftragslage dürfte schnell vergessen sein, denn beim Arbeitsvorrat sieht es wieder besser aus. Der übrige Hochbau konnte den Wert vorrätiger Aufträge im Vergleich zum Vorjahresstichtag (31. Dezember) verdoppeln. Auch das Wohnbausegment konnte eine überdurchschnittlich hohe Summe aus-weisen. Beim Tiefbau war der Arbeitsvorrat zwar rückläufig, doch bewegte sich die Summe wieder in Richtung des langjährigen Durchschnitts. Insgesamt stimmt der Arbeitsvorrat zuversichtlich für die künftige Entwicklung des Bauhauptgewerbes, denn im Vergleich zum Vorjahr resultierte immerhin ein Plus von 1,4 Prozent.