Bauregion Wallis: Solarexpress nimmt mächtig Fahrt auf
Im Rhonetal legt die Industrie bei den Investitionen nach, was den Wohnbau im Talgrund stark fordert. Mit den Bauarbeiten beim Spital in Brig konnte es letztes Jahr endlich losgehen. Aufgrund der Bevölkerungszunahme, die sich auf lange Sicht ins Mittel- und Unterwallis verlagern dürfte, besteht beim Schulbau Nachholbedarf. Mit der Rückkehr der Feriengäste erhält der Hotelbau Aufwind.
Quelle: Stefan Schmid
Die Bevölkerungszunahme im Oberwallis entwickelt sich wegen des Biopharma-Konzerns Lonza nach wie vor dynamisch. Die Baubranche kommt mit der Bereitstellung von Wohnraum fast nicht hinterher. In Visp, Brig-Glis und Naters (links im Bild) sind viele Wohnbauprojekte im Bau oder in Planung.
Der
Kanton Wallis kann mit der Staatsrechnung 2022 das beste Ergebnis der letzten
zehn Jahre ausweisen. Dem Ertrag von 4,3 Milliarden steht ein Aufwand von 3,99
Milliarden Franken gegenüber, sodass nach Abschreibungen und Wertberichtigungen
ein Ertragsüberschuss von 56,3 Millionen Franken resultiert. Der
Immobilienmarkt habe dazu geführt, dass die Steuererträge trotz der Umsetzung
der dritten Etappe der Unternehmenssteuerreform um 157,2 Millionen Franken
höher ausfielen als erwartet, trotz der Umsetzung der dritten Etappe der
Unternehmenssteuerreform STAF-VS.
Zudem
erhielt der Kanton einen maximalen Betrag von 160,7 Millionen Franken aus der
Ausschüttungsreserve der Schweizerischen Nationalbank (SNB). Aufgrund des
gesunden Staatshaushalts – der Kanton sieht sich als praktisch schuldenfrei –
konnten hohe Investitionen getätigt werden. Um für Eventualitäten wie dem
Ausbleiben der SNB-Ausschüttung gewappnet zu sein, hat der Kanton zur
Kompensation Fonds gebildet. Vorgesehen ist eine Steuerreform für juristische
Personen. Zudem sollen auch natürliche Personen entlastet werden, denn
mittlerweile spitzt sich im Oberwallis die Lage auf dem Wohnungsmarkt zu.
Zenit bei Wohnbau bald erreicht
Facharbeiterinnen
und Facharbeiter, die bei der Lonza ihre Stelle antreten wollen, bekunden
grosse Mühe, eine bezahlbare Wohnung zu finden. In Visp ist die
Leerwohnungsziffer weiter auf 0,24 Prozent gesunken (2021: 0,33%). Aufgrund des
knappen Angebots an Wohnraum nähern sich die Mietpreise dem Niveau grosser
Schweizer Städte an. Dank der guten Zugverbindungen wählen in Visp
Arbeitnehmende vermehrt Spiez oder Thun als Wohnsitz.
Dabei sind in Visp aktuell 350 Wohnungen im Bau und viele weitere Projekte in Planung, wie der Visper Gemeindepräsident Niklaus Furger gegenüber dem «Walliser Boten» sagte. Zudem wird sich laut Furger das Tempo für den Ausbau der Belegschaft beim Standort Visp in den nächsten Jahren verlangsamen, was die Situation auf dem Wohnungsmarkt entschärfen könnte. Allerdings wird der Biopharma-Konzern Lonza gemäss Verwaltungsratspräsident Albert Baehny weiterhin investieren, nachdem bereits 2022 zusätzlich 500 Stellen geschaffen worden sind. Zudem wolle das Unternehmen die Sanierung der Deponie in Gamsenried so schnell wie möglich hinter sich bringen.
Auch in den nahen Städten Brig-Glis und
Naters, wo die Leerstandsquoten in den letzten zwei Jahren unter die Marke von
einem Prozent gefallen sind, werden rege Wohnungen gebaut. Gleichwohl verlangen
SP und Grüne in einer Petition, dass die Gemeinden regulierend in den
Mietwohnungsmarkt eingreifen, indem sie bis 2030 mindestens 15 Prozent der
Wohnungen nach dem Prinzip der preisgünstigen Kostenmiete bereitstellen
sollen.
Der Staatsrat vertritt in seiner Antwort
die Ansicht, dass der «Immobilienmarkt im Raum Visp funktioniert» und der
Wohnbau grundsätzlich «Aufgabe der Privatwirtschaft ist». Mittlerweile plant
auch die Pensionskasse der Lonza ein grösseres Projekt in der Nähe des
Bahnhofs. Da in den drei Gemeinden im Talgrund Bauland knapp wird, eröffnen sich
für kleine Berggemeinden Chancen, sich als alternativer Wohnort anzubieten und
damit der Abwanderung entgegenzuwirken.
Oberwallis wird internationaler
Angesichts der Dynamik gesellschaftlicher
und wirtschaftlicher Veränderungen, welche das Oberwallis in den letzten fünf
Jahren erfasst hat, sah des Regional- und Wirtschaftszentrum Oberwallis (RWO)
den Zeitpunkt gekommen, der Oberwalliser Bevölkerung mit einer repräsentativen
Umfrage den Puls zu fühlen. Klimawandel, Fachkräftemangel, knapper Wohnraum
oder die Gesundheitsversorgung wurden als Herausforderungen genannt. Laut den
im «Zukunftsbild Oberwallis» skizzierten Erkenntnissen wird der
deutschsprachige Teil von der Bevölkerung überraschenderweise noch nicht als
Industrieregion gesehen. Trotz den Veränderungen bleibe das Wallis in vielen
Belangen in Kleinstrukturen gefangen, stellt RWO-Geschäftsleiterin Tamar
Hosennen fest.
Die Rückschlüsse aufgrund der Befragung stiessen auch auf Kritik, weil konkrete Massnahmen fehlten. Doch das «Zukunftsbild Oberwallis» soll vielmehr als Grundlage dienen, um in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft Strategieprozesse anzustossen – und für Anpassungen des Gesellschaftsmodells. «Die Bevölkerung hat Lust auf den Wandel, sie will ihn anpacken», konstatiert Hosennen. Die Oberwalliser Bevölkerung sei grundsätzlich modern eingestellt. In Visp wohnen und arbeiten mittlerweile Personen aus 80 verschiedenen Nationen, auch Naters und Brig-Glis werden internationaler. Das RWO koordiniert die Zusammenarbeit zwischen Privatwirtschaft und öffentlicher Hand, um die Bedürfnisse von Neuzuzügern bestmöglich zu erfüllen.
Quelle: Bonnard Woeffray Architectes
Das historische Gebäude der Walliser Kantonalbank in Sitten wird umfassend renoviert. Der Hauptsitz um einen Erweiterungsbau ergänzt und der öffentliche Park neugestaltet bei geschätzten Kosten von gesamthaft 40 Millionen Franken.
Wachstum im Unterwallis höher
Die kantonale Dienststelle für Statistik
und Finanzausgleich sollte letztes Jahr mit drei Szenarien die demografischen
Projektionen fürs Wallis bis ins Jahr 2050 ausloten. Das mittlere Szenario geht
für den gesamten Kanton von einer Zunahme der Bevölkerung von 357128 im Jahr
2022 auf 415187 Personen bis 2050 aus. Unter Einbezug von Geburtenziffern und
Mortalitätsrate sowie dem Nettosaldo der Zuwanderung und anderer Indikatoren
wurden die Zahlen auf Bezirke und Regionen heruntergebrochen.
Im Mittelwallis werde die Zahle der
Einwohnerinnen und Einwohner um 0,6 und in der Region Unterwallis 0,7 Prozent
(Jahresmittel) wachsen. Am höchsten ausfallen werde das Wachstum in den
Bezirken Saint-Maurice (+0,9%), beachtlich zulegen wird die Einwohnerschaft
auch in Conthey (+0,8%) und Monthey (+0,7%). Bis 2050 wird demnach im
Oberwallis die Bevölkerungszunahme mit 0,4 Prozent geringer ausfallen als im
restlichen Teil des Kantons. Laut Prognose deutlich geringer ausfallen wird das
Wachstum in Brig-Glis (0,4%) und Visp (0,5%).
Programm für Gebäudesanierung
In den Gemeinden Monthey und
Collombey-Muraz investiert der Kanton im Rahmen des Gebäudeprogramms «Das
Wallis renoviert» in Pilotprojekte, um zwischen 1945 und 1999 erbaute
Liegenschaften energetisch zu sanieren, indem Fachleute für Energiefragen mit
Gebäudeeigentümern sowie Immobilienverwaltungen zusammenarbeiten. Denn im
Schweizer Durchschnitt werden momentan pro Jahr weniger als ein Prozent der
Gebäude renoviert. Mit Blick auf die angestrebten Klima- und Energieziele ist
die Rate möglichst rasch auf über drei Prozent zu erhöhen.
Den Verbrauch von Wärmeenergie bei Gebäuden senken, ist eine Stossrichtung der kantonalen Energiestrategie und im Sinn des Klimagesetzes, das der Grosse Rat inzwischen angenommen hat. Die Produktion von Solarstrom soll mit Dringlichkeit vorangetrieben werden. Um den Zubau von Solarstrom zu erleichtern, hat das Kantonsparlament im Februar das Dekret betreffend Bewilligungsverfahren von Photovoltaik-Grossanlagen in erster Lesung mit klarer Mehrheit angenommen. Es erlangt damit zwar direkt Rechtskraft. Doch das Referendum gegen den Beschluss ist zustande gekommen, sodass über den Solarausbau in einer Volksabstimmung entschieden werden muss.
Quelle: zvg
Das Grossprojekt Grengiols-Solar wird wohl nicht in jenen Dimensionen gebaut, wie sie ursprünglich geplant waren. Dennoch hat der vom Bund aufgegleiste Solarexpress im letzten Jahr im Wallis schnelle Fahrt aufgenommen.
Umnutzung von Industriebrache
Und in Collombey-Muraz soll das Areal der
stillgelegten Erdölraffinerie, deren Rückbau voraussichtlich 2025 abgeschlossen
sein soll, entwickelt werden. Gemeinde, Kanton, Tamoil und interessierte Firmen
sowie das Fachzentrum «Antenne Région Valais Romand» sinnieren nun darüber, wie
das Industrieareal künftig genutzt werden soll, wobei bereits rund zwanzig
Unternehmen Interesse für eine Niederlassung angemeldet haben.
In Monthey hat die
Abfallverwertungsgesellschaft Satom bereits ein Industrieareal mit Anlagen
einer anderen Gesellschaft erworben mit dem Ziel, eine Versorgungsstation für
ein Thermonetz mit grossem Pufferspeicher zu errichten, um die
Chablais-Gemeinden Massongex, Bex und St. Maurice ans Wärmenetz anzuschliessen.
Intakte übernommene Anlagen sollen zudem für die Speicherung von Wasserstoff
und Sauerstoff hergerichtet werden.
Bereits in der Herbstsession hatte sich das
eidgenössische Parlament für die Solaroffensive ausgesprochen. Die
entsprechenden Verordnungen traten am 1. April 2023 in Kraft. Der Bund
übernimmt bis zu 60 Prozent der Investitionskosten mit der Bedingung, dass die
Anlagen bis spätestens Ende 2025 am Netz sind. Dann müssen die Solaranlagen
zehn Prozent der Gesamtleistung produzieren, wobei förderungswürdige Projekte
eine Kapazität von zehn Gigawattstunden aufweisen müssen. Insgesamt sollen
mittels Grossanlagen schweizweit zwei Terawattstunden Solarstrom erzeugt
werden. Erwartet wird die Eingabe von 200 Projekten für den Bau alpiner
Solarparks.
Panele auf Schutzbauten
Im Wallis werden neun Projekte auf alpinen
Freiflächen evaluiert, wobei Vispertal Solar eines der grössten ist. Auf vier
Gemeindegebieten sollen laut dem «Walliser Boten» fünf Solarfelder mit einer
Gesamtfläche von 5,7 Quadratkilometer entstehen. Pumpspeicherlösungen in
Kombination mit Wasserkraft oder Hochtemperaturspeicher für den Bedarf der
Industrie werden geprüft, weil von Grossanlagen nur rund ein Drittel der
produzierten Leistung direkt genutzt werden kann. Daher gerät neben der
Speicherung vor Ort vermehrt auch die Transportkapazität von Stromleitungen zu
den Abnehmern im Mittelland ins Blickfeld. Denn der zusätzliche Solarstrom muss
über die gleichen Leitungen zu den Abnehmern transportiert werden wie die
Elektrizität aus Wasserkraft.
Leistungsmässig wäre das Projekt im
Vispertal mit den ursprünglichen Plänen von Grengiols-Solar vergleichbar. Doch
mittlerweile wurde das PV-Kraftwerk Grengiols-Solar stark redimensioniert. Für
die Installation von Solarpanels liessen sich auch Lawinenverbauungen nutzen
wie in Bellwald. Der Jahresertrag pro installierte Anlage beträgt den Angaben
zufolge 1300 Kilowattstunden. Zwar ist der für Schutzbauten erforderliche
Standort nicht immer optimal nach Süden ausgerichtet, doch wäre das Potenzial
beträchtlich. Denn auf Kantonsgebiet reihen sich die Lawinenverbauungen auf
eine Gesamtlänge von rund 100 Kilometern.
Wasserkraftpotenzial ausloten
Ohne den Ausbau der Wasserkraft dürfte es schwierig sein, die Versorgungssicherheit für Haushalte, Industrie und Gewerbe zu gewährleisten. Zur Entwicklung der Stromproduktion im Winter hat das zuständige Departement für Finanzen und Energie (DFE) das Wasserkraftwerk Wallis (Forces Motrices Valaisanne - FMV) beauftragt, das Energiepotenzial hydrologischer Anlagen abzuschätzen. Schmelzende Gletscher geben Gelände frei, die sich für den Bau von Staumauern eignen könnten, oder bestehende Stauanlagen könnten erhöht werden.
Quelle: zvg
Die Aletsch Bahnen planen für 35 Millionen Franken als Ersatz der alten Anlage den Bau einer neuen Seilbahn von der Fiescheralp aufs Eggishorn und eines neuen Restaurants inklusive Gletscherinszenierung. Mit der Inbetriebnahme wird in der zweiten Jahreshälfte 2025 gerechnet.
In einer Interessenabwägung von
Versorgungssicherheit und Landschaftsschutz wurden 17 Projekte mit einem
Gesamtpotenzial von 2,54 Terawattstunden als «vielversprechend» eingestuft. In
einem ersten Schritt werden acht Standorte mit einem Winterpotenzial von 1250
GWh in die Evaluation einbezogen. Das Projekt Gornerli oberhalb von Zermatt hat
mit einer Leistung von 650 GWh das grösste Potenzial. Mit der 85 Meter hohen
Staumauer liesse sich Wasser speichern und über Pumpstationen zur Grand Dixence
leiten. Schon 2030 könnte die Produktion von zusätzlichem Winterstrom für rund
600'000 Haushalte beginnen.
Lage wechselhaft für Bauwirtschaft
Lieferengpässe, steigende Material- und
Energiepreise machte auch der Walliser Baubranche zu schaffen, was den Umgang
mit Bauherrschaften und Bestellern kompliziert gestaltete. Insgesamt bleibe die
Situation wechselhaft, wie Raoul Zengaffinen, Vizepräsident des Walliser
Baumeisterverbandes gegenüber dem «Walliser Boten» erklärte. Auftragsreserve
und Auslastung präsentierten sich regional sehr unterschiedlich. Die Segmente
Industrie- und Wohnbau generierten jedoch weiterhin Aufträge. Stabilisierend
wirkt, dass mehr als die Hälfte des Umsatzes der Oberwalliser Baubranche aus
öffentlichen Aufträgen besteht, wie eine Studie der Fachhochschule Westschweiz
HES-SO eruierte.
Einer dieser Grossaufträge betrifft den Bau
des Spitalzentrums Oberwallis (SZO) in Brig, der aufgrund von Beschwerden
jahrelang blockiert war und nun endlich rasch realisiert werden kann. Aufgrund
der Bevölkerungsentwicklung im Kanton dürfte beim Schulbau ein Nachholbedarf
bestehen. Denn die geplante Summe für den Bau von Schulhäusern ging laut den
Zahlen der Docu Media Schweiz GmbH im Vergleich zur vorherigen Berichtsperiode
um mehr als ein Drittel zurück und lag weit unter dem Fünfjahresdurchschnitt.
Mehr Gäste und neue Hotelbauten
Nachdem die Beherbergungsbranche 2022 von
Mai bis Oktober bei den Logiernächten einen Anstieg von 64,4 Prozent
verzeichnete, war die Bilanz der Wintersaison laut dem Wirtschaftsindikator der
Walliser Kantonalbank durchwachsen. Die Walliser Bergbahnen zählten sechs
Prozent weniger Gäste als im Vorjahr. Zermatt und Leukerbad konnten die
Logiernächte dagegen deutlich steigern, während diese in Saas-Fee und
Crans-Montana zurückgingen. Und dank der Rückkehr der Briten ist Verbier bei
den Logiernächten fast wieder auf dem Stand der Jahre vor der Pandemie.
Tourismusexperten sehen die Hotelbranche in einem Strukturwandel. Zum einen werde zusehends die Nachfolgeregelung zum Problem. Zum anderen werden viele Hotelbauprojekte in den Feriendestinationen vermehrt von internationalen Hotelketten oder Grossinvestoren realisiert. Tatsächlich ist im Wallis eine Reihe von Hotelprojekten in Planung. Im Fall von Siders betrifft das auch den Freizeit- und Sportbereich. Dort wälzt Hockey-Trainerlegende Chris McSorley zusammen mit Investoren und der Gemeinde unweit des Bahnhofs Pläne für den Bau eines Stadions mit zwei Eisflächen und 7000 Plätzen. Angedacht ist für das Gebiet auch der Bau eines Wohnquartiers, für das ein Investitionsvolumen von rund 245 Millionen Franken vorgesehen sein soll.