Bauregion Solothurn: Kanton vor grossen Aufgaben
Der Kanton Solothurn schliesst das Vorjahr wesentlich besser ab als erwartet und schreibt Gewinn. Dazu hat die Regierung die Urnengänge um den Gefängnisneubau und die Revision der Katasterschätzung gewonnen. Doch für die nächsten Jahre erwartet man wieder Defizite: Es stehen weitere teure Projekte an, unter anderem für zusätzlichen Schulraum.
Quelle: Ben Kron
Endspurt beim Grossprojekt: Nächstes Jahr wird die neue Kehrichtverbrennungsanlage in Zuchwil SO in Betrieb gehen und jährlich 265000 Tonnen Müll thermisch verwerten.
Defizit erwartet, Überschuss erzielt: Wie
viele andere Kantone hat auch der Solothurn das letzte Jahr wesentlich besser
abgeschlossen als budgetiert. Zwar war nur ein bescheidenes Minus von acht
Millionen Franken eingeplant, am Ende resultierte aber ein Plus von stolzen 148
Millionen; dies dank überraschend hohen Steuereinnahmen.
Der Schönheitsfehler daran: Das Ergebnis
lässt sich zum Teil auch durch das noch immer unterdurchschnittliche
Investitionsvolumen erklären, gekoppelt an einen tiefen Realisierungsgrad der
budgetierten Ausgaben. Bereits vor einem Jahr sprach man von einer sich
aufstauenden «Bugwelle» an Projekten. Dazu kommt: Da dieses Jahr kein Geld der
Nationalbank mehr an die Kantone fliesst, erwartet man für 2023 abermals ein
Defizit, diesmal 90 Millionen Franken.
Kammersrohr bleibt Steuerparadies
Trotz unsicherer Zukunft stimmen die Zahlen
also aktuell, weshalb der Kanton seinen Steuerfuss bei 104 Prozent belässt.
Auch der Schnitt der Gemeindesteuerfüsse bleibt mit 112 Prozent unverändert,
wozu die Städte Solothurn und Olten mit ihrerseits gleichbleibenden Steuern
beitragen. Nur Grenchen, dass ein Plus von 1,6 Millionen Franken erzielt hat,
senkt seine hohen Steuern von 120 auf 117,5 Prozent. Bei den kleineren
Gemeinden bleibt Kammersrohr das Steuerparadies: Lediglich 65 Prozent
bezahlen die gerade mal 32 Einwohner.
Auf der anderen Seite der Skala steht
Bolken, das seinen Steuerfuss von 135 sogar auf 145 Prozent erhöhen musste.
Hintergrund der Steuererhöhung: Die Gemeinde bei Herzogenbuchsee hat zum
siebten Mal in Folge einen Aufwandüberschuss geschrieben und erwartet erst ab
dem Jahr 2026 eine finanzielle Beruhigung. «Wenig Gewerbe, wenig
Mehrfamilienhäuser, wenig Verkehr durch das Dorf und eher günstiges Bauland
haben eben leider auch ihren Preis», so Patrick Meier, Gemeindepräsident von
Bolken.
Neues Gefängnis angenommen
Trotz Investitionsstaus beim Kanton konnte
zumindest ein Grossprojekt auf den Weg gebracht werden: Die Stimmbürger haben
deutlich «Ja« gesagt zum 120-Millionen-Kredit für das neue Kantonalgefängnis
Flumenthal. Baubeginn ist 2026. Dies trotz Widerstand der SVP. Die
Rechtspartei hatte es als «Luxus-Gefängnis» abgelehnt, blieb mit ihrem Anliegen
an der Urne aber ebenso erfolglos wie mit der «Zwillingsinitiative»: Mit
dieser hatte die Partei die Revision der Katasterschätzung verhindern wollen.
Die auf Immobilienpreisen von 1970 basierenden Schätzungen zur Festlegung der
Vermögenssteuerwerte muss dringend überarbeitet werden, um nicht gegen
Bundesrecht zu verstossen.
Quelle: IPAS Architekten und Planer AG
2026 ist Baubeginn für das 120 Millionen Franken teure neue Kantonsgefängnis in Solothurn.
Ebenfalls einen Schritt weiter sind die
Massnahmen zum Hochwasserschutz zwischen Oensingen und Olten: Man hat die
Renaturierungsmassnahmen zurückgenommen, um den Verlust an Kulturland zu
reduzieren. Dies war der Hauptkritikpunkt der Gegner. Nun muss man sich nur
noch zwischen den beiden Varianten «Ausbauen und Aufwerten» oder «Rückhalten
und Aufwerten» entscheiden, wobei Erstere klar favorisiert wird. So oder so
soll das Projekt in den nächsten zwanzig Jahren realisiert werden und rund 180
Millionen Franken kosten.
Überfüllte Kantonsschule
Handlungsbedarf besteht auch im
Immobilienbereich: Vor allem in den Primarschulen wird der Platz in den
Solothurner Gemeinden knapp. So verzeichnete zum Beispiel Bettlach letztes Jahr
15 neue Schülerinnen und Schüler; dieses Jahr sind es 42, und weitere Zuzüger
sind schon angemeldet. Damit ist die Kapazität des Schulhauses erreicht.
Während man in Bettlach dennoch über die Grösse einer neuen Turnhalle streitet,
haben andere Gemeinden bereits Projekte für neue Schulbauten in die Wege
geleitet.
Ein massives Platzproblem hat neben vielen
Primarschulen auch die Kantonsschule Solothurn: Diese hat offiziell Platz für
1200 Schülerinnen und Schüler, unterrichtet aktuell aber schon 1900, womit
sie eine der grössten Mittelschulen der Schweiz ist. Man sucht deshalb schon
einen Standort für einen dringend benötigten Neubau. Da dieser aber frühestens
in zehn Jahren betriebsbereit sein wird, sucht man nach provisorischen
Lösungen. Dies ist ein weiteres Grossprojekt für die Immobilienentwickler des
Kantons, die bereits die Entwicklung des Attisholz-Areals (mehr dazu in der Projektübersicht Solothurn), den Neubau des Bürgerspitals oder die Sanierung
des Rosengartens stemmen müssen. Und wie erwähnt nun auch noch das neue
Kantonsgefängnis.
Doch der Ausbau all dieser Infrastrukturen ist nötig, wie eine Studie zeigt: Diese rechnet damit, dass im Kanton bis ins Jahr 2050 rund 50 000 oder 20 Prozent mehr Menschen leben werden als heute. Wobei das Wachstum sehr ungleich verteilt sein wird: So soll Olten von 18 000 auf 30 000 Einwohner anwachsen, und den Gemeinden Biberist, Breitenbach und Riedholz wird ein Zuwachs von 50 Prozent vorhergesagt. Auf der anderen Seite dürfte die Bevölkerung in Gemeinden wie Mümliswil-Ramiswil, Bärschwil oder Aedermannsdorf um ein Drittel zurückgehen.
Quelle: René Schulthess
Die Stadt Grenchen will seit Jahren als Wohnort attraktiver werden. Die Senkung des Steuerfusses ist dabei eine von diversen getroffenen Massnahmen.
Noch keine Wohnungsnot
Zumindest für den Moment hat das Bevölkerungswachstum aber noch keinen Einfluss auf den Wohnungsmarkt, der im Kanton gemäss Expertenmeinung nach wie vor funktioniert. «Von Wohnungsnot kann man im Kanton Solothurn nicht sprechen», sagt der Immobilienspezialist Fredy Hasenmaile von der Credit Suisse. «Aber die Leerstandsziffer bei den Mietwohnungen dürfte auf ein deutlich tieferes Niveau sinken.»
Schon jetzt zeigt die Entwicklung klar in Richtung Verknappung: Waren vor zwei Jahren noch 3,15 Prozent der Wohnungen im Kanton auf dem Markt, sinkt dieser Wert auf aktuell noch 2,39 Prozent. Verglichen mit Ballungszentren wie Zürich oder Genf ein beinahe paradiesisch hoher Wert. Doch auch im Kanton wird das Angebot im Bereich der günstigen Wohnungen immer kleiner.
Quelle: Bundesamt für Statistik / *Zahlen per 31. 12. 2022 / **prov. Zahlen per 30. 06. 2023