Ausstellungstipp: Die Saisonniers, gekommen um zu arbeiten, statt um zu bleiben
Das Neue Museum in Biel hat seine aktuelle Sonderausstellung den Saisonniers gewidmet, von denen viele in der Baubranche tätig waren. Die Schau blickt zurück, und zeigt, dass es noch heute ähnliche Situationen gibt – auch wenn der Saisonnierstatus seit 2002 Geschichte ist.
Quelle: Privates Archiv / Neues Museum Biel
Wer lediglich eine Aufenthalstbewilligung A hatte, hatte eine knapp bemessene Freizeit.
Sie haben Strassen, Tunnels und Brücken gebaut, Häuser errichtet, in der Restaurantküche Gemüse geputzt, im Hotel Gäste bedient und in der Landwirtschaft mit angepackt: Saisonniers oder Gastarbeiter.
Wer als Saisonnier arbeitete, hatte eine Aufenthaltsbewilligung A, mit der man sich maximal neun Monate pro Jahr in der Schweiz aufhalten durfte. War sie abgelaufen, musste man das Land verlassen. Und um eine neue zu beantragen, brauchte es einen Arbeitsvertrag. Saisonniers war es zu dem verboten, den Arbeitgeber zu wechseln, ein Familiennachzug war auch nicht möglich. Zudem hinderte sie ihr Aufenthaltsstatus auch daran, einen Mietvertrag abzuschliessen. Die Folge: Gastarbeiter wohnten auf dem Bau in Baracken oder nächtigten gar direkt auf der Baustelle, in unfertigen Häusern.
Eingeführt worden war der Saisonnierstatus 1934, um die Zuwanderung zu regulieren. Diskussionen um die Arbeitskräfte aus dem Ausland wurden aber erst in der Nachkriegszeit laut: Während sich der Bund im Namen der Wirtschaft vor allem für einen liberalen Umgang mit den Gastarbeitern stark machte, wurde die Situation für die Gewerkschaften schwierig. Einerseits wollten sie die lokalen Arbeitskräfte vor Lohndumping schützen, andererseits sollten Werte wie Solidarität und Inernationalismus innerhalb der Arbeiterschaft hochgehalten werden. So sahen denn auch die einen die massenhafte Zuwanderung aus dem Ausland skeptisch, andere forderten bessere Arbeitsbedingungen für alle, wie Gewerkschaften der Baubranche.
Wohnungsnote und Schwarzenbach-Initiative
Quelle: Privates Archiv / Neues Museum Biel
Saisonniers hatten oftmals prekäre Wohnverhältnisse.
Die Wohnungsnot der 60er-Jahre – ausgelöst durch die Abwanderung in die Städte, zunehmend kleinere Haushalte und nicht zuletzt durch den Zuzug von Arbeitnehmern von der anderen Seite der Grenze – sorgte für weitere Spannungen. In der Folge gab es verschiedene Initiativen, um die Zuwanderung einzudämmen; die erste war die Überfremdungs-Initiative, lancierte hatte sie James Schwarzenbach von der Nationalen Aktion. Als 1970 über sie abgestimmt wurde, scheiterte sie aber an einem Nein-Stimmenanteil von 54 Prozent Dennoch, allzu lange ist nicht her, dass der Saisonnierstatus Geschichte geworden ist. Abgeschafft wurde er erst 2002, mit dem Inkrafttreten des bilateralen Abkommens zwischen der Schweiz und der EU.
Allerdings blickt die aktuelle Ausstellung im
Neuen Museum Biel nicht nur auf die rund 70 Jahre Saisonnier-Geschichte
zurück, und lässt die einzelne Schicksale mit der «Halle der
Erinnerungen» wieder lebendig werden. Sie wirft auch einen Blick auf die
Arbeitswelt von heute: Schweizweit lebten Schätzungen zwischen 50’000
und 300'000 Menschen ohne Niederlassungbewilligung in der Schweiz,
heisst es in den Unterlagen zur Ausstellung heisst. Und von diesen
wiederum dürften viele illegal im Arbeitsmarkt beschäftigt sein. (mgt/mai)
Die Ausstellung im Neuen Museum Biel dauert noch bis 25. Juni. Weitere Informationen auf www.nmbienne.ch