08:39 BAUBRANCHE

Ausblick 2025: «Europas Schwäche hemmt Industriesegment in der Schweiz»

Geschrieben von: Fredy Hasenmaile
Teaserbild-Quelle: zvg

Die Industrie stagniert zwar weltweit, doch kann sie sich hierzulande knapp behaupten. Höhere Reallöhne und tiefe Inflationsraten dürften über den Konsum das inlandorientierte Gewerbe stimulieren, die Entwicklung des Leitzinses die Bautätigkeit stützen. Sowohl bremsende als auch beschleunigende Faktoren bestimmen das Segment. Risiken einer wirtschaftlichen Abwärtsspirale bleiben bestehen.

Jahresausblick 2025

Quelle: zvg

Fredy Hasenmaile ist Chefökonom der Raiffeisen Gruppe.

Die Baukonjunktur im Industrie- und Gewerbebau steht im Jahr 2025 vor komplexen Herausforderungen. Dieses Segment der Bauwirtschaft ist traditionell eng mit der wirtschaftlichen Gesamtentwicklung verbunden und unterliegt starken konjunkturellen Schwankungen. Aufschluss über die mögliche Entwicklung geben daher, ausgehend von der über-geordneten globalen Wirtschaftsentwicklung, die Konjunkturentwicklung in der Schweiz sowie die unterschiedlichen konjunkturellen Verläufe in den einzelnen Branchen.

Einzelne Impulse dank leichtem Wachstumsplus

Das globale Wirtschaftswachstum dürfte 2025 ähnlich schwach ausfallen wie in den vergangenen zwei Jahren. Die Weltwirtschaft wird dabei gleich von zwei auseinanderlaufenden Entwicklungen geprägt. Zum einen kommt die globale Industrie nicht aus der Stagnation heraus, während der Dienstleistungssektor weiter zulegt. Eine ähnliche Zweiteilung lässt sich auch in der Schweiz beobachten. Der Industriesektor bleibt die Achillesferse der Konjunktur, die sich insgesamt auf einem langsamen Erholungspfad befindet und nächstes Jahr ein geringfügig höheres BIP-Wachstum von rund 1,3 Prozent erzielen dürfte.

Höhere Reallohnzuwächse aufgrund sehr tiefer Inflationswerte sowie ein anhaltend hohes Beschäftigungswachstum dürften im kommenden Jahr für Rückenwind beim Konsum und der inländischen Nachfrage sorgen. Davon wird auch das inlandorientierte Gewerbe profitieren. Zusammen mit der Erwartung, dass sich die Leitzinsen in der Schweiz im nächsten Jahr dem Nullzinsniveau nähern werden und sich damit die Finanzierungsbedingungen für Bauvorhaben aller Arten weiter verbessern dürften, kann hier mit gewissen Impulsen gerechnet werden.

Licht und Schatten in der Industrie

In vielen exportorientierten Branchen sind die europäischen Nachbarländer der mit Abstand wichtigste Absatzmarkt, doch in der Eurozone fällt die Industrienachfrage seit geraumer Zeit besonders schwach aus. Dies gilt allen voran für den wichtigsten Handelspartner Deutschland. Wenig verwunderlich fällt die Lagebeurteilung in den einzelnen Industriebranchen genauso wie die Exportentwicklung grundsätzlich umso negativer aus, je höher der Anteil Deutschlands am Gesamtexportvolumen jeweils ist (siehe Grafik). Der Gegenwind für die Schweizer Hersteller fällt wegen der erwarteten Aufwertung des Frankens gegenüber dem Euro nochmals stärker aus. Im verarbeitenden Gewerbe sind aufgrund der anhaltenden Nachfrageflaute die Kapazitäten zunehmend weniger gut ausgelastet, wodurch die Margen stärker unter Druck geraten. Bislang deutet sich keine Erholung der Auftragslage an. Damit bleiben die Investitionspläne in der Industrie für das nächste Jahr verhalten oder gar rückläufig.

Jahresausblick 2025

Quelle: BAZG, Raiffeisen Economic Research

Die Entwicklung in den einzelnen Industriebranchen und der Exporte fällt grundsätzlich umso negativer aus, desto höher der Anteil Deutschlands am Gesamtexportvolumen jeweils ist.

Eine Ausnahme bildet der gewichtige, wenig konjunktursensitive Chemie- und Pharmasektor. Dieser boomt und investiert entsprechend auch kräftig weiter in Produktionsstätten. Unternehmen wie Lonza, Bachem, Ypsomed – um nur einige zu nennen – setzen mit ihren Bauvorhaben einen wohltuenden Kontrapunkt zum sehr verhaltenen Investitionsappetit des Industriesektors insgesamt.

Strukturelle Trends geben Rückenwind

Unterstützung erhält der Bausektor nächstes Jahr aber auch von strukturellen Trends, wie beispielweise die Nachhaltigkeit oder den Trend zur Automatisierung. Die Notwendigkeit, den CO2-Ausstoss zu reduzieren und Gebäude nachhaltiger zu machen, hat in den letzten Jahren eine erhebliche Dynamik entwickelt. Kaum ein Unternehmen, das nicht in irgendeiner Form darauf zu reagieren versucht. Und sei es nur, dass auf dem Dach des Produktionsgebäudes eine Photovoltaikanlage installiert wird oder die Produktionshallen neu mit Geothermie-Anlagen ausgestatten werden, um den Verbrauch von fossilen Energieträgern zu vermindern. Insgesamt dürften 2025 im Segment Industrie- und Gewerbebau die bremsenden und die beschleunigenden Faktoren sich in etwa die Waage halten.

Industrieflaute und Zollstreit als Risiken

Auf der Risikoseite orten wir die Möglichkeit einer Abwärtsspirale der europäischen Industrie sowie das Anzetteln eines Handelskriegs der Administration Trump. Vor allem die US-Zollpolitik scheint gegenwärtig einer der grössten Unsicherheitsfaktoren zu sein. Und diese Unsicherheit über die US-Handelspolitik dürfte die Investitionszurückhaltung zusätzlich erhöhen in einem Moment, wo die weiter sinkenden Zinsen eigentlich für zusätzliche Impulse in der Bauwirtschaft sorgen könnten.

Experten blicken voraus

Die Baubranche dürfte auf absehbare Zeit mit einer guten Auftragslage rechnen, bedingt durch positive Erwartungen der Investoren. Doch makroöko-nomisch bestehen weltweit einige Unwägbarkeiten. Drei Experten widmen sich mit ihren Analysen mehreren Segmenten und nehmen relevante Hintergründe ins Blickfeld.

Weitere Einschätzungen: 

Dr. Fabian Waltert, Ökonom im UBS Chief Investment Office GWM
Ausblick 2025: Erholung mit Risiken bei der Wohnbautätigkeit

Robert Kuert, Real Estate Research Analyst Switzerland bei Swiss Life Asset Managers
Ausblick 2025: Strukturwandel lenkt Investitionen in die Zentren

Jahresausblick 2025

Quelle: Stefan Schmid

Die Schweizer Baukonjunktur dürfte vom prognostizierten moderaten Aufschwung profitieren. Dafür spricht auch die höhere Dynamik beim Wohnbau. Beim Bürobau bildet sich ein Trend heraus.

Geschrieben von

Chefökonom Raiffeisen Schweiz.

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