Bauwirtschaft Bern und Wallis: Kantone behaupten sich
Der Hochbau wird sich in Bern wegen der Bereiche Bildung und Industrie solide entwickeln. Im Wallis kann der Wohnbau zulegen, nicht jedoch der Industriebau. Der Bürobau ist erneut rückläufig, im Wallis bleibt er aber überdurchschnittlich. Das Tourismussegment überrascht mit einer Abschwächung. Der Arbeitsvorrat liegt bei wichtigen Segmenten über dem langjährigen Durchschnitt.
Quelle: Kanton Bern - Peter Samuel Jaggi
Zum Jahresbeginn konnten die Bauarbeiten beim Campus Biel der Berner Fachhochschule wieder aufgenommen werden. Der Kanton rechnet mit einem Bezug der Gebäude im Jahr 2027.
In der Bauregion Bern und Wallis wird sich die Bautätigkeit stabil entwickeln. Die auf Basis von Gesuchen ermittelte Hochbausumme erhöhte sich gesamthaft um 0,8 Prozent, was im Vergleich zu anderen Bauregionen ein gutes Ergebnis ist. Getrübt wird das Bild durch die gegenläufige Entwicklung in den Kantonen. Gegenüber der entsprechenden Vorjahresperiode ergab sich bei der geplanten Hochbausumme im Kanton Bern ein Plus von nominal 3,9 Prozent. Im Wallis ging die Bausumme dagegen um 4,5 Prozent zurück. Allerdings bleiben die geplanten Hochbauinvestitionen überdurchschnittlich, wobei das Fünfjahresmittel im Wallis deutlicher übertroffen werden konnte als im Nachbarkanton.
Auf die Bauregion entfiel im Schnitt der letzten fünf Jahre fast 15 Prozent des gesamtschweizerisch generierten Hochbauvolumens. Innerhalb der Bauregion trägt der Kanton Bern rund zwei Drittel zur gesamten Bausumme bei, im Wallis ist es ein Drittel. Mit Blick auf die einzelnen Segmente zeigt sich laut den Zahlen der Docu Media Schweiz GmbH / Infopro Digital Schweiz GmbH jedoch eine durchwachsene Bilanz (Zahlen per Ende April). Die Erfassung und Auswertung von Daten zu eingereichten Baugesuchen gelten als vorlaufende Indikatoren für die künftige Bautätigkeit in der Region.
Wohnbau legt im Wallis nach
Auf Basis von Zahlen der vergangenen Berichtsperiode wird sich die Wohnbautätigkeit in der Bauregion abschwächen. Denn auf Jahressicht und über beide Kantone betrachtet ist die geplante Bausumme um 5,9 Prozent zurückgegangen. Der Kanton Bern ist bei der Wohnbausumme mit einem Minus von 10,1 Prozent konfrontiert – nach zwei ausserordentlichen Jahren allerdings. Im Wallis verzeichnete der Wohnbau im Vergleich zum Vorjahresstichtag ein Plus von 0,5 Prozent. Die gegenläufige Entwicklung zeigt sich auf akzentuierte Weise bei den geplanten Investitionen in Mehrfamilienhäuser (MFH), die wiederum rund zwei Drittel der Wohnbausumme der Bauregion ausmacht.
In Bern erreichte das Segment bei den Investitionen zwischendurch zwar beachtliche Werte, doch waren sie in den letzten fünf Jahren starken Schwankungen unterworfen. Der Rückgang hat sich sogar beschleunigt. Reduzierte sich die Bausumme des Segments im Vorjahr gegenüber der vorletzten Periode noch um 3,2 Prozent, fielen die Investitionen nach zwei Spitzenjahren in diesem Jahr mit einem Minus von 12,8 Prozent wieder deutlich unter die Marke von zwei Milliarden Franken. Über die letzten fünf Jahre gesehen blieb das Ergebnis unterdurchschnittlich. Die nachlassende Wohnbautätigkeit dürfte insbesondere in den Zentren des Kantons Bern das knappe Angebot an Wohnflächen zusätzlich verschärfen.
Der Kanton Wallis kann dagegen die Summe des MFH-Segments deutlich ausweiten (+3,2%), allerdings nicht mehr im gleichen Ausmass wie noch im Vorjahr. Doch der Kanton entfaltete in den letzten fünf Jahren beim Wohnbau eine hohe Dynamik, denn in diesem Zeitraum haben sich die projektierten Investitionen auf rund 1,3 Milliarden Franken praktisch verdoppelt. Entsprechend lagen die Investitionen in mehrgeschossige Wohnbauten weit über dem Fünfjahresmittel, wobei die Entwicklung eine hohe Korrelation mit den Aktivitäten der Lonza in Visp haben dürfte. Zuvor entsprach im Rhonetal die Abwanderung der Bevölkerung aus Bergdörfern und die Wohnsitznahme in den Agglomerationen im Talgrund einem Langfristtrend. Doch mittlerweile könnte sich in einigen Bergdörfer aufgrund des Booms im Oberwallis der Trend umkehren. Angesichts der Wohnungsknappheit im Talgrund werden Bergdörfer immer mehr auch von Zuzügern als Wohnsitz gewählt.
Doch trotz der dynamischen Bautätigkeit kann die Wohnflächenproduktion mit der rasanten Bevölkerungsentwicklung fast nicht Schritt halten. Allerdings dürfte sich die Lage auf absehbare Zeit entschärfen. Zwar will die Lonza laut Planung auch in diesem Jahr weitere Stellen besetzen, doch dürfte die Zahl der Einstellungen bei weitem nicht mehr jenes Ausmass erreichen wie noch zu Beginn der Dekade. Zugleich wird in den Gemeinden Visp, Brig-Glis und Naters weiterhin rege gebaut.
Weniger Einfamilienhäuser
Aufgrund des knappen werdenden Baulands steht das EFH-Segment immer mehr in Konkurrenz zu den Mehrfamilienhäusern. Tatsächlich dürfte bei den Einfamilienhäusern die Neubautätigkeit in beiden Kantonen weiter zurückgehen. Im Kanton Wallis konnte der Rückgang beim EFH-Segment 3,9 Prozent wieder in Grenzen gehalten werden nach einem Einbruch im Vorjahr (-20,1%), doch verharrte der Wert geplanter Einfamilienhäuser fünf Prozent unter dem langjährigen Durchschnitt. Daher dürfte sich die Preisspirale weiterhin nach oben drehen. Zwar ist in den meisten Regionen des Kantons im Schlussquartal das Angebot an Einfamilienhäusern (EFH) gestiegen, doch gleichzeitig stagnierte im Segment die geplante Bausumme, und die Bautätigkeit war rückläufig, wie aus dem aktuellen «Immo-Monitoring» des Beratungsunternehmens Wüest Partner hervorgeht. Aufgrund der Preisentwicklung für Wohneigentum habe die Suche nach einem passenden Objekt länger gedauert. Insbesondere gelte dies für Visp. In Bern verlor die Bausumme kantonsweit 3,4 Prozent (Vorjahr: -2,6%), sodass laut den Zahlen der Docu Media Schweiz GmbH/Infopro Digital Schweiz GmbH der Fünfjahresdurchschnitt verpasst wurde.
Einzig Bildungssegment im Plus
Zusätzlich zum Wohnraum muss auch die Infrastruktur ausgebaut werden als logische Folge der Bevölkerungsentwicklung und des hohen Ausbildungsstandards, indem die öffentliche Hand auch Gebäude für Bildungseinrichtungen zur Verfügung stellen muss. In der Bauregion Bern und Wallis ist es denn auch das einzige Segment, dass in den letzten zwölf Monaten im Plus lag (+30,1%). In Bern schlagen dabei die Investitionen für den neuen Campus der Berner Fachhochschule für 384 Millionen Franken zu Buche. Beim Campus Biel können nun endlich die Bagger auffahren. Für die Bedeutung der Grundlagenforschung für die Schweiz steht der Neubau des Forschungs- und Ausbildungszentrums Medizin in Bern für 250 Millionen Franken. Eine überdurchschnittlich hohe Summe investiert auch der Staat Wallis ins Bildungswesen. In Siders wird die Hochschule für Kunst der Westschweizer Hochschule für angewandte Wissenschaften HES-SO für 33,6 Millionen Franken ausgebaut.
Dagegen bleibt das Engagement der öffentlichen Hand bei den Investitionen in Gebäude für das Gesundheitswesen in der Region gesamthaft unterdurchschnittlich. Im Vergleich zum Vorjahr verlieren beide Kantone. Doch lag im Kanton Wallis nach einem Rückgang vom hohen Vorjahreswert die Bausumme immerhin über dem langjährigen Durchschnitt.
Ähnlich ist die Situation bei Hochbauten für Handel und Verwaltung. Beide Kantone verlieren im Vergleich zum Vorjahr gesamthaft an Terrain (-33,0%), vor allem verursacht durch das schlechte Abschneiden des Segments in Bern. Denn im Kanton mit wichtigen Verwaltungsstädten werden rund vier Fünftel der in Bürobauten fliessenden Investitionen verbaut. Überdurchschnittlich viel wird im Wallis in Bürobauten investiert, auch wenn der Kanton im Vergleich zum Vorjahr deutlich im Minus lag. Nach zwei Jahren mit ausserordentlich hohen Investitionsvolumina entwickelte sich die Summe des Bereichs Hotel- und Gastgewerbe schwach. Sowohl vom Fünfjahresdurchschnitt als auch zu den Vorjahreswerten ist das Segment weit entfernt.
Arbeitsvorrat mit positivem Zeichen
Bis Gesuche effektiv zu Bautätigkeit führen, ist es manchmal ein langer Weg. Regelmässige Erhebungen des Schweizerischen Baumeisterverbandes (SBV) bei Unternehmen zeigen die Entwicklung der Bautätigkeit. Diese bestätigte mit einem Minus von 3,1 Prozent den Negativtrend der letzten vier Jahre. Beim übrigen und öffentlichen Hochbau war der Rückgang zweistellig. Schwerer wiegt die rückläufige Bautätigkeit beim Tiefbau, in den im Fünfjahresmittel rund drei Fünftel der Investitionen der Bauregion verbaut wurden. Als Stütze erweisen wird sich der Wohnbau (+21,7%), dem einzigen Segment mit einer überdurchschnittlichen Bautätigkeit.
Einen Negativtrend gibt es laut den SBV-Zahlen in der Bauregion auch beim Auftragseingang, im Vergleich zur Vorjahresperiode belief sich das Minus auf 2,4 Prozent. Mit ein Grund ist, dass deutlich weniger Tiefbauaufträge eingingen als im Vorjahr (-12,4%), was auch beim übrigen und öffentlichen Hochbau der Fall war. Im Vergleich zum Vorjahr den Auftragswert massiv ausweiten kann der Wohnbau (+42,6%) und damit den langjährigen Durchschnitt um 11,6 Prozent übertreffen.
Insgesamt sind die Perspektiven für die Bauregion besser geworden. Der Wert vorrätiger Aufträge war Ende letzten Jahres bei drei Segmenten überdurchschnittlich. Im Vergleich zum Vorjahresstichtag resultiert allerdings ein Minus von 8,6 Prozent, und zwar wiederum vor allem wegen des schwächelnden Tiefbaus (-8,8%). Das Wohnbausegment (+1,4%) sowie der übrige Hochbau (+1,0%) konnten zum Vorjahr aber mehr Aufträge einsammeln, was Wachstumserwartungen in diesen Bereichen Auftrieb verleihen dürfte.