Ausstellungstipp: Brutalistische Bauten im Bellpark
Monströse Betonschröppen für die einen, spannende Architektur für die anderen: Am Brutalismus scheiden sich die Geister. Das Museum im Bellpark in Kriens hat dem polarisierenden Architekturstil eine spannende Ausstellung gewidmet.
Ob das Gebilde aus Kuben und Quadern am Ufer der Themse im Herzen Londons schön ist – darüber lässt sich streiten. Fest steht aber, dass das National Theatre aus der Feder von Denys Lasdun ein prägnantes Beispiel für den Brutalismus darstellt. Und deswegen wird es wohl auch regelmässig auf einschlägigen Websites in den Top Ten der hässlichsten Gebäude Englands gelistet. Prince Charles bezeichnete den verschachtelten Sichtbetonkomplex als schlaue Methode, wie man mitten in der Stadt ein Atomkraftwerk errichtet, ohne dass jemand etwas merkt.
Simon Phipps sieht es anders. Den ausgebildeten Bildhauer fasziniert brutalistische Architektur, er verdankt ihr seine Fotografenkarriere: «Weshalb hätte ich selber Skultpuren machen sollen, wenn sie doch in Form dieser Bauten bereits bestanden haben.» Und so hat Phipps in den letzten zwanzig Jahren ein Bildarchiv zum Brutalismus in England geschaffen. Es umfasst rund 700 Objekte, von denen manche bereits abgerissen worden sind. Ihre Bandbreite ist gross, sie reicht von Kleinstbauten über Universitäten, Museen und Kirchen bis hin zu Planstädten.
Zurzeit gewährt das Museum im Bellpark in Kriens mit der Ausstellung «Finding Brutalism» einen Einblick in seine Sammlung. Die Aufnahmen sind von spröder Schönheit und machen auf die Qualitäten aufmerksam, die dem noch immer oft polarisierenden Architekturstil innewohnen. Ergänzt wird die Schau von Vorträgen an der Hochschule Luzern, die neben brutalistische Bauten in England (19. Oktober) auch den Brutalismus im mazedonischen Skopje (28. September) und in Afrika (2. November) thematisieren.
Dass «Finding Brutalism» den Nerv der Zeit triftt, zeigt auch Phipps Instagram-Account (www.instagram.com/new_brutalism). Mehr als 25000 User haben seine Schwarzweissbilder abonniert. Derweil sammelt die unter anderem vom deutschen Architekturmuseum initiierte Online-Kampagne www.sosbrutalism.org Bilder von brutalistischen Bauten auf der ganzen Welt und kategorisiert sie nach ihrer Gefährdung: Von 1091 Objekten droht 120 der Abriss. Ebenfalls Teil der Aktion ist eine Brutalismus-Ausstellung im Deutschen Architekturmuseum (8. November bis 2.April 2018). (mai)
Finding Brutalism bis 5. November
Museum im Bellpark, Kriens
Öffnungszeiten: Mittwoch bis Samstag 14 bis 17 Uhr; Sonntag 11 bis 17 Uhr
Weitere Infos: bellpark.ch
Quelle: Simon Phipps / Museum im Bellpark
Am National Theatre in London scheiden sich die Geister: für die eine hässliche Ansammlung von Betonklötzen, für andere eine Architekturikon. (Simon Phipps / Museum im Bellpark)