Bauregion Basel: Graben zwischen Stadt und Land
Basel-Stadt prosperiert: Neue Arbeitsplätze sollen geschaffen werden und mit ihnen auch neuer Wohnraum. Erfolg liegt in der Luft. Nicht so in Baselland: Hier kommt man politisch nicht vom Fleck. Regierung und Parlament mussten an der Urne einige Niederlagen hinnehmen, und die Partnerschaft mit dem Stadtkanton schlittert von einer Krise in die nächste.
Basel-Stadt
Basel wächst und wächst und wächst. 220 000 Einwohner sollen 2035 im Kanton Basel-Stadt leben – 20 000 mehr als heute. Und in der Stadt soll es bis dahin genau gleich viele Arbeitsplätze geben, also 30 000 mehr als heute. Mit einer Richtplanrevision will die Basler Regierung Raum schaffen für das künftige Wachstum des Stadtkantons mit seiner dynamischen Wirtschaft.
Im Stadtkanton mit seinen 37 Quadratkilometern sind kaum noch freie Flächen zu finden. Dennoch sei Basel alles andere als fertig gebaut, erklärt Bau- und Verkehrsdirektor Hans-Peter Wessels. Mit einer «ausgewogenen Gesamtstrategie» will der Regierungsrat innerhalb des bestehenden Siedlungsgebiets die Attraktivität und Lebensqualität steigern. Aus ökologischen Gründen soll der Richtplan sowohl neue Arbeitsplätze als auch zusätzlichen Wohnraum ermöglichen. So soll das Wachstum der Pendlerströme gebremst werden.
Das grösste Potenzial für die künftige Entwicklung Basels bieten sogenannte Transformationsareale, die bisher ausschliesslich zum Arbeiten genutzt wurden. Für die Umwandlung dieser Flächen wie Rosental, Wolf, äusseres St. Johann, Volta Nord, Klybeck oder Felix Platter sind die Arbeiten bereits im Gang. Vor allem die Entwicklung im Klybeck, auf dem ehemaligen Areal von Novartis und BASF, ist mit hohen Erwartungen verbunden.
Rund 30 Hektar misst das Gelände im Norden. Das Gebiet soll sich zu einem dichten Stadtteil in Zentrumsnähe entwickeln. In rund 20 Jahren soll hier gewohnt und gearbeitet werden. 16 Hektar geben die SBB auf dem Wolf-Areal beim Güterbahnhof frei. Auch hier entsteht ein eigenes kleines Quartier, das Wohnen und Arbeiten ermöglicht. Das nördliche Pendant Volta Nord umspannt 11,6 Hektar Land und wird ebenfalls Wohnen und Gewerbe vereinen. Gewerbetreibende befürchten allerdings eine Verdrängung durch Wohnraum. Wie der Kanton beteuert, sollen aber mindestens die bestehenden Flächen erhalten bleiben. 2700 zusätzliche Arbeitsplätze und Wohnungen für bis zu 2000 Personen sind in der neuen Überbauung vorgesehen. Auch diese Entwicklung braucht noch Jahre. Die grünen Stadtränder, etwa am Rhein entlang oder auf dem Bruderholz, sollen dagegen nicht mehr angetastet werden. Entsprechende Pläne wurden mit der verlorenen Volksabstimmung über die Stadtranderweiterungen Ost und Süd im Jahr 2014 zu den Akten gelegt.
Baselland
Eine glücklose Regierung, ein zerstrittenes Parlament, eine angespannte Finanzlage und eine zerrüttete Beziehung zum Partnerkanton Basel-Stadt: Die Liste der Baustellen im Baselbiet ist schier endlos. «Willkommen im
Baselbiet: Nichts geht mehr», titelte das Nachrichtenportal «Onlinereports» Anfang Oktober. Das Baselbieter Stimmvolk hatte soeben eine neue Tramverbindung aus dem Leimental über den Basler Bahnhof SBB wuchtig abgelehnt. Von den Kosten von 21 Millionen Franken sollte Baselland 7 Millionen zahlen. Für ein Verkehrsprojekt ist das nicht viel. Den Rest hätten der Kanton Basel-Stadt und der Bund ohne Murren übernommen. Manch einer rieb sich nach dieser Abstimmung die Augen. Nicht nur hatte sich die Bevölkerung gegen den Regierungsrat und die grosse Mehrheit des Kantonsparlaments – des Landrats – gestellt. Sondern fast alle der 86 Gemeinden bodigten das Tramprojekt. Und das Verblüffendste: Alle Gemeinden des Leimentals sagten Nein, obwohl das 365 Meter lange Gleis an der Stadtgrenze die Reisezeit von Tausenden Pendlern aus der Agglomeration um rund fünf Minuten verkürzt hätte.
Der Volksentscheid löste eine neuerliche Krise in der Partnerschaft mit dem Kanton Basel-Stadt aus. «Einmal mehr haben die Baselbieter einem wichtigen partnerschaftlichen Projekt in letzter Minute eine Absage erteilt», wurde im Stadtkanton kritisiert. Der Zürcher «Tages-Anzeiger» sah die Stimmung zwischen den beiden Basel an einem Tiefpunkt angelangt. «Sie streiten über Tramlinien, Spitäler, Kulturgelder, sie streiten über die Universität und den Flughafen. Sie streiten über alles.» Die Schuld trage nach der Ansicht vieler der Landkanton, der sich nach jahrelanger Finanzmisere in einer Identitätskrise befindet, die sich immer deutlicher im Verhältnis zur Stadt
ausdrückt. Dabei hatte die Baselbieter Regierung nach der gescheiterten Fusion der beiden Halbkantone vor drei Jahren eine «vertiefte Partnerschaft» mit Basel-Stadt angekündigt. Vertieft haben sich aber seither vor allem die Gräben zwischen den beiden Basel.