Bautätigkeit in Flughafenregion Zürich: Hochbau mit durchwachsener Bilanz
In der Flughafenregion Zürich konnte der Hochbau deutlich zulegen. Aufgrund der dynamischen Bevölkerungszunahme sind Mehrfamilienhäuser und der Schulbau Treiber des Wachstums. Als Stütze der Bautätigkeit erweisen werden sich Industrie- und Gewerbebauten. Aussergewöhnlich sind die Entwicklungen in Dübendorf und in Winkel.
Quelle: Ben Kron
Dübendorf baut seine Stellung innerhalb der Flughafenregion aus und legt beim Wohnbau nach. Baugesuche betreffen den Bau eines Hochhauses sowie eine Reihe grösserer Mehrfamilienhäuser.
Das Bauhaupt- und Ausbaugewerbe der Flughafenregion Zürich konnte im letzten Jahr das Wachstumstempo deutlich steigern. Die auf Basis von Gesuchen ermittelte Bausumme erhöhte sich im Vergleich zum Vorjahr um 9,7 Prozent. Im Jahr davor betrug das Plus noch 3,1 Prozent.
Dem aus dreizehn Gemeinden bestehenden funktionalen Wirtschaftsraum zusätzlich Auftrieb verliehen hat auch die dynamische Entwicklung im Kanton. Um 23,8 Prozent erhöhte sich letztes Jahr die kantonsweit geplante Hochbausumme nach einem Minus von 4,2 Prozent im Jahr davor. Die Entwicklung der Baukonjunktur in der Flughafenregion wird weiterhin vom Wohnbau geprägt, der im letzten Jahr gesamthaft mehr als drei Viertel der Hochbausumme ausmachte.
Hochhaus in Dübendorf geplant
Das knappe Bauland und die Innenverdichtung führen dazu, dass vor allem Mehrfamilienhäuser (MFH) gebaut werden. Wegen eines Grossprojekts ist die geplante Summe für den Bau mehrstöckiger Wohngebäude im Vergleich zum Vorjahr in die Höhe geschossen. 250 Millionen Franken will die Bâloise Asset Management Schweiz AG in Dübendorf in den Bau eines Hochhauses investieren. Geplant sind auch mehrere mittelgrosse Mehrfamilienhäuser.
Die Stadt hat, wohl auch aufgrund der geografischen Nähe zu Zürich, beim Wohnbau innerhalb der Flughafenregion eine dominante Stellung. Mehr als ein Viertel der in den letzten zehn Jahren durchschnittlich getätigten Wohnbauinvestitionen fliessen in diese Gemeinde. Neben Dübendorf gehören auch die Gemeinden Kloten, Opfikon und Bülach zu den Orten mit vergleichsweise hohen Investitionsvolumen. Rund zwei Drittel der in der Flughafenregion in den letzten zehn Jahren durchschnittlich in Mehrfamilienhäuser investierten Summe wird in diesen Gemeinden verbaut.
Eindrückliche Erholung
In Kloten übertrafen die Investitionen in mehrstöckige Wohnhäuser nach einer Delle im letzten Jahr wieder den langjährigen Durchschnitt, im Vergleich zum Vorjahr hat sich die MFH-Summe mehr als vervierfacht. Dagegen befand sich in Opfikon die Summe weit unter dem langjährigen Durchschnitt, wobei sich die in der Gemeinde geplanten Investitionssummen sehr volatil entwickelten. In Bülach hat sich beim Bau von Mehrfamilienhäusern in den letzten Jahren eine Konsolidierung abgezeichnet. Nach einer Stagnation gingen die geplanten Investitionen letztes Jahr sogar um 2,5 Prozent zurück, wie die Baustatistiken der Docu Media Schweiz GmbH zeigen (Zahlen per 31.12.). Auch verharrte die geplante Projektsumme weit unter dem Zehnjahresdurchschnitt.
Die Rückgänge kompensieren dürften Wohnbauprojekte in Dietlikon und in Rümlang, wo 2020 der Bau von Mehrfamilienhäusern praktisch zum Erliegen kam. Auch in diesen Gemeinden prägen Grossprojekte den Wohnbau. Für 30 Millionen Franken entstehen in Dietlikon Neubauten von Mehrfamilienhäusern und in Rümlang plant die Gemeinnützige Baugenossenschaft Röntgenhof für 70 bis 75 Millionen Franken Ersatzneubauten für Mehrfamilienhäuser. Solide war der Zuwachs der MFH-Summe in Bassersdorf. Und in Volketswil lagen die geplanten Investitionen deutlich über dem langjährigen Durchschnitt, im Vergleich zum Vorjahr war die Summe allerdings rückläufig.
Quelle: Docu Media Schweiz GmbH
Hochbau total (Bausumme in Mio. CHF)
Quelle: Docu Media Schweiz GmbH
Mehrfamilienhäuser (Bausumme in Mio. CHF)
Wohnraum und Schulen geplant
Impulse erhalten dürfte der Wohnbau von der Bevölkerungsentwicklung, die in den letzten zwei Jahren in Bülach ein beachtliches Ausmass annahm (+4,0%). Dies dürfte die Nachfrage nach Wohnraum weiter erhöhen und entsprechend die Bautätigkeit ankurbeln, zumal die Leerwohnungsquote auf 0,86 Prozent gesunken ist von zuvor 2,49 Prozent. Gesuche betreffen den Bau von mehreren mittelgrossen Wohngebäuden. Hoch war das Bevölkerungswachstum auch in Dübendorf (+4,3%), wo auch etwas weniger Wohnungen leer standen. Die entsprechende Quote schwächte sich letztes Jahr auf 1,35 Prozent ab von zuvor 1,47 Prozent.
Mit dem Zuzug von Familien in die Region müssen auch Schulen gebaut werden. Die öffentliche Hand budgetierte dafür nach 2019 erneut hohe Summen. Die Investitionen haben sich im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppelt, wobei der Neubau des Schulhauses Birchlen in Dübendorf für 45 Millionen Franken ins Gewicht fällt. Dagegen fiel der Wert geplanter Bauprojekte im Gesundheitsbereich, nach drei Jahren mit vergleichsweise hohen Summen in diesem Segment, auf einen Bruchteil zusammen.
Winkel ragt heraus
Den Rekordwert beim Bevölkerungswachstum verzeichnete allerdings die Gemeinde Winkel. In keiner anderen Gemeinde der Flughafenregion waren in den letzten zwei Jahren die Zugüger so zahlreich. 7,5 Prozent betrug das Wachstum, was weit über dem Durchschnittlich der gesamten Flughafenregion von 2,6 Prozent lag (Kanton: 1,7 Prozent). Die zentrumsnah gelegene Gemeinde wird offenbar als attraktiver Wohnort geschätzt, was sich in einer vergleichsweise tiefen Leerwohnungsquote von 0,62 Prozent ausdrückt, wobei neben der ländlichen Umgebung wohl auch der tiefe Steuerfuss eine Rolle spielen dürfte.
Und in Winkel wird weiterhin rege gebaut, was sich bei der geplanten Summe für den Bau von Einfamilienhäusern zeigte. Im Vergleich zum Vorjahr hat sich diese mehr als verdoppelt. In Winkel konnten somit beide Wohnbausegmente zulegen, ein Unikum innerhalb der Flughafenregion. Einfamilienhäuser werden bevorzugt auch in Volketswil und Opfikon gebaut, wie der positive Trend der letzten drei Jahre zeigt, wobei auch die projektierten Investitionen des letzten Jahres wertmässig weit über dem langjährigen Durchschnitt lagen.
Bülach verzeichnete in diesem Segment zwar einen Rückgang, doch bleibt das Investitionsvolumen hoch, sodass der langjährige Durchschnitt übertroffen werden konnte. In allen anderen Gemeinden der Region waren die Investitionen in Einfamilienhäuser rückläufig, teilweise mit Negativtrends über die letzten drei Jahre, auch konnten die langjährigen Durchschnitte nicht erreicht werden. Insgesamt dürfte der Boom bei den Einfamilienhäusern vorerst vorbei sein, zumal sich in der Region die Bausumme im Vergleich zum Vorjahr um 20,1 Prozent abschwächte.
Quelle: Interxion
Als Stütze der künftigen Bautätigkeit erweisen dürften sich die Investitionen in Industrie- und Gewerbebauten. Bild: Rechenzentrum der Firma Interxion.
Büro- und Hotelbau ohne Impulse
Der Bürobau kann sich in der Flughafenregion dem schweizweit zu beobachtenden Negativtrend nicht entziehen, auch Anzeichen einer Erholung gibt es nicht. Das wiegt umso schwerer, als dass der Bürobau, gemessen am langjährigen Durchschnitt, über Jahre in der Region das bedeutendste Segment des übrigen Hochbaus war. Doch die geplanten Investitionen summierten sich letztes Jahr auf noch einen Fünftel des langjährigen Durchschnitts. Büroflächen sind daher vorerst vor allem im Rahmen von Mischnutzung geplant und weniger als grossflächige Gebäude mit mehreren Stockwerken.
Auch das Tourismussegment dürfte sich vorerst nicht als Stütze der Bautätigkeit erweisen, denn in der Flughafenregion gingen nur noch wenige Gesuche für gastgewerbliche Bauprojekte ein. Auch der langjährige Durchschnitt der geplanten Summe vermittelt eine extreme Zurückhaltung bei der Lancierung von Hotelprojekten. Die Reisebeschränkungen während der Pandemie haben dem Städtetourismus schwer zugesetzt, und die Zahl der Logiernächte hat das Niveau der Zeit vor Corona noch bei weitem nicht erreicht. Die Investitionsbereitschaft dürfte sich erst wieder mit der Rückkehr der Touristen und den steigenden Umsätzen verbessern.
Stabile Industrie-Investitionen
Prognosen gingen letztes Jahr noch von einem V-förmigen Verlauf der Erholung aus, sodass Unternehmen den Ausbau des Gebäudeparks planten. In der Region lagen die dafür geplanten Summen ein Viertel über dem langjährigen Durchschnitt, was für eine stabile künftige Bautätigkeit in diesem Segment spricht. Den Neubau eines Mehrzweckgebäudes mit Büro, Lager und Werkstatt für 20 Millionen Franken in Bassersdorf realisieren will die Brunner Ka Ge AG, die vom Anbau bis zur Belieferung von Gastrounternehmen die gesamte Logistikkette abdeckt.
Für den Umbau und die Erweiterung der Grossbäckerei in Volketswil will die Jowa AG 19,8 Millionen Franken aufwerfen. Weil Logistikgebäude mit dem boomenden Onlinehandel als Anlageklasse an Bedeutung gewinnen, plant die CS Funds AG in Bülach einen Neubau mit Bürotrakt und Garage für 34 Millionen Franken. Aufgrund der Weltlage dürften Industrie und Gewerbe in diesem Jahr allerdings wieder zurückhaltender investieren.
Quelle: Docu Media Schweiz GmbH
Übriger Hochbau (Bausumme in Mio. CHF)
Funktionaler Wirtschaftsraum
Zweck des 2011 gegründeten privatwirtschaftlichen Vereins Flughafenregion Zürich ist die Standortentwicklung und die Schaffung von Rahmenbedingungen für die Gestaltung attraktiver Lebensräume sowie die Generierung von Arbeitsplätzen in den Gemeinden rund um den Flughafen. Nach dem Beitritt von Volketswil Mitte letzten Jahres umfasste die Region 13 Gemeinden. Seit Anfang Juli dieses Jahres gehört auch die Gemeinde Bachenbülach zum so genannten funktionalen Wirtschaftsraum. Damit ist das Kerngebiet auf 14 Gemeinden und Städte gewachsen. In der Raumplanung werden mit dem Begriff Gebiete umschrieben, bei denen die Entwicklung koordiniert wird, wobei das gemeinsame Vorgehen über bestehende Gemeinde- und Kantonsgrenzen hinaus Wirkung entfaltet. Die bekannteste Ausprägung eines solchen Entwicklungsraums ist die Agglomeration, die anhand von statistischen Kriterien umrissen wird.
Sonderausgabe zur Flughafenregion Zürich
Die FRZ Flughafenregion Zürich veröffentlicht am 19. August 2022 gemeinsam mit dem Baublatt eine Sonderausgabe. In Fachbeiträgen werden unter anderem laufende oder geplante Projekte vorgestellt und die aktuelle Situation der Region beleuchtet. Alle Beiträge des Hefts werden in unserem Dossier «Die Flughafenregion Zürich im Fokus» gesammelt.