Bauregion St. Gallen und Thurgau: Kampf gegen Zersiedlungen und Umzonungen
In St. Gallen setzt das Inkrafttreten des Baugesetzes viele Gemeinden unter Druck, Umzonungen noch vor dem 1. Oktober vorzunehmen. Währenddessen wollen die Thurgauer das Kulturland besser schützen und die Zentren verdichten.
Quelle: Stefan Breitenmoser
Roter Platz in Wil, St. Margrethen in St. Gallen
St. Gallen:
Die St. Galler Bevölkerung will die Zersiedlung bremsen. Das hat sie mit einer Zweidrittelmehrheit bereits zweimal bekräftigt: 2013 mit dem Ja zum neuen Raumplanungsgesetz und letztes Jahr, als es darum ging, der Regierung die Kompetenz für die Siedlungsplanung abzusprechen. Im Gegensatz zur Regierung wollte das Parlament nämlich die Bevölkerungsprognosen nach oben korrigieren. Nun sorgen die Bevölkerungsprognosen aber erneut für Unmut. Denn als das St. Galler Baudepartement vor über vier Jahren mit der Überarbeitung des Richtplans startete, ging es noch von einer Zunahme von 45 000 Einwohnern bis 2040 aus. Diese Prognose stammte vom Bund.
Im Frühling 2016 sah diese Statistik dann ganz anders aus: In einem mittleren Szenario rechnete der Bund nämlich mit einem Wachstum um 80 000 Personen. Dies hatte natürlich Auswirkungen auf den neuen Richtplan, der sich bereits in der Vernehmlassung befand. Aufgrund der höheren Wachstumsprognosen müssen nämlich nicht mehr 22 Gemeinden Bauland auszonen, sondern «nur» noch 13, wie bei der Präsentation des überarbeiteten ersten Teils des Richtplans Ende Januar klar wurde. Die zusätzlich mögliche Baufläche für den ganzen Kanton steigt dadurch von 150 auf 450 Hektaren. «Gleichzeitig haben wir aber aufgrund der Prognose den Faktor für die innere Verdichtung erhöht», meinte Bauchef Marc Mächler im St. Galler Tagblatt. Dadurch werde der Druck auf die urbanen Räume zunehmen. Bisher entfallen 54 Prozent des Wachstums auf diese Räume. Im neuen Richtplan sind es 63 Prozent.
Thurgau:
Es war ein wuchtiges Ergebnis. Über 80 Prozent der Thurgauer Stimmberechtigten sagte im Februar dieses Jahres Ja zum Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Ja zu einer intakten Thurgauer Kulturlandschaft». Allerdings war die Vorlage auch unumstritten. Gegner gab es kaum – nicht einmal unter den Initianten, die ihre Initiative zurückgezogen hatten. Einzig die SVP hatte die Nein-Parole beschlossen.
Der nun angenommene Gegenvorschlag verlangt, den Verschleiss an Boden zu stoppen, indem das Siedlungsgebiet bis 2040 eingefroren wird. Der haushälterische Umgang mit Boden wird in der Kantonsverfassung verankert. Statt auf der grünen Wiese soll das Wachstum im Innern stattfinden. Dazu gehören auch Baulandreserven von 1248 Hektaren, welche laut Initiativkomitee Platz für 100 000 weitere Einwohner bieten und somit ein Bevölkerungswachstum von 40 Prozent zulassen.«Dies ist ein überdeutliches Signal aus der Bevölkerung, dass die unverbauten Flächen erhalten werden müssen», meinte CVP-Kantonsrat und Mitinitiant Josef Gemperle nach der Abstimmung. Die Ausnützungsziffer wurde allerdings mit dem Gegenvorschlag nicht ganz abgeschafft, wenn auch stark abgespeckt, was Gemperle nachwie vor bemängelt. «Es ist ein Zeichen, in welche Richtung wir die Raumplanung betreiben müssen», meinte Regierungsrätin Carmen Haag, Vorsteherin des Departements Bau und Umwelt, in der Thurgauer Zeitung.
Den ausführlichen Bericht lesen Sie im Baublatt 44 vom 3. November 2017.